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Raecher des Herzens

Titel: Raecher des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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»Wir waren ziemlich überrascht.«
    »Besten Dank«, sagte Denys trocken, dem die Spitze nicht entgangen war. »Aber Monsieur de Silva ist überaus großzügig, Lina, wirklich, und unglaublich rücksichtsvoll.«
    »Tatsächlich?« Celinas Stimme klang ein wenig belegt. Sie legte den Arm um den Bruder. Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinauf, gefolgt von seinen Freunden.
    »Ich schwöre dir, er hätte wohl zehn Gelegenheiten gehabt, mich zu töten, aber er tat es nicht. Warum er sich so zurückhielt, ist mir nicht ganz klar. Aber sicher werde ich es noch herausbekommen. Er erwies mir die Ehre, mich volle fünf Minuten lang mit ihm messen zu dürfen, dann beendete er das Duell so gekonnt ...«
    »Was heißt das, du wirst es herausbekommen?«
    »Er hat sich bei mir entschuldigt, Lina! Aber das war hinterher. Erst dachte ich, die leichte Verletzung, die er mit zugefügt hat, wäre für ihn kein Grund, das Duell zu beenden. Aber ich täuschte mich. Der Arzt erklärte, ich dürfe nicht mehr weiterfechten, und de Silva nahm die Entscheidung ohne Murren an.«
    »Du bist verletzt? Wo? Lass sehen!« Celina hielt Denys auf der obersten Treppenstufe zurück und musterte ihn eingehend. An seinen Stiefeln und auf dem rechten Hosenbein entdeckte sie Blutflecken. Und dann sah sie den Verband, der aus seinem Ärmel hervorlugte.
    »Es ist nur eine Kleinigkeit«, sagte Denys und machte sich von ihr los. »Kaum mehr als ein Kratzer.«
    »Das sagst du jetzt! Aber wenn der Arzt deswegen das Duell abbrechen ließ, muss es etwas Ernstes sein.«
    »De Silva hat eine Arterie getroffen«, sagte Armand. »Denys hat geblutet wie ein abgestochenes Schwein.«
    »Es sah schlimmer aus, als es ist«, widersprach Denys. »Meiner Meinung nach wusste Monsieur de Silva genau, was er tat. Dieser Ausdruck in seinen Augen, chere ... Du hättest ihn sehen sollen. Diese Entschlossenheit, diese Zielsicherheit, diese tödliche Konzentration. Ich dachte ... ich dachte schon, du würdest nun bald die Uhren anhalten, die Spiegel zur Wand drehen und das dunkle Cape heraussuchen müssen, das du erst kürzlich abgelegt hast.«
    »Sei still!«, rief Celina erschauernd.
    Aber Denys war nicht zu bremsen. »Das ist noch nicht alles, Lina. Du wirst nie darauf kommen, was dann geschah. Der Maestro lud mich zu einer privaten Lektion in seinem Studio ein. Dieses Privileg wird sonst nur den besten und viel versprechendsten Fechtern zuteil.«
    »Meines Wissens hat de Silva so etwas noch nie getan«, sagte Hippolyte. Sie hatten die obere Galerie erreicht und setzten sich an den Tisch, der bereits für das Frühstück gedeckt war. »Ich bin noch ganz gelb vor Neid.«
    »Und ich erst!«, sagte Armand. »Gelb wie eine Unke.«
    »Wie eine Banane«, setzte Hippolyte hinzu. Dabei deutete er auf die kräftigen Stauden, die unten, rings um den mit Steinplatten gepflasterten Hof gepflanzt waren. Sie überschatteten den Brunnen, der in einer Ecke leise vor sich hin plätscherte.
    »Gelb wie ein Eidotter!«, sagte Armand mit einem hoffnungsvollen Blick auf den Frühstückstisch, bevor er Hippolyte einen freundschaftlichen Stoß versetzte. »Gelb vor Hunger.«
    »Eine solche Einladung ist wohl eine große Ehre?«, fragte Celina, die der Albernheiten, mit denen die jungen Männer ihrer Anspannung Luft machten, langsam überdrüssig war. Dass sie ihrer Erleichterung Ausdruck verleihen mussten, verstand sie. Aber der scherzhafte Wortwechsel konnte sich leicht zu einer freundschaftlichen Rangelei auswachsen, die Denys’ Arm sicher nicht gut tat.
    »Das ist eine Untertreibung«, antwortete ihr Bruder. »Mir fehlen geradezu die Worte, angesichts solcher Großzügigkeit. Ja, mir fehlen die Worte.«
    Dennoch hatten er und seine Freunde noch viel zu berichten. Sie beschrieben Rio de Silvas Kunstfertigkeit und seine unerhörte Selbstbeherrschung in allen Einzelheiten. Besonders hoben sie die schlichte Eleganz hervor, mit der er sich bei Denys entschuldigt hatte. Celina merkte bald, dass die überschäumende gute Laune der jungen Männer teilweise den starken Getränken zuzuschreiben war, die sie sich wohl auf dem Heimweg einverleibt hatten, ln diesem Fall fand sie das nicht so schlimm. Ihr Bruder hatte sich in große Gefahr begeben, und er war noch am Leben. Das allein zählte für sie.
    Die jungen Männer gingen noch einmal Schritt für Schritt das gesamte Duell mit ihr durch. Täuschend echt ahmten sie die Bewegungen und Geräusche nach. Da öffnete sich eine Tür am Ende der Galerie, und heraus

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