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Rächende Geister

Rächende Geister

Titel: Rächende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nein!«, wehrte Renisenb ab. »Kait hätte niemals versucht, Sobek zu töten! Das ist unmöglich.«
    »Nichts ist unmöglich«, versetzte Esa. »Das habe ich im Laufe meines Lebens wenigstens gelernt. Kait ist dumm, und dummen Frauen habe ich stets misstraut. Sie sehen nur ihre eigene begrenzte Umgebung und nur ein Ding auf einmal. Kait lebt in einer kleinen Welt, die nur sie selbst und ihre Kinder und Sobek als den Vater ihrer Kinder einschließt. Sie hätte gut denken können, dass es ihren Kindern zugute kommt, wenn Yahmose aus dem Weg geräumt wäre. Sobek hat nie die Zufriedenheit seines Vaters erregt; Yahmose war der Sohn, auf den Imhotep sich stützte. Wenn aber Yahmose nicht mehr am Leben war, dann hätte Imhotep sich auf Sobek stützen müssen. So hätte sie die Sache wohl ansehen können.«
    Renisenb schauderte. Wider Willen musste sie zugeben, dass ihre Großmutter Kait richtig schilderte. Alle Liebesfähigkeit, über die Kait verfügte, richtete sich auf ihre Kinder. Die übrige Welt bedeutete ihr nichts.
    Bedachtsam wandte Renisenb ein: »Sie wäre sich doch sicher klar darüber gewesen, dass Sobek zurückkehren und ebenfalls von dem Wein trinken könnte?«
    »Nein, das glaube ich nicht«, sagte Esa. »Dazu ist Kait zu wenig weitsichtig, zu dumm. Sie hätte nur gesehen, was sie zu sehen wünschte – Yahmose, der von dem vergifteten Wein trank und starb, und die Erklärung, dass der Geist der bösen, schönen Nofret sich gerächt hat. Mit Möglichkeiten hätte Kait nicht gerechnet, und da sie Sobek keineswegs den Tod wünschte, kam es ihr überhaupt nicht in den Sinn, dass er zurückkehren könnte.«
    »Und jetzt ist Sobek tot, und Yahmose lebt! Wie schrecklich muss das für sie sein, wenn deine Annahme stimmt!«
    »Solche Dinge widerfahren einem, wenn man dumm ist«, erwiderte Esa. »Und nun kommen wir zu Kameni.«
    »Kameni?« Renisenb empfand die Notwendigkeit, den Namen ruhig und ohne Widerspruch zu wiederholen. Abermals bemerkte sie mit Unbehagen, dass Horis Augen auf ihr ruhten.
    »Ja, wir können Kameni nicht ausschließen. Uns ist kein Beweggrund bekannt, der ihn veranlasst haben könnte, uns Unglück zu bringen, aber was wissen wir überhaupt von ihm? Er stammt aus dem Norden, aus dem gleichen Gebiet wie Nofret. Er hat ihr geholfen – gern oder ungern, wer vermag es zu entscheiden? –, Imhoteps Herz gegen seine Kinder zu kehren. Ich habe ihn öfters beobachtet, und ich muss gestehen, dass ich aus ihm nicht klug werde. Er scheint mir im Ganzen ein durchaus gewöhnlicher junger Mann zu sein, der über eine gewisse Gescheitheit verfügt, und der, abgesehen von seiner Schönheit, jenes gewisse Etwas hat, das Frauen anzieht. Ja, die Weiber werden Kameni immer lieben, und doch glaube ich – mag sein, dass ich mich irre –, dass er nicht zu jenen gehört, die es darauf anlegen, Frauenherzen zu gewinnen. Er macht immer einen fröhlichen Eindruck, und er schien um Nofret nicht sehr zu trauern. Aber alle diese Dinge sind äußerlich. Wer weiß, was im Herzen eines Menschen vorgeht? Ein entschlossener Mann kann leicht eine Rolle spielen… Hat Kameni in Wirklichkeit leidenschaftlichen Anteil an Nofrets Tod genommen, und will er sich rächen? Da Satipy Nofret getötet hat, sollte deshalb ihr Gatte ebenfalls sterben? Und auch Sobek, der Nofret gedroht hat? Sind Kait und Ipy in Gefahr, weil sie ihr übel wollten? Es scheint phantastisch, aber wer kann es wissen?« Esa blickte Hori schlau an. »Vielleicht weißt du etwas, Hori?«
    Hori schwieg eine Weile, dann antwortete er: »Ich habe meine eigenen Gedanken, wer den Wein vergiftet hat und warum es geschehen ist, aber ganz klar bin ich mir noch nicht…« Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich könnte keine endgültige Anklage erheben.«
    »Wir sprechen ja nur über mögliche Verdächtigungen. Äußere dich also, Hori.«
    Wieder schüttelte er den Kopf.
    »Nein, Esa. Es ist ein nebelhafter Gedanke. Und wenn ich auf dem richtigen Weg wäre, dann würdest du es besser nicht erfahren. Das Wissen könnte gefährlich sein. Das gleiche gilt für Renisenb.«
    »Dann ist das Wissen aber auch für dich gefährlich, Hori?«
    »Ja, es ist gefährlich… Ich glaube, Esa, dass wir alle in Gefahr sind, Renisenb vielleicht am wenigsten.«
    Esa betrachtete ihn eine Zeit lang stumm. »Ich würde viel darum geben«, sagte sie dann, »wenn ich wüsste, mit was für Gedanken du dich trägst.«
    Hori sann eine Weile vor sich hin, ehe er zur Antwort gab: »Die Gedanken eines

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