Rächer des Herzens (German Edition)
draußen.“
„Marcus …“ Isabella stand mit Mühe auf, denn sie war steif vom Knien auf dem Fußboden, und ihre Röcke behinderten sie noch dazu. Sie konnte jetzt nur noch daran denken, wie sie seinen leeren Gesichtsausdruck zum Verschwinden bringen und seinen Schmerz lindern könnte. Rasch streckte sie die Hand nach ihm aus, doch es war zu spät. Er hatte sich schon abgewandt, und die Tür fiel mit einem leisen Klick ins Schloss. Isabella wollte ihm nachlaufen, konnte sich aber gar nicht rühren.
India liebte einen anderen Mann … Sie gab ihr Kind weg …
Marcus saß eine sehr lange Zeit am Meer. Seine Augen folgten den Bewegungen der weißen Segel am Horizont, sein Geist hingegen nahm kaum etwas davon wahr. Auch die Blicke neugieriger Spaziergänger bemerkte er nicht.
Erst nach einer ganzen Weile spürte er den kalten Wind, der vom Meer herüberwehte. Er stand auf, ganz verkrampft vom langen Sitzen, ging die Uferpromenade entlang und nahm schließlich die Treppe hinauf nach Salterton Hall. Im Vorbeigehen sah er, wie Freddie Standish aus der Hafenschenke kam und im Eingang einige Worte mit jemandem wechselte. Doch da er jetzt nicht mit Standish sprechen wollte, ging er schneller weiter.
Das Haus war still.
Marcus fand Isabella im Wäscheraum. Als er hereinkam, sah sie auf und hielt mit dem Falten des Lakens inne. Dann legte sie das Wäschestück langsam nieder. Ihr Gesicht zeigte offen, dass sie in Sorge war. Marcus erkannte, dass sie versuchte, sich durch die körperliche Arbeit abzulenken, und wie tief betrübt sie bei dem Gedanken war, ihn möglicherweise verletzt zu haben. Das rührte sein Herz in einer Weise an, die den brennenden Schmerz der letzten Stunden etwas minderte.
„Ich habe mich tatsächlich immer gefragt“, sagte er unvermittelt, „ob India nicht vielleicht jemanden anders im Sinne hatte. Gott weiß, dass ich sie dafür nicht tadeln konnte, denn habe ich nicht genau dasselbe getan? Wir haben nie darüber gesprochen.“ Marcus lächelte wehmütig. „Wir haben es ja versucht, aber alles sprach gegen uns.“
Isabella kam auf ihn zu und legte eine Hand auf seine Brust. Eine Locke lugte unter der lächerlichen Spitzenhaube hervor, die sie bei der Arbeit trug, und fiel ihr über die Wange. Von der Wärme in dem Raum und der körperlichen Anstrengung war ihr Gesicht ganz rot geworden.
„Ihr wart füreinander da und habt versucht, glücklich zu sein“, sagte sie sanft. „Das ist, was zählt.“
Er nickte. „Bei allem, was geschehen ist, denke ich nicht weniger gut von ihr“, antwortete er und wandte das Gesicht ab. „Zuerst schon, das muss ich zugeben, aber jetzt nicht mehr.“
Isabella schwieg und beobachtete sein Gesicht.
„Es war ein Schock“, sagte er hastig und zog sie zu sich herab auf einen Stapel von angenehm duftendem Leinenbettzeug. „Ich dachte, ich kannte sie. Wie arrogant von mir, nicht wahr? Aber wir haben sechs Jahre zusammengelebt, und ich dachte …“ Er schüttelte den Kopf. „Es war ein Schock, als mir klar wurde, dass ich etwas Grundsätzliches falsch gemacht hatte und wie wenig ich India überhaupt kannte.“
„Es war nicht einfach, India richtig kennenzulernen“, sagte sie mit Wärme in der Stimme.
„Ich wünschte, sie hätte sich mir anvertrauen können“, meinte er traurig, „aber ich sehe jetzt, dass es ihr unmöglich gewesen wäre.“ Er zog Isabella unwillkürlich enger an seine Seite.
„Sie muss sehr einsam gewesen sein“, sagte sie sanft und traf damit seine Gedanken.
Er sah sie an. Ihr Kopf lehnte an seiner Schulter.
„Du weißt, was man dabei empfindet, nicht wahr, Liebes?“, sagte er einfühlsam.
Isabella seufzte. „Ich habe inzwischen entdeckt, dass India und ich mehr gemeinsam hatten, als ich mir je hätte vorstellen können.“
Marcus küsste sie. Die Erleichterung darüber, dass er sie gleichsam wiederentdeckt hatte und sie eng an sich gedrückt hielt, überwältigte ihn. Urplötzlich fühlte er gleichzeitig Dankbarkeit, Demut und große Freude in sich. Er nahm ihr die Haube vom Kopf und warf sie zur Seite; dann barg er sein Gesicht in ihrem Haar und drückte sie nach hinten, sodass sie auf einem Durcheinander von Wäschestücken lag. Beide sagten nichts, das beiderseitige Verlangen war zu groß für bloße Worte. Isabella riss seine Jacke und sein Hemd auf, um seine Brust zu liebkosen. Marcus küsste sie mit fieberhaftem Drängen, während er seine Hand unter ihre Röcke gleiten ließ.
„Marcus!“ Sie konnte ihren Mund
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