Raecher des Herzens
könnten Sie sich doch nun wunderbar an ihm rächen, indem Sie mich heiraten. Werden Sie meine Frau, und seine Absichten müssen Sie nicht mehr kümmern.«
»Das kann ich nicht.«
»Sie wollen sich also für ihn aufsparen? Das lasse ich nicht zu. Lieber heirate ich eine unreine Braut.«
»Von Versprechungen war nie die Rede«, setzte Celina mühsam dagegen.
Der Graf schürzte die Lippen. »Das hätte auch keinen Sinn gehabt. De Silva weiß, dass Ihr Vater Sie nie einem dahergelaufenen Fechtlehrer zur Frau geben würde. Aber Sie reizt offenbar das Verbotene.«
War es tatsächlich so? Träumte sie nur davon, als Rios Geliebte oder gar als seine Frau mit ihm leben zu können, weil das ganz und gar unmöglich war? Oder wollte sie an seiner Seite stehen, gemeinsam mit ihm die Unwägbarkeiten seines Berufsstandes ertragen, ihn lieben und achten und ihm Kinder schenken? Wie dem auch sein mochte - ein solcher Traum konnte niemals in Erfüllung gehen. Und doch musste sich Celina eingestehen, dass sie ihn insgeheim im Herzen getragen hatte. Vielleicht würde er bald alles sein, was ihr geblieben war.
»Wie töricht von Ihnen«, fuhr der Graf mit einem heiseren Lachen fort. Dabei machte er einen Schritt auf Celina zu. »Aber auch de Silva hat sich nie um Verbote geschert. Wird das Wissen, dass Sie nun mir gehören, ihn zugrunde richten? Möglich wäre es. Also lassen wir das Gerede und kommen wir endlich zum Wesentlichen.«
Celina wusste, dass der Graf sie für ihre Weigerung, ihn zu heiraten, bestrafen wollte. Aber noch schwerer wog, dass sie Rio den Vorzug gegeben hatte. Zumindest würde das dem ekelhaften Kerl als Vorwand dienen. Während sie vor ihm zurückwich, sagte sie: »Er wird Sie umbringen, das ist Ihnen doch klar.«
»Das halte ich für unwahrscheinlich. Zu einem Duell bin ich nicht bereit, und zu einem heimtückischen Mord ist er nicht fähig. Das ist eine Schwäche, die ich nicht teile.«
»Er wird Sie verfolgen, Sie aufspüren, wo immer Sie sich verstecken.«
»Um Ihretwillen? Sind Sie sich da ganz sicher?«
»Auch ohne mich hat er genügend Gründe dafür«, sagte Celina verächtlich. »Und Sie sollten Pasquale nicht vergessen. Auch der Italiener wird Ihnen stets auf den Fersen sein. Kein Mann ist so gewieft, dass er diesen beiden auf Dauer entwischen kann.«
Mit einem Fluch griff der Graf nach ihr. Celina warf sich herum, doch seine Finger krallten sich in ihre bauschigen Röcke. Sie riss sich los und spürte, wie dabei der Stoff an ihrer Taille riss. »Warum hassen Sie Rio so sehr?«, fragte sie atemlos, um den Grafen von seiner Absicht abzulenken. »Warum?«
»Ich hasse ihn erst, seit ich weiß, dass er mir zuvorgekommen ist. Vorher hasste ich nur den Vater, nicht den Sohn. Riordan stellte nur eine Bedrohung dar, derer ich mich entledigen musste.«
»Riordan?«
»Das ist der Mädchenname seiner englischen Mutter. Hat er Ihnen das etwa nicht gesagt?«
»Ich kenne nur den Namen Rio, aber Sie ...«
»Ich war bei seiner Taufe zugegen. Er wurde nach mir benannt, denn ich bin sein lieber Onkel und auch sein Taufpate. Aber seine Mutter, die englische Hexe, mochte mich nie und rief ihren Sohn bei einem Namen, der ihr besser gefiel.«
»Sie sind sein Onkel!«
»Eigentlich geht das niemanden etwas an. Aber Sie haben es verdient, dies zu erfahren, denn immerhin hat er Sie in unserer kleinen Familienfehde als Waffe benutzt.«
»Sein Vater war der Bruder, dessen Tod Sie Ihren Titel verdanken«, sagte Celina. Die vielen Teile des Mosaiks fügten sich langsam zu einem Bild. »Aber nein, das ergibt keinen Sinn. Sicher hätte ihn doch sein Sohn beerbt.«
»Leider war der junge Mann nicht auffindbar.«
»Dafür haben Sie gesorgt, nicht wahr? Sie haben seine Familie ausgelöscht und dann ...«
»Eigentlich sollte auch der junge Riordan sterben. Aber die gierigen Bastarde, die ich für diese Aufgabe angeheuert hatte, wollten zweimal kassieren. Sie verkauften ihn an einen arabischen Kapitän, dessen Schiff nach Algier segelte.«
»Doch er entkam und ist Ihnen seither auf den Fersen.«
»Das behauptet er. Aber kann er es auch beweisen? Die ganze Sache ist lange her. Mein Neffe war damals noch keine achtzehn Jahre alt, ein kräftiger Bursche zwar, aber das reicht sicher nicht aus, um dem Dey von Algier zu entkommen.«
»Sie haben seine Familie auf dem Gewissen. Die armen Leute sind bei lebendigem Leibe verbrannt.«
»Nein, nein. Sie waren schon tot.«
Aus dem Munde des Grafen hörte es sich an, als habe
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