Raecher des Herzens
Graf angenommen und dann vielleicht eins und eins zusammengezählt. Doch so leicht wollte sich Celina nicht beschwichtigen lassen. »Das Feuer im Hotel kam demnach recht gelegen. Man konnte den Brand in deinem Studio so aussehen lassen, als wäre er durch die herumfliegende Glut entstanden.«
»Es kam mehr als gelegen.«
»Willst du damit etwa sagen ...?«
»Das Leben und der Besitz anderer Menschen sind Leuten wie dem Grafen nichts wert. Er wohnte in diesem Hotel. Ein paar Spritzer Lampenöl sind schon genug. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Feuer seinen Zwecken dient.«
»Und dann, im Schutze des Durcheinanders auf den Straßen, ein kurzer Abstecher zu deinem Studio?«
»Wenn ich nicht vorsichtshalber Olivier zurückgeschickt hätte, damit er Denys freilässt, hätte alles anders ausgehen können. Dein Bruder sollte sterben. Deshalb auch der Schlag auf den Kopf: Er sollte nicht flüchten können.«
Celina schluckte. Wenn Denys tatsächlich ohnmächtig gewesen war, hätte er ohne Rios beherztes Eingreifen niemals überlebt. »Willst du damit sagen, dass er nicht erst während seiner Rettung verletzt wurde, sondern schon vorher? Ich dachte ...«
»Er war bereits bewusstlos, das schwöre ich dir.«
»Wie kann jemand so skrupellos und niederträchtig sein? Wie kann man darauf hoffen, dass ein Mensch in einem Feuer zu Tode kommt?« Fröstelnd schlang Celina die Arme um sich.
Rio hob eine Augenbraue. »Willst du lieber weiterhin glauben, ich hätte ihn festgehalten, um dich in mein Bett zu zwingen?«
»Darauf warst du schließlich von Anfang an aus.«
»Du hast ja keine Ahnung, was ich wirklich will oder was ich ...« Rio brach ab und atmete tief durch. »Als ich eine Nacht mit dir als Belohnung verlangte, falls ich deinen Bruder zurückbringe, war ich wütend. Außerdem wollte ich wissen, ob du einwilligen würdest. Gegen deinen Willen hätte ich die Belohnung niemals eingefordert, dessen darfst du dir sicher sein.«
Gegen ihren Willen. Aber wahrscheinlich hätte sie es gewollt, das musste sich Celina zu ihrer Bestürzung eingestehen. »Wie soll ich dir nach allem, was geschehen ist, noch glauben? Fest steht doch nur, dass du meinen Bruder in deine Gewalt gebracht hast. Sonst läge er jetzt nicht hier.«
»Glaub, was du glauben musst. Ich habe Denys nichts zuleide getan, und ich würde auch dir nie etwas zuleide tun. Ich habe lediglich versucht, Schaden von dir und deiner Familie abzuwenden. Denn in gewisser Weise trage ich die Verantwortung an euren Schwierigkeiten.«
»Du trägst die Verantwortung? Es tut mir Leid, aber ich sehe den Zusammenhang nicht.«
Rio sah Celina lange in die Augen. Dann schien er zu einer Entscheidung zu gelangen. »Es ist besser für dich, wenn du manche Dinge nicht weißt.«
»Für dich, meinst du wohl«, entgegnete Celina ärgerlich.
»Nein, cherie. Die Mitgift einer toten Braut ist genauso schnell verprasst wie die einer lebenden. Vielleicht sogar noch schneller.«
Celina erschauerte. Eine tote Braut. »Versuchst du, mir Angst einzujagen?«
»Um deinetwillen und auch für Denys hoffe ich, dass mir das gelungen ist. Was er herausgefunden hat, könnte für euch beide gefährlich sein. Überleg dir gut, wessen Obhut du ihn in seinem derzeitigen Zustand anvertraust und wem du deine Zukunft in die Hände legst.«
»Aber bei dir soll ich eine Ausnahme machen und dir rückhaltlos vertrauen.« Celina hätte Rio am liebsten gesagt, dass sie vor wenigen Minuten den Ehevertrag unterzeichnet hatte. Doch sie unterdrückte diesen Impuls. Sie wollte sich nicht anhören, was er dagegen vorzubringen hatte.
»Vor allem um Denys’ willen solltest du Vertrauen zu mir haben. Was dich selbst betrifft, vielleicht eher nicht.« Rio nahm Celinas Hand und führte sie an seine Lippen. Seine Stimme war kaum mehr als ein flüsternder Atemzug auf ihrer Haut, einem sanften Streicheln gleich. »Für dich bin ich die größte Gefahr und eine verlorene Hoffnung. Ich bin dein Schutzschild, aber auch das Schwert, dessen Spitze auf dein Herz gerichtet ist. Das musst du wissen, bevor du mir vertraust. Doch ich mag zwar eine Gefahr für deine Seelenruhe sein, mag nach deinem schönen Körper lechzen. Andere aber werden dir alles nehmen, was dir lieb ist, und auch vor deinem Leben nicht Halt machen.«
Celina wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Wie versteinert stand sie da, als Rio sie losließ und sich von ihr abwandte. Er stützte sich mit der Hand
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