Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
erreicht hatten, in die nur wenig Sonnenlicht fiel. Thormir
bemerkte die ungewöhnlich große Anzahl an Soldaten und wunderte sich über den
Grund hierfür. Ergon ging voran und kam nach etwa sechzig Fuß zum Stehen. Mit
einer Geste wies er auf zwei Zellen, die sich in einem seitlich abgewinkelten
Gang befanden.
Und was Thormir nun sah, machte
ihn beinahe fassungslos: Zwei an den Händen gebundene Orks befanden sich in den
Kerkern. Lebend! Der Kanzler traute seinen Augen nicht. Niemals hatte er es für
möglich gehalten, einen von ihnen als Gefangenen zu haben.
„Leutnant“, rief er. „Ich will
nicht wissen, wie Ihr sie unter Eure Fittiche bekommen habt, doch verspreche
ich Euch eine hohe Belohnung. Leistung muss sich auszahlen. Erst recht, wenn
sie verdient ist.“ Noch immer starrte er angenehm überrascht auf die beiden
Orks.
„Wir hatten erst vier von ihnen,
Herr. Einer versuchte allerdings, auszubüchsen, sodass ihn unsere Bogenschützen
ausschalten mussten und ein anderer war uns unter den Fingern verblutet. Auf
die beiden hier haben wir mehr aufgepasst.“
„Können sie reden? Habt Ihr mit
ihnen schon gesprochen?“, wollte Thormir neugierig wissen.
„Nein, Kanzler. Die stellen sich
stumm. Sicher werden wir einige Werkzeuge finden, um ihre Zungen zu lösen“,
antwortete Ergon und nickte dem Kerkermeister zu, der sogleich ging, um seine
Instrumente zu beschaffen.
Thormir studierte beide Orks mit
seinen Augen und sagte plötzlich: „Den Rechten. Bringt ihn in eine andere
Zelle.“
Mit diesen Worten schritt der
Magier den langen Gang hinab und verschwand in einem separaten Verlies. Der
Leutnant rief einige Wachen zu sich und ließ den Ork zum Kanzler bringen. Der in
der Zwischenzeit zurückgekehrte Kerkermeister begleitete sie und wenige Minuten
später befanden sie sich in einem Raum mit Thormir. Die Luft war trotz des
winzigen Fensters überraschend klar.
„Hinsetzen! Anfesseln!
Kerkermeister, Eure Dienste benötige ich nicht. Das übernehme ich selbst“,
befahl der hagere Alte und der Angesprochene verschwand wieder.
Die Wachen staunten: Sie kannten
den Kanzler zwar stets als autoritäre Führungsperson, doch schien er in diesem
Moment gewachsen zu sein. Sein silbernes Haar hob sich kontrastiv von seinem
schwarzen Mantel ab und seine grauen Augen glühten im Dämmerlicht der Zelle.
Die Stimme des Magiers war erschreckend hart geworden. Ohne jegliche Zeit zu
verlieren, versuchte er sogleich, auf den Ork friedlich einzuwirken. Allerdings
verlachte dieser Thormir nur und spuckte ihm auf die Robe. Damit brachte er den
alten Mann in Rage. Gereizt von diesem widerwärtigen Verhalten erkannte der
Kanzler, dass gutes Zureden in diesem Fall nichts fruchten würde und so
beschloss er, durch Feuer und Blitz die Zunge des Orks zu lösen. Unter
keifendem Gewimmer stellte sich alsbald heraus, dass der Gefangene ein Späher
war, der Sprache der Menschen zumindest etwas mächtig. Krächzend wand er sich
unter der Hand Thormirs, der ihm daraufhin wenige Minuten des Bedenkens
gewährte. Der Ork bleckte die Zähne und blähte die schlitzartigen Nasenlöcher.
Keineswegs würde er ihnen zu viel verraten. Aus diesem Grund begann er, ausschließlich
augenscheinlich wertvolle Informationen über seine Art preiszugeben.
Er erzählte den Männern, wie ihr
Leben aussähe, wie die Landschaften des Nordens wären und welche Form der
Nahrung, sie bevorzugten. Alle, außer Thormir schauderten, als diese Gestalt
ohne Umschweife gestand, dass sein Volk in den Menschen oftmals eine
Nahrungsquelle sah und zum Vergnügen Treibjagden auf einsame Wanderer
veranstalten würde. Sehr musste sich Thormir nun beherrschen, denn er war an
das Schicksal seiner Frau und seines Sohnes erinnert worden. Und hätte er beide
nicht mit den eigenen Händen begraben, so wüsste er nun, was mit ihnen
geschehen wäre und jene Erkenntnis hätte ihn den Ork auf der Stelle töten
lassen.
Der Kanzler blieb stark und
fragte mir ruhiger und fester Stimme nach weiteren Details, die er dem
Gefangenen jedoch anschließend wieder mühsam abpressen musste. So erfuhren sie,
dass über die ganze Welt von Thenasia verteilt verschiedene Orkclans
existierten, die jeweils aus den zwei großen Orkstämmen hervorgegangen waren.
Den kleineren Stamm bildeten die Lichtorks, welche der Ork Lumenesci nannte,
jene, die hauptsächlich in den Eiswüsten auf einer fernen Insel leben würden.
Die überwiegende Mehrheit aber wären die kriegerischen Dunkelorks, welche
Morata
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