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Rächende Geister

Rächende Geister

Titel: Rächende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ein Teil des Besitztums wäre zweifellos für Yahmoses Kinder bestimmt worden, aber die Leitung wäre vor allem auf Sobek übergegangen. Vermutlich hätte er während Imhoteps Abwesenheit als Ka-Priester fungiert, und nach Imhoteps Tod wäre er der rechtmäßige Nachfolger geworden. Obwohl Sobek der Nutznießer gewesen wäre, kann er nicht der Schuldige sein, da er selber von dem Wein getrunken hat und der Vergiftung zum Opfer gefallen ist. So wie die Dinge liegen, hätte nur eine Person Nutzen aus dem Tod der beiden Brüder gezogen, und diese Person ist Ipy.«
    »Das stimmt«, nickte Esa. »Aber betrachten wir einmal Ipy als Charakter. Er ist jung und ungeduldig, er hat viele schlechte Anlagen, er ist in dem Alter, wo ihm die Erfüllung seiner Wünsche als das Wichtigste im Leben erscheint. Er empfand Zorn und Grimm auf seine Brüder, weil sie ihn nach seiner Ansicht von der Teilhaberschaft ausgeschlossen hatten. Auch soll Kameni unkluge Dinge zu ihm gesagt haben…«
    »Kameni?«, unterbrach Renisenb sie. Kaum war der Name ihren Lippen entschlüpft, so errötete sie und schloss fest den Mund.
    Hori drehte den Kopf zu ihr herum. Der durchdringende Blick, mit dem er sie betrachtete, verletzte sie auf unerklärliche Weise.
    »Jawohl, Kameni«, bestätigte Esa und sah sie ebenfalls an. »Ob Henet ihn dazu veranlasst hat oder nicht, ist eine andere Frage. Die Tatsache bleibt, dass Ipy ehrgeizig und anmaßend ist und dass er sich, wie er selber zu mir sagte, für den fähigsten Kopf in der Familie hält.«
    »Das hat er gesagt?«, warf Hori ein.
    »Er war liebenswürdig genug, mir ein gleiches Maß an Klugheit einzuräumen.«
    Renisenb fragte ungläubig: »Glaubst du, dass Ipy seine Brüder mit voller Absicht vergiftet hat?«
    »Ich bedenke eine Möglichkeit, weiter nichts. Wir sprechen über einen Verdacht – einen Beweis haben wir noch nicht. Wenn Ipy es wirklich getan hat, so werden wir den Beweis für seine Schuld allerdings schwerlich finden, denn Ipy ist schlau. Wir wollen aber nun jedes Mitglied des Hauses im Lichte des Verdachts betrachten. Wie gesagt, die Diener schließe ich aus, weil ich überzeugt bin, dass sie eine solche Tat niemals gewagt hätten. Aber ich schließe Henet keineswegs aus.«
    »Henet?«, rief Renisenb. »Aber Henet ist uns allen treu ergeben. Sie beteuert es immer wieder.«
    »Eine Lüge lässt sich ebenso leicht wie die Wahrheit vorbringen. Ich kannte Henet schon, als sie in jungen Jahren mit deiner Mutter hierher kam. Sie war eine mittellose, unglückliche Verwandte deiner Mutter. Ihr Mann hatte sich nicht viel aus ihr gemacht – Henet war auch als junge Frau wenig reizvoll – und sich von ihr getrennt. Das einzige Kind, das sie zur Welt brachte, starb noch als Säugling. Sie betonte damals immer wieder, wie sehr sie an deiner Mutter hinge, aber ich habe gesehen, wie ihre Augen deiner Mutter folgten, und ich kann dir sagen, Renisenb, es war keine Liebe in dem Blick. Nein, bitterer Neid sprach daraus, und was Henets Beteuerungen betrifft, so misstraue ich ihnen gründlich.«
    »Und du selber, Renisenb«, fiel Hori ein, »fühlst du für Henet Zuneigung?«
    »N… nein«, antwortete Renisenb widerstrebend. »Ich habe mir oft Vorwürfe gemacht, weil ich sie nicht mag.«
    »Meinst du nicht, dass du instinktiv spürst, wie falsch ihre Worte sind, und dass du sie deshalb nicht magst? Beweist sie ihre angebliche Ergebenheit jemals durch einen wirklichen Dienst? Hat sie nicht immer nur Zwietracht zwischen uns gesät, indem sie Dinge weitererzählte, die verletzend wirkten?«
    »Ja, das stimmt«, gab Renisenb zu. »Aber mein Vater glaubt an sie und ist ihr zugetan.«
    »Mein Sohn war von jeher ein Dummkopf«, entgegnete Esa. »Alle Männer sind Schmeicheleien zugänglich, und Henet versteht sich aufs Schmeicheln. Vielleicht liebt sie ihn wirklich – manchmal möchte ich es fast annehmen –, doch gewiss liebt sie sonst niemanden in diesem Hause.«
    »Aber bestimmt würde sie keinen Mord begehen«, widersprach Renisenb. »Warum sollte sie einen von uns vergiften wollen? Was für einen Nutzen hätte sie davon?«
    »Nicht den Geringsten. Was das Warum betrifft, so habe ich keine Ahnung von den Gedanken, mit denen Henet sich trägt. Ich spüre nur, dass sich hinter ihrer kriecherischen Art seltsame Ideen und Gefühle verbergen. Und da dem so ist, würden wir ihre Beweggründe wohl kaum verstehen.«
    Hori nickte beifällig.
    »Dann ist da noch Kait«, fuhr Esa nach kurzer Pause fort.
    »Nein,

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