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Raecher des Herzens

Titel: Raecher des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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winkte jemand Pepe zu. Ein Dandy mit Don-Quixote-Bart und einer aufwändig bestickten Weste erhob sich, verbeugte sich schwungvoll und wies dann mit der Hand auf einen leeren Stuhl. Offenbar wollte er, dass sich der Fechtmeister zu ihm und seinen Begleitern setzte. Llulla zögerte einen Augenblick, bevor er die Einladung annahm.
    »Wer ist denn das?«, fragte Caid mit einem Nicken in Richtung des jungen Don Quixote. »Ich glaube, ich habe den Mann noch nie gesehen.«
    »Es heißt, er sei ein Gesandter aus Mexiko«, sagte Gilbert. Dabei hielt er dem Ober die Kaffeetasse zum Nachfüllen hin. »Er ist auf dem Weg nach Washington und soll verhindern, dass Texas in die Staatenunion aufgenommen wird.«
    »Damit wird er sich hier aber nicht viele Freunde machen.« Rio interessierte sich weder besonders für das Schicksal der ehemaligen spanischen Kolonie Texas noch für Mexikos Haltung zum Staatenbund. Doch er wusste, dass die meisten Bewohner der Stadt durchaus eine Meinung dazu hatten. Seit den Tagen der spanischen Herrschaft gab es enge Verbindungen zwischen Louisiana und Texas. Damals war der spanische Monarch das Staatsoberhaupt der südlichen Staaten gewesen, und El Camino Real, die Straße des Königs, hatte
    Natchez, das nun in Mississippi lag, mit Natchitoches, mit San Antonio in Texas und schließlich mit Mexico City verbunden. In New Orleans hatte man vor vier oder fünf Jahren den Kampf der Texaner um die Unabhängigkeit mit großem Interesse verfolgt und hätte es nicht gern gesehen, wenn sich Mexiko die junge Republik nun einverleibte.
    »Die meisten anderen Staaten würden es gutheißen, wenn Texas mit zur Union gehörte«, sagte Caid. »Mexiko kontrolliert bereits große Teile der Ebenen im Westen und der Wüstenstaaten, von der Gegend, die man Kalifornien nennt, ganz zu schweigen. Falls sich die Mexikaner Texas aneignen - was sehr wahrscheinlich ist, wenn man es nicht bald als Staat in die Union aufnimmt -, wird die Grenze in Zukunft entlang der im Louisiana-Purchase-Vertrag festgelegten Linie verlaufen. Damit wären alle weiteren Vorstöße in den Westen unmöglich, und wir müssten New Orleans als eine Art vorgeschobenen Posten betrachten. Die Grenze zwischen uns und Mexiko würde in greifbarer Nähe verlaufen.«
    »Das könnte durchaus bald der Fall sein«, sagte Gilbert. »Die Gegner der Sklaverei aus dem Nordosten wollen den Sklavenstaat Texas nicht in der Union haben.«
    »Mag sein, aber wer kann es sich leisten, sich ein so gewaltiges neues Territorium entgehen zu lassen?«
    »Im Falle einer mexikanischen Invasion wird es Krieg geben«, sagte Gilbert im Brustton der Überzeugung.
    »Es könnte auch Krieg geben, wenn man Texas zum Mitglied der Union macht«, hielt Rio dagegen. »In Mexico City wird man das als Landraub betrachten.«
    »Was es natürlich auch wäre«, sagte Gilbert mit einem schiefen Grinsen. »Und wenn die Kampfhandlungen beginnen, hocken wir in dieser Stadt mittendrin.«
    Caid lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Das ist gut fürs Geschäft, meine Freunde. Die mexikanische Armee kämpft mit Säbeln. Die Männer, die sich in Texas den nackten Klingen stellen müssen, werden vorher noch ein wenig Unterricht in der Kunst, ihre Haut zu retten, haben wollen.«
    Rio nickte mechanisch. Es fiel ihm schwer, noch zuzuhören. Der Tisch, an. dem sich die Redakteure aus dem nahe gelegenen Büro der Tageszeitung L ’Abeille oder auch The Bee - die Biene - niedergelassen hatten, leerte sich. Damit war der Blick frei auf den Gentleman, der bei dem mexikanischen Gesandten und Pepe Llulla saß.
    Das Gesicht des Mannes war gerötet. Seine schlaffen Wangen trugen eine ungesunde violette Farbe, vor allem an der Stelle, an der sie sich mit seinem Doppelkinn vereinten. Dort saß eine eng geknüpfte, goldfarbene Seidenkrawatte. Pepes teure Kleider wirkten an ihm wie eine Wursthaut. Er hatte sich reichlich gefärbte Pomade ins ergraute Haar geschmiert, um die wenigen verbliebenen Locken dunkler erscheinen zu lassen. Das Morgenlicht, das durchs Fenster hereinfiel, gab den schütteren Strähnen einen Glanz, als wären sie nass. Der Mann trug ein viel zu großes Blumengebinde am Kragen, und die Verzierungen an seiner Uhrkette waren so schwer, dass sie jedes Mal, wenn er sich vorbeugte und nach einem Stück Gebäck griff, geräuschvoll auf der Tischplatte aufschlugen. Rio studierte den
    Mann genau. Dabei stieg eine so eiskalte Feindseligkeit in ihm auf, dass er erschauerte.
    »Mon vieux«, sagte Titi und

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