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Raecher des Herzens

Titel: Raecher des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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berührte ihn am Arm. »Was ist denn mit dir? Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?«
    Rio zwang sich ein Lächeln ab. »Wohl eher ein Elefant.«
    »Das ist der spanische Graf«, sagte Caid, der den Hals verdreht hatte, um Rios Blick folgen zu können. »Er beehrt uns mit seinem Besuch, weil er gedenkt, in Baumwolle und Zuckerrohr zu investieren. Außerdem, so heißt es, hätte er nichts dagegen, nebenher noch die Tochter eines reichen Plantagenbesitzers zu ehelichen.«
    »Don Damian Francisco Adriano de Vega y Ruiz, Conde de Lerida, wie man ihn auf Spanisch bescheiden nennt«, steuerte Titi bei. »So großspurig wie fett. Aber so mancher ist bereit, angesichts des Titels darüber hinwegzusehen. Er hat in Spanien bereits zwei Ehefrauen begraben, eine davon, so heißt es, in ungeweihter Erde. Sie hat sich umgebracht. Man sagt, er habe ein Auge auf die kleine Vallier geworfen.« Rios Gesichtsausdruck ließ Titi jäh innehalten.
    »Was weiß man sonst noch über ihn?«, fragte Rio in einem Ton, der beiläufig klingen sollte.
    Titi und Caid tauschten einen kurzen Blick aus. Caid zuckte die Achseln. Titi räusperte sich und fuhr fort: »Der Graf kam vor ein paar Wochen aus Havanna hier an. Er hat seine hübsche Geliebte in einem Haus auf der Rampart einquartiert und besucht sie so regelmäßig, wie andere Männer einen Verdauungsspaziergang machen.
    Genauso häufig sieht man ihn in den Spielhallen, wo er große Einsätze auf den Tisch legt und inzwischen als schlechter Verlierer bekannt ist.«
    »Und weiter?«, sagte Rio, als Titi verstummte.
    »Bei den Händlern entlang der Royale und der Chartres steht er bereits tief in der Kreide. Das gilt auch für Hewlett, denn er wohnt in der besten Suite hier im Hotel. Morgens trinkt der Graf am liebsten heiße Schokolade. Er steht nie vor der dritten Tasse auf. Was ihn am meisten plagt, sind seine Hämorrhoiden und seine schwachen Knie. Ich habe gehört, zwei Diener müssen ihm aufhelfen, wenn er endlich wieder einmal erfolgreich auf dem pot de chambre Platz genommen hat.« Titi grinste. »Reicht das?«
    Rio musterte ihn skeptisch. »Woher weißt du all diese Einzelheiten?«
    »Sklaventratsch, das Herzblut von New Orleans. Schließlich bleibt denen, die dich bedienen, nur wenig verborgen. Was wüsstest du denn sonst noch gern?«
    »Wie stehen die Chancen für den Grafen, von Monsieur Vallier als Ehemann für seine Tochter in Betracht gezogen zu werden?«
    »Gut bis exzellent würde ich sagen. Monsieur Vallier hat gerade eine lange Trauerzeit hinter sich, in der man ihn nur selten zu Gesicht bekam. Doch seit Neuestem sucht er die Gesellschaft einer hübschen Dame namens Clementine, die er kennen lernte, als er mit dem Grafen einen Quadroonenball besuchte. Du weißt schon, bei diesen Tanzveranstaltungen wählen die betuchten Gentlemen unter den hübschen Mischlingsdamen die schönsten aus. Außerdem kann man Monsieur Vallier jeden Abend in Begleitung seines neuen compadre in Davis’ Spielhalle antreffen, ln Alvarez’ Bar wettet man inzwischen zwei zu eins, dass der Ehevertrag in Kürze unterschriftsreif ist und die Hochzeit noch vor der Fastenzeit stattfindet.«
    »Und was sagt Mademoiselle Vallier dazu?«
    Titi zuckte die Achseln. »Man hat sie nicht gefragt.«
    Dieses Versäumnis muss unbedingt nachgeholt werden, dachte Rio. Und zwar bald.

Viertes Kapitel
    Denys!«
    Celina stand an der Treppe, die von der oberen Galerie in den Hof hinabführte. Soeben war ihr Bruder durch die Fußgängerpforte getreten. Wie ein Wirbelwind rannte Celina die Treppe hinunter. Die Freudentränen in den Augen nahmen ihr die Sicht, sodass sie fast gestolpert wäre. »Du lebst!«, rief sie und warf die Arme um ihren Bruder. »Ich kann es kaum glauben. Du lebst!«
    »Aber natürlich lebe ich, Dummerchen«, murmelte Denys mit rauer Stimme, während er sie an sich drückte. »Glaubtest du, ein kleines Duell mit einem Fechtmeister wäre gleich mein Ende?«
    »Ein Duell gegen einen wie de Silva? Na, du bist optimistisch!« Celina schenkte Denys’ Freunden zur Begrüßung ein kurzes Lächeln. Dann wandte sie sich wieder an ihren Bruder. »Wie hast du es geschafft, mit heiler Haut davonzukommen? Erzähl es mir. Und lass nichts aus!«
    »Das Duell war fantastisch«, antwortete Denys. »Monsieur de Silva sah mörderisch gefährlich aus, das darfst du mir glauben.«
    »Aber Denys trat ihm so gelassen gegenüber, als duelliere er sich jeden Morgen vor dem Frühstück«, meldete sich Hippolyte zu Wort.

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