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Rächende Geister

Rächende Geister

Titel: Rächende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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vielen Amulette, die sie trug. »Amon schütze uns vor den bösen Geistern der Toten! Der Junge erzählte, dass er sie gesehen hat. Und deshalb kehrte sie zurück und gab ihm den Mohnsaft ein, um seine Augen für immer zu schließen! Oh, sie ist mächtig, diese Nofret! Keiner von uns ist mehr in diesem Haus sicher. Dein Vater sollte Amon eine ganze Herde Ochsen opfern – jetzt ist Sparsamkeit nicht angebracht. Imhotep trägt sich mit der Absicht, deine Mutter anzurufen; das hat Mersu ihm geraten. Hori ist schon damit beschäftigt, den Brief an die Tote abzufassen. Dein Vater wollte sich erst an Nofret wenden, aber der heilige Priester Mersu wies darauf hin, dass jetzt schärfere Maßnahmen notwendig sind. Deine Mutter, die eine vornehme Dame von edler Herkunft war, wird dafür sorgen, dass diese Frau ihre Kinder nicht zugrunde richtet.«
    Renisenb hatte den Plan gehabt, Hori aufzusuchen und ihn von dem Fund des Löwenhalsbandes in Kenntnis zu setzen. Doch wenn Hori mit den Priestern des Isistempels beschäftigt war, konnte sie nicht allein mit ihm sprechen.
    Einen Augenblick erwog sie den Gedanken, sich an ihren Vater zu wenden. Aber sie hatte ihren früheren kindlichen Glauben an Imhoteps Allmacht völlig verloren. Sie wusste jetzt, dass er nur Würde und Überlegenheit vortäuschte und in Augenblicken der Gefahr keine Stärke besaß. Wenn Yahmose nicht krank gewesen wäre, hätte sie mit ihm reden können… doch vermutlich hätte er darauf bestanden, die Sache Imhotep zu unterbreiten. Imhotep durfte auf keinen Fall etwas davon erfahren, das fühlte Renisenb mit immer größerer Gewissheit. Er hätte es sofort allen verkündet, und Renisenb war überzeugt, dass die Sache geheimbleiben musste – warum, das wusste sie selber nicht zu sagen.
    Nein, sie brauchte Horis Rat. Hori würde wie immer wissen, was zu tun war. Wenn er ihr das Halsband abnahm, so nahm er ihr auch Angst und Sorgen ab.
    Kait kam keinesfalls in Frage. Kait hörte nie richtig zu, und so liebevoll sie war, sie war dumm.
    Renisenb dachte: Dann ist da noch Kameni… und meine Großmutter.
    Der Gedanke, sich Kameni anzuvertrauen, hatte etwas Angenehmes. Sie sah sein Antlitz vor sich, wie es von Munterkeit zu Anteilnahme wechselte… aber ob die Anteilnahme nur ihr gelten würde?
    Sie wurde den Verdacht nicht los, dass Nofret und Kameni durch eine nähere Freundschaft mehr verbunden gewesen waren, als es den Anschein gehabt hatte. Denn hatte Kameni Nofret nicht geholfen, Imhotep seiner Familie zu entfremden? Er hatte sich damit verteidigt, es sei ihm keine andere Wahl geblieben – doch ob das stimmte? So etwas sagte sich leicht. Alles, was Kameni äußerte, klang selbstverständlich und richtig. Sein Lachen war so fröhlich, dass es ansteckend wirkte. Und sein Blick… Renisenb brach verwirrt ab. Kamenis Augen waren nicht freundlich und beruhigend wie Horis Augen. Sie forderten heraus.
    Renisenb beschloss, zu Esa zu gehen. Esa war klug und verfügte über einen praktischen Sinn.
    Sowie Renisenb das Halsband erwähnte, blickte Esa schnell ringsum, legte den Finger auf die Lippen und streckte die andere Hand aus. Renisenb holte das Halsband hervor und legte es in die Hand der Alten. Esa betrachtete es und verstaute es dann in ihrem Gewand.
    Gebieterisch sagte sie leise: »Jetzt nichts mehr davon. In diesem Hause lauschen hundert Ohren. Ich habe heute Nacht wachgelegen und nachgedacht. Es gibt viel zu tun.«
    »Mein Vater und Hori bereiten im Isistempel eine Bittschrift an meine Mutter vor, in der sie ihre Hilfe anrufen.«
    »Ich weiß. Lass deinen Vater sich mit den Geistern der Toten befassen. Meine Gedanken kreisen um die Dinge dieser Welt. Wenn Hori zurückkommt, bring ihn zu mir.«
    »Hori weiß, was getan werden muss«, sagte Renisenb zuversichtlich.
    »Wo ist eigentlich Ipy?«, fragte Esa unvermittelt.
    »Er überwacht das Einordnen der Kornvorräte. Mein Vater hat ihm dieses Amt anvertraut.«
    Esa lächelte.
    »Das wird dem jungen Gänserich gut tun. Er bläht sich sicher voller Wichtigkeit. Wenn er zum Essen hereinkommt, schick ihn zu mir.«
    »Ja, Esa.«
    »Und sonst, Renisenb, Schweigen…«
     
    »Du wolltest mich sprechen, Großmutter?«
    Ipy lächelte herausfordernd, er hielt den Kopf etwas schräg, und zwischen seinen weißen Zähnen steckte eine Blume. Er sah sehr selbstzufrieden aus.
    »Falls du mir deine kostbare Zeit opfern kannst«, sagte Esa, die Augen zusammenkneifend.
    Ihr spöttischer Ton machte Ipy keinen Eindruck.
    »Es ist

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