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Rächende Geister

Rächende Geister

Titel: Rächende Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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an.«
    »Du hast doch nicht etwa Angst? Es gehen hier sonderbare Dinge vor sich.«
    »Du kannst mich nicht erschrecken, du alte Katze.«
    Er eilte an ihr vorbei.
    Henet ging langsam ins Haus. Ein Stöhnen Yahmoses erregte ihre Aufmerksamkeit. Er hatte sich von seinem Lager erhoben und machte Gehversuche. Aber seine Beine schienen fast sogleich den Dienst zu versagen, und wäre Henet nicht flink hinzugesprungen, so wäre er gefallen.
    »Leg dich wieder hin, Yahmose«, sagte sie beschwichtigend.
    »Wie stark du bist, Henet. Das sieht man dir gar nicht an.« Er legte das Haupt auf die hölzerne Kopfstütze. »Hab Dank. Was ist nur mit mir? Woher kommt dieses Gefühl, als ob meine Muskeln zu Brei geworden wären?«
    »Das Haus ist eben verzaubert. Es ist das Werk einer Teufelin, die aus dem Norden zu uns kam. Nie ist Gutes aus dem Norden gekommen.«
    Yahmose murmelte verzagt: »Ich muss sterben. Ja, ich muss sterben…«
    »Andere werden vor dir sterben«, prophezeite Henet grimmig.
    »Wie meinst du das?« Yahmose stützte sich auf einen Ellenbogen und starrte sie an.
    »Ich weiß, was ich sage.« Henet nickte mehrmals. »Du wirst nicht als nächster sterben. Warte nur ab, du wirst’s sehen.«
     
    »Warum meidest du mich, Renisenb?«
    Kameni stellte sich Renisenb in den Weg. Sie errötete und fand keine passende Antwort. Es stimmte, sie hatte sich absichtlich abgewandt, als sie Kameni kommen sah.
    »Warum, Renisenb? Sag mir den Grund!«
    Aber sie konnte nur stumm den Kopf schütteln.
    Dann schaute sie zu ihm auf. Sie hegte die geheime Angst, dass auch Kamenis Antlitz verändert sein könnte. Mit merkwürdiger Freude nahm sie wahr, dass es unverändert war. Seine Augen betrachteten sie ernst, und ausnahmsweise spielte kein Lächeln um seine Lippen.
    Vor seinem Blick senkte sie die Lider. Kameni verwirrte sie immer. Seine Nähe spürte sie körperlich. Ihr Herz schlug etwas schneller.
    »Ich weiß, warum du mir aus dem Weg gehst, Renisenb.«
    Sie fand ihre Stimme wieder: »Ich… ich bin dir nicht aus dem Weg gegangen. Ich sah dich nicht kommen.«
    »Das ist gelogen.« An seiner Stimmer erkannte sie, dass er jetzt lächelte. »Renisenb, schöne Renisenb.«
    Sie fühlte seine warme, kräftige Hand an ihrem Arm, und sogleich machte sie sich frei.
    »Rühr mich nicht an!«
    »Warum wehrst du dich gegen mich, Renisenb? Du weißt recht gut, wie es um uns beide steht. Es ist widernatürlich, dass du, so jung und stark und schön, dein ganzes Leben um einen toten Gatten trauerst. Ich will dich von hier fortbringen. Dieses Haus ist von bösen Geistern erfüllt. Du sollst mit mir kommen und in Sicherheit sein.«
    »Und wenn ich nicht mitkommen will?«, entgegnete sie lebhaft.
    Kameni lachte. Seine kräftigen Zähne blitzten.
    »Du willst ja mitkommen, nur magst du es nicht zugeben! Das Leben ist schön, Renisenb, wenn Mann und Frau beisammen sind. Ich werde dich glücklich machen. Ich glaube, dass du hier nicht sicher bist; deshalb will ich dich fortführen. Ich bin ein guter Schreiber, und ich kann in das Haus eines Vornehmen eintreten, obwohl ich, offen gestanden, das Landleben hier vorziehe. Teti nehmen wir mit. Sie ist ein schönes, gesundes Kind, und ich werde ihr ein guter Vater sein. Sprich, Renisenb!«
    Renisenb stand stumm. Ihr Herz klopfte heftig, und sie empfand ein sehnsüchtiges Verlangen. Doch gleichzeitig lehnte sich etwas in ihr auf.
    Wenn er mich berührt, werde ich schwach, dachte sie. Aber von seinen Gedanken, von seinem Herzen weiß ich nichts. Was wünsche ich mir? Ich ahne es nicht, doch dies nicht, nein, dies nicht…
    Ihren eigenen Ohren klangen die Worte matt und unbestimmt, als sie sich sagen hörte: »Ich will keinen zweiten Gatten. Ich will allein sein.«
    »Nein, Renisenb, du irrst dich. Für das Alleinsein bist du nicht geschaffen. Das sagt deine Hand, wenn sie in der meinen zittert.«
    Mühsam zog sie ihre Hand zurück.
    »Ich liebe dich nicht, Kameni. Ich glaube, ich hasse dich.«
    Er lächelte.
    »Es ist mir gleich, dass du mich hasst. Dein Hass ist der Liebe sehr nahe. Wir werden noch einmal darüber sprechen.«
    Mit der Eleganz einer Gazelle schritt er von dannen.
    Langsam begab Renisenb sich zu der Stelle am See, wo Kait mit den Kindern spielte.
    Die beiden Frauen wechselten einige belanglose Worte.
    Ganz plötzlich fragte dann Renisenb: »Soll ich einen zweiten Gatten nehmen? Was würdest du dazu sagen, Kait?«
    Ohne sonderliche Anteilnahme erwiderte Kait gelassen: »Das wäre vielleicht ganz

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