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Rächerin der Engel

Rächerin der Engel

Titel: Rächerin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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lassen«, entgegnete Ron. »Ich persönlich husche lieber!«
    »Für einen Engel sind Sie ganz schön schnippisch«, meinte Bree. »Ist das der Grund, warum Sie und Petru sich ständig in die Haare geraten?«
    Ron zuckte lächelnd die Achseln. »Schon möglich«, sagte er. Sein Lächeln war wie das aller Engel unwiderstehlich. Es strahlte eine Wärme aus, die einen vom Scheitel bis zu den Zehen einhüllte.
    »Lächeln Sie mich nicht so an«, sagte Bree. »Ich komme Ihnen nämlich immer mehr auf die Schliche, Ron Parchese.«
    Trotzdem hatte sich ihre Laune gebessert, als sie am Gerichtsgebäude ankamen.
    Bree hatte das Gerichtsgebäude schon zu allen möglichen Tageszeiten aufgesucht. Es wimmelte dort immer von den unterschiedlichsten Leuten. In der Eingangshalle stolzierten Halbwüchsige in Baggypants und überdimensionalen T-Shirts umher. Neben den blau uniformierten städtischen Polizisten waren die braunen Uniformen der Polizei von Chatham County zu sehen. Ehepaare mit Kindern wanderten auf der Suche nach einer bestimmten Dienststelle die Gänge entlang. Männer mit Strohhüten und ausgebeulten Overalls schlenderten zum Kaffeestand.
    Und überall waren Rechtsanwälte.
    Nachdem Bree und Ron durch den Metalldetektor gegangen waren, stiegen sie in den mittleren Aufzug. Sie fuhren bis zum fünften Stock, warteten, bis der letzte Passagier, eine müde aussehende Putzfrau, ausgestiegen war, und setzten ihre Fahrt dann bis zum sechsten Stock fort. Zischend öffnete sich die Tür, und Bree sah sich dem vertrauten, an der Wand prangenden goldenen Emblem gegenüber, unter dem stand:

    HIMMLISCHER GERICHTSHOF

    Das Emblem stellte die Waage der Gerechtigkeit dar, die von Flügeln eingerahmt wurde.
    Sie gingen den Gang hinunter bis zu der Tür mit der Aufschrift ARCHIV und traten ein.
    Der Archivraum erinnerte mit seinem Fußboden aus Steinplatten, den Fackeln an den Wänden und den gotischen Buntglasfenstern an ein mittelalterliches Kloster. Massive Eichenbalken stützten die hohe Decke. An Schreibpulten standen Engel, die wie Mönche gekleidet waren und mit Federkielen Pergamentbögen beschrieben. Während Bree und Ron auf den großen Eichentresen im hinteren Teil des Raums zuschritten, war leises Flügelrascheln zu vernehmen. Die Wand hinter dem Tresen war in unzählige Fächer aufgeteilt, in denen Pergamentrollen lagen. Goldstein, dessen kahler Kopf im Licht der Fackeln schimmerte, hob grüßend die Hand, als sie auf ihn zutraten.
    »Immer noch nicht im Computerzeitalter angekommen, wie ich sehe«, sagte Ron. Er legte die Arme auf den Tresen und schüttelte den Kopf.
    »Mir gefällt’s so«, erwiderte Goldstein. »Und meinen Sie vielleicht, diese Burschen würden besser arbeiten, wenn sie im Neonlicht säßen? Blödsinn.« Er rieb sich den Nacken, wobei eine silbrige Feder in die Höhe schwebte. »Nun, was kann ich denn heute für Sie beide tun?«
    »Russell O’Rourke«, sagte Bree. »Ich hätte gern eine Abschrift des Berufungsersuchens.«
    »O’Rourke.« Goldstein runzelte die Stirn und zupfte sich am Ohrläppchen. »O’Rourke. Sagt mir gar nichts, fürchte ich, aber ich werd mal nachsehen.« Er bückte sich, kramte unter dem Tresen herum und holte ein ledergebundenes Buch heraus. Mit nachdenklicher Miene blätterte er darin herum. »Russell O’Rourke«, sagte er wieder, den Familiennamen leicht betonend. »Einen Russell O’Rourke kann ich hier nicht finden.« Er schlug das Buch zu.
    »Aber er hat gestern Kontakt mit mir aufgenommen«, erwiderte Bree.
    Goldstein zog eine seiner Augenbrauen hoch. Was war denn die Zeit für einen Engel?
    »Er ist wirklich mit mir in Verbindung getreten«, insistierte Bree. »Er hat sich vor ein paar Monaten an seinem Schreibtisch umgebracht, in seiner New Yorker Wohnung. Ich war hier in Savannah auf einer Auktion, auf der sein Schreibtisch versteigert wurde. Als ich meine Hand auf die Tischplatte gelegt habe, war er plötzlich da – oder zumindest ein Teil von ihm – und bat mich um Hilfe. Wie all die anderen.«
    Goldstein schlug das Buch abermals auf und blätterte es erneut durch. »Benjamin Skinner. Abgehakt. Probert Chandler. Abgehakt. Beide Fälle erledigt, auf sehr professionelle Weise, wenn ich das hinzufügen darf, liebe Bree. Aber ein Berufungsersuchen für Russell O’Rourke liegt nicht vor.«
    »Es muss doch eine erste Entscheidung über seine Seele getroffen worden sein«, sagte Ron. »Irgendwo in diesem ganzen Papierwust müsste sich doch ein Querverweis finden. Hoffe

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