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Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)

Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)

Titel: Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Grömmer
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wartete
mit freundlichen Worten auf: „Thormir, schön, dass du endlich auch einmal Zeit
für andere Dinge, als deinen Ork hast.“
    Doch der Magier war nicht zu
Scherzen oder Späßen aufgelegt. Tiefe Sorgenfalten lagen in seiner Stirn, die
der König sogleich richtig zu deuten wusste. Ohne ein Wort zu verlieren,
breitete der Kanzler Pergamente und Aufzeichnungen auf dem ovalen Eichentisch
aus. Das warm flackernde Licht der Kerzen und des offenen Feuers spendete
zumindest ein wenig Ruhe und strahlte Gemütlichkeit aus, obwohl Selbige in
diesem Moment nicht weiter entfernt sein konnten.
    „Regnir!“, sprach Thormir und
stützte sich ab, als ob er eine schwere Last zu tragen hätte. „Zwei Nachrichten
habe ich: Eine Schlechte. Und eine noch Schlechtere. Lass mich bitte sogleich
beginnen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Wortlos stimmte der König zu und
trat zum Magier heran. Tatsächlich lag ein ganzer Wirrwarr von Dokumenten
ausgebreitet vor ihm: Karten, Chroniken, handverfasste Notizen, Ausschnitte aus
Büchern – und Pergamentrollen, verfasst in einer seltsam anmutenden fremden
Schrift. Regnir war sich sicher, dass er diese Art Zeichen bereits vor dreizehn
Jahren gesehen hatte, als beide das Tribunal vorbereiteten. Damals hatte er die
Gelegenheit verpasst, zu fragen, welcher Feder sie entsprungen sein mochten.
Thormir aber ließ dem König keinerlei Möglichkeit, in derartigen Gedanken zu
verweilen, sondern setzte zügig seine Rede fort: „Regnir. Du weißt, dass seit
einigen Monaten ein Ork unter meinen Fittichen ist, und du weißt auch, dass wir
so einiges über die Sitten und Sprache der Grünhäute erfahren haben. Soeben
konnte ich ihm noch viel mehr entlocken.“ Die Nasenflügel des Kanzlers bebten
vor Erregung. Sein Blut wallte.
    „Ich dachte, dass der dir nichts
mehr zu erzählen hätte?“, unterbrach ihn der König. Tatsächlich hatte Thormir
erst drei Abende zuvor gemeint, dass diesem Burschen im Verlies keine
nützlichen Neuigkeiten mehr zu entlocken seien. Der Magier schüttelte jetzt nur
den Kopf und blickte ernst drein.
    „Ich konnte ihn dazu bringen, mir
bedeutend mehr zu erzählen.“
    Regnir war hellwach: „Wie? Du
sagtest doch, dass Orks keine deiner Wahrheitstränke mögen würden. Das
Ambaluskraut, das du für deren Herstellung verwendest, würde sie rasend machen.
Das waren erst neulich deine Worte.“ Der König war mittlerweile an Thormirs
unermüdlicher Arbeit interessiert. Ohnehin war auch der Herrscher sehr gewandt
in den Dingen der Alchemie und war nun erpicht darauf zu hören, welch einen
Trunk der Alte denn gebraut hatte.
    „Ich weiß, was ich gesagt habe.
Und das hat auch nicht seine Gültigkeit verloren“, entgegnete der Kanzler
leicht verärgert.
    „Also hast du eine andere Pflanze
verwendet?“, fragte Regnir.
    „Nein. Keine Pflanze und auch
kein Kraut. Nicht einmal einen besonderen Trank“, antwortete Thormir, der sich
dem wissbegierigen Blick des Königs nicht länger entziehen konnte. Nach einigem
Herumdrucksen gab er sein überaus pikantes Vorgehen zu: „Ich … ich habe
vielmehr einen Weg gefunden, in den Geist des Orks einzudringen …“ Der Kanzler
strich ein silbernes Haar von seiner Stirn, sah zu seinem Gegenüber auf und
fügte hinzu: „Ich habe seinen Willen durch … eine besondere Form der Magie
gebrochen.“
    Regnir schauderte. Das also hatte
Thormir in den langen Nächten in den Kerkern getan. Seit drei Tagen hatte er
allein mit dem Ork dort unten gehockt und darum gebeten, nicht gestört zu
werden. Keine Wache hatte seine „Arbeit“ gestört. Dass der so gütig scheinende
Alte etwas Derartiges getan haben könnte, das wäre dem König nicht im Traume
eingefallen.
    „Du kannst ziemlich gruselig
sein, mein lieber Kanzler“, sagte er nach einer kurzen Sprechpause steif
lächelnd.
    „Tut das etwas zur Sache?“,
entgegnete Thormir kühl. „Vergiss nicht, dass wir mit diesen Kreaturen im Krieg
stehen. Der Zweck heiligt die Mittel. Werde nicht zu nachsichtig mit den
Grünlingen. Sie werden es auch nicht mit uns sein. Viel wichtiger ist, was ich
in Erfahrung bringen konnte.“ Thormir legte eine Sprechpause ein, während im
Hintergrund noch immer das Knistern des Feuers zu vernehmen war. „Setzen wir
uns!“ Beide Männer begaben sich nahe zu den Flammen und nahmen auf halbrunden
Holzsesseln Platz.
    Nach einigen Sekunden des
Schweigens begann Thormir fortzufahren: „Der Ork hat mir offenbart, dass sein
Stamm sich bereits seit einiger Zeit

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