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Rächerin der Engel

Rächerin der Engel

Titel: Rächerin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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abgerissene Teil des Abschiedsbriefs. So etwas gibt es bei jedem Fall. Wenn die Details bei einem Fall zu gut zusammenpassen, dann muss man sich fragen, ob man reingelegt worden ist. Dass Eddie das nicht einsieht, macht mich ganz verrückt.« Frustriert ballte Hunter die Fäuste. »Dabei habe ich ihm schon gewaltig zugesetzt und ihn regelrecht ausgequetscht. Aber was er mir erzählt hat, ergibt einfach keinen Sinn.«
    Fragend zog Bree die Augenbrauen hoch.
    »Träume. Er sagt, er habe schlimme Träume.« Hunter strich sich mit der Hand über den Mund und schüttelte den Kopf. »Behauptet, O’Rourke flehe ihn von jenseits des Grabes an, den Fall zu klären.« Er blickte auf seine Armbanduhr. »Mist! Ich muss los. Dann also bis Donnerstag.« Nach kurzem Zögern beugte er sich nach unten, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben. Dann eilte er zu seinem Auto.
    Bree wartete, bis er außer Hörweite war. Dann nahm sie ihr Handy und rief den Professor an.
    »Nun«, sagte Professor Cianquino, nachdem sie ihm mitgeteilt hatte, dass Eddie Chin von O’Rourkes Geist heimgesucht wurde, »ich würde sagen, das ist keineswegs ungewöhnlich.«
    »Das weiß ich. Wenn jemand ummittelbar mit einem Fall zu tun hat, ist es vielleicht sogar das Übliche. Aus ebendiesem Grund hat sich Liz Overshaw ja damals an mich gewandt. Aber sie hatte jahrelang mit Ben Skinner zusammengearbeitet, während Eddie Chin Russell O’Rourke nie begegnet ist.«
    »Alles weiß ich auch nicht, Bree. Es ist zweifellos schon vorgekommen, dass Tote Lebenden in ihren Träumen erscheinen. Wenn sie eines gewaltsamen Todes gestorben sind und nach Gerechtigkeit verlangen, ist es sogar möglich, dass willensstarke Menschen für kurze Zeit zurückkehren. Aber wenn ich Sie wäre, würde ich Mr. Chin gegenüber nicht die Karten auf den Tisch legen. Ich würde sagen, Mr. Chin ist ein ganz normaler Mensch, der in keiner Weise mit unserer Arbeit in Verbindung steht. Es würde ihn zweifellos erschrecken, wenn Sie ihn über die eigentlichen Aktivitäten von Beaufort & Compagnie in Kenntnis setzen würden. Eines scheint jedoch klar zu sein, liebe Bree«, fügte er hinzu. »Mr. O’Rourke wurde ermordet.«
    Bree steckte ihr Handy wieder weg und winkte Hunter zu, als dieser die Bay Street hinunterfuhr.
    Es war höchste Zeit, dass sie sich einmal mit Tully O’Rourke zusammensetzte.

Cui bono?
Wem nützt es?
Cicero, »Philippica«
    »Das Gebäude in der Bull Street«, blaffte Tully in ihr Handy. »Das ist genau das Richtige. Mir doch egal, dass es da schon einen Mietvertrag gibt. Ich will es jedenfalls haben. Sorgen Sie dafür, dass der Vertrag annulliert wird, Barney. Dafür bezahle ich Sie schließlich.« Sie steckte das Handy in ihre Handtasche zurück und sagte, den Blick auf einen Punkt über Brees Kopf gerichtet: »Das ist ein prächtiger Bau. Genau das Richtige für ein Theater. Zurzeit hat es irgendeine Eventagentur gemietet, aber darauf pfeife ich. Das Gebäude wurde in den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts errichtet, erstaunlicherweise als Verkaufsstelle von Chevrolet. Hat fabelhafte, mit Zinn verkleidete Decken.« Nach wie vor sah sie Bree nicht an, sondern sprach in Richtung der zahlreichen Menschen, die sich hinter Bree in Tullys Wohnzimmer drängten. Sie trug wieder eines ihrer hauchdünnen Kleider mit weit ausgestelltem Rock, diesmal in Marineblau. Mit ihrem kurz geschnittenen weißen Haar, den dunklen Augenbrauen und den pflaumenfarbenen Augen sah sie wie ein Luxusprodukt aus, für das man nur ein Wort benötigen würde, um Werbung dafür zu machen. Das Luxusprodukt Tully , dachte Bree und unterdrückte ein Seufzen.
    Mit einem Klimpern ihrer kohlschwarzen Wimpern wechselte Tully zu einer anderen Tonart über und spielte nun die charmante Südstaatenschönheit. »Was für ein Glück, dass Sie wenigstens hier sind, Bree. Barney ist nach der Auktion nach New York zurückgeflogen, und es ist wesentlich schwieriger, Menschen am Telefon einzuschüchtern, als von Angesicht zu Angesicht. Könnten Sie sich wohl um diese Sache kümmern?« Statt weiterhin ihren ruhelosen Blick über die Leute im Zimmer schweifen zu lassen, konzentrierte sie sich auf Bree und sah sie eindringlich an. »Wie ich gehört habe, verstehen Sie sich nötigenfalls ziemlich gut darauf, andere einzuschüchtern.«
    »Bei Ihnen scheint das allerdings nicht sonderlich gut zu funktionieren«, erwiderte Bree.
    Vor Verblüffung brach Tully in Gelächter aus, das eher an ein Bellen erinnerte.

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