Raecher des Herzens
...«
»Dank deiner Mutter, dieser Hyäne, gehört dieses Haus nun dir. Das dürfte doch wohl reichen. Und jetzt verschwinde und komm so bald nicht wieder.«
Die junge Frau maß den Spanier mit einem langen Blick, dann verließ sie das Haus. Offenbar war sie froh, nicht bleiben zu müssen. Das konnte man ihr nicht verübeln.
»Scheinbar haben Sie vor, mich nach Mexiko zu verschleppen«, sagte Celina. »Das wird allerdings nicht möglich sein.«
»Ich wüsste nicht, warum es ein Problem darstellen sollte«, entgegnete der Graf. Dabei warf er einen Blick aus dem Fenster, wohl um sicherzugehen, dass die Quadroone seinen Auftrag ausführte. »Wir werden auf See heiraten und Ihren Vater von Tampico aus informieren, wohin er die Mitgift schicken soll. Den Erlös aus dem Verkauf Ihrer Wertsachen und Ihres sonstigen Besitzes können wir später noch abholen.«
»Sie glauben doch nicht im Ernst, dass sich mein Vater darauf einlässt?«
Der Graf warf Celina über die Schulter einen hämischen Blick zu. »Glauben Sie mir, er wird es tun. Und nach den Stunden, die wir beide heute noch gemein-sam verbringen, wird er auch noch dankbar dafür sein.«
Celina wandte sich ab. Nachdenklich kaute sie an ihrer Unterlippe. Vielleicht hatte der Graf sogar Recht. Sein Plan war längst nicht so abstrus, wie sie gern glauben wollte. Mit fremder Hilfe konnte sie im Augenblick nicht rechnen. Ihr musste selbst ein Ausweg einfallen.
Celinas Blick fiel auf eine Tasse, die auf einem Tischchen am Kamin stand. Sie stand auf, legte Haube und Umhang ab und sagte steif: »Meine Zofe und ich sind heute Früh schon vor dem Frühstück aufgebrochen. Wäre es vielleicht möglich, einen Milchkaffee und ein Stück Brot zu bekommen?«
»Die Küche ist hinter dem Haus. Ihre Zofe kann für uns beide ein Frühstück zubereiten.«
»Es wäre auch angenehm, einen gewissen Ort aufsuchen zu können. Wie ich schon sagte, wir sind sehr früh aus dem Haus gegangen.«
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Aber ich werde Sie dabei im Auge behalten.«
Celina hatte auf eine Gelegenheit gehofft, einen Augenblick lang allein mit Suzette reden zu können. Aber offenbar wollte der Graf ihr diese Möglichkeit nicht geben. »Vielleicht ist es ja doch nicht so dringend, wie ich dachte.«
»Das hätte mich unter diesen Umständen auch gewundert«, sagte der Graf spöttisch.
Celina hätte ihn am liebsten geohrfeigt. Doch dann kam ihr ein Gedanke. Ihr Vater war wegen Denys zu Hause geblieben. Er konnte innerhalb weniger Minuten hier sein. Die Heirat würde er vielleicht nicht verbieten, aber seine Anwesenheit würde sicherlich weitere Zudringlichkeiten von Seiten des Grafen unterbinden.
Sie wandte dem Edelmann den Rücken zu, richtete den Blick auf Suzette und formte mit den Lippen die Worte: »Papa. Hol Papa.« Dann sagte sie laut: »Du hast sicher verstanden, was du zu tun hast.«
Suzette war nicht auf den Kopf gefallen. »Ja, Mam'zelle«, antwortete sie. »Einen Milchkaffee für dich und den Gentleman. Sicher muss ich erst frisches Wasser aufsetzen. Es wird also ein paar Minuten dauern.«
Damit eilte sie aus dem Zimmer. Die Hintertür, von der aus man zur Küche gelangte, fiel hinter ihr ins Schloss. Celina hoffte, dass der Graf wirklich glaubte, Suzette würde ihnen nun einen Kaffee brauen.
Sie musste verhindern, dass er sich Gedanken über die Abwesenheit der Zofe machte. Vielleicht half es, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. »Sie wollen also die Stadt verlassen. Ich glaube tatsächlich, Sie haben keine andere Wahl.«
»So, glauben Sie.«
Celina ließ sich durch diese barsche Antwort nicht entmutigen. »Ich habe gehört, wie Sie Monsieur Pasquales Herausforderung abgelehnt haben. Hier in der Stadt wird niemand mehr etwas mit Ihnen zu tun haben wollen. Auf der Straße werden sich die Damen abwenden, und in den Kaffeehäusern und Trinkhallen wird man Sie nicht mehr kennen. Sehr angenehm stelle ich mir das nicht vor.«
Der Graf antwortete mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Als ob es mir auf die Meinung dieser Leute ankäme.«
»Vielleicht ist die gehobenere Gesellschaft von Tampico ja weitläufig genug, gewisse charakterliche Mängel zu übersehen. Wir wollen es hoffen, sonst wird der Aufenthalt dort wahrscheinlich ähnlich abrupt enden wie hier. Sie müssen sich vorsehen, sonst gehen Ihnen bald die Länder aus, in denen Sie den noblen Edelmann spielen können.«
»Spielen?«
Offenbar war sie zu weit gegangen. »Zumindest wenn es stimmt, was der
Weitere Kostenlose Bücher