Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
Regnir.
„Eintausendneunhundert.
Eintausendneunhundert Mann haben die Orks unter Waffen. Hinzu kommen einige
Trolle, deren Zahl wir nicht genau kennen.“
„Das ist beileibe keine geringe
Zahl“, stöhnte der König. „Wir werden wohl in Unterzahl kämpfen müssen“, fügte
er hinzu, ein Ausblick, der ihm äußerst missfiel.
Der Kanzler blieb ungerührt.
Eisern und aufrecht stehend blickte er drein: „Klasse geht noch immer über
Masse. Tausende Hände mögen viel an Zahl sein, allerdings sind sie ohne Gehirn
nichts weiter als ein Berg aus Fleisch … Unterzahl - daraus schließe ich, dass
die Schätzung unserer Kampfkraft schon vorliegt?“
„Ja“, antwortete der König
trocken. „Wir verfügen im Bestfall über etwa eintausendsiebenhundert Mann. Ins
Feld führen werden wir bei Weitem nicht alle, denn dann wäre die gesamte Stadt
verteidigungsunfähig und wehrlos will ich Eisenhand nicht zurücklassen.“
„Sehr richtig“, entgegnete
Thormir. „Also? Mit wie vielen Soldaten willst du in den Krieg ziehen?“
Regnir offenbarte nun den Plan,
der erst vor wenigen Stunden gemeinsam mit Theodus und Bhelm erstellt worden
war: „Alles in allem marschieren wir hier in drei Abteilungen mit insgesamt
eintausendzweihundert Mann ab. Dreihundert Milizen bleiben in der Stadt.
Theodus wird während unserer Abwesenheit zusammen mit meiner Frau die Geschicke
des Königreichs leiten. Im Ernstfall kann er dann weitere zweihundert
Reservisten zu den Waffen rufen, sollte Eisenhand belagert werden. Ich hoffe,
dass ich nicht falsch lag, als ich annahm, dass du uns begleiten willst.“
„Nein, du lagst goldrichtig, mein
Junge“, antwortete Thormir. „Ich werde noch ein paar Ordensjünger mit uns in
den Kampf ziehen lassen.“
„Wie viele?“, fragte Regnir und
hob den Kopf.
„Genau fünfundzwanzig“, sagte der
Kanzler mit leicht verkniffenem Gesicht. „Allesamt erstklassige Kampfmagier,
von mir persönlich erlesen und ausgebildet. Unterschätze sie nicht, obwohl sie wenige
sind!“
„Ich habe doch gar nichts
gesagt“, wehrte der König ab.
„Ja“, lachte Thormir. „Sehr wohl
aber gedacht“
„Die Gedanken sind frei“,
bemerkte Regnir spitzfindig.
„Nur dann, wenn Andere sie nicht
lesen können“, zwinkerte der Alte.
So verweilten die beiden Männer
noch eine Weile und sprachen lange über die Gefahren und Wagnisse des kommenden
Krieges. Thormir gab sich äußerst zuversichtlich und war von dem vorliegenden
Plan alles in allem überzeugt. Nachdem sie den letzten Kelch Wein geleert
hatten, bemerkten sie, dass noch ein letzter, wesentlicher Schritt ausstand:
Die Einberufung des Tribunals war wichtig, denn die Entscheidung über Krieg und
Frieden lag letzten Endes noch immer bei der Vollversammlung der Edelmänner,
von denen einige unzufrieden waren, dass der König und Kanzler sie bis zum
jetzigen Zeitpunkt nicht ein einziges Mal über die Gefahr im Norden
unterrichtet hatten.
Und so wurde zwei Tage später das
königliche Tribunal durch Regnir eröffnet. Es fand in der großen Königshalle
statt, deren vorderer Teil weit mehr als fünfzig Personen zu fassen vermochte. An
einer langen Tafel nahmen die Edelmänner Platz, nicht etwa im Halbrund, wie es
noch vor mehr als zehn Jahren geschehen war. Am Ende stand der Königsthron. Zu
seiner Rechten saß der Kanzler, der Raum zur Linken aber, war frei. Gemäß den
Traditionen trugen die Versammelten ein weißes Gewand, mit Ausnahme des Königs,
der aufgrund seines Amtes kein Stimmrecht besaß. Selbst Thormir legte
mittlerweile während eines Tribunals die schwarze Robe ab, eine Praxis, die
sich erst nach der Errichtung Eisenhands bei ihm eingebürgert hatte. Bevor die
eigentliche Tagung begann, wurden reichlich Speis und Trank serviert, damit das
wichtige Thema des Tages auch in aller Gründlichkeit besprochen werden konnte.
Nach etwa einer halben Stunde
erhob sich der Kanzler und bat um Aufmerksamkeit: „Hochgeehrte Edelmänner!
Gestattet es mir bitte, dass ich das Wort nun an mich nehme. Ich möchte Euch
hiermit alle zum siebten königlichen Tribunal Willkommen heißen und Euch
danken, dass ein jeder tatsächlich erschienen ist. Wahrhaft dringende
Angelegenheiten treiben uns am heutigen Tage zusammen. Sturmwolken ziehen am
gar blauen Himmel des Friedens herauf.“
Mit einem Male erstarb das Gerede
der Menge im Saale und alle Augen richteten sich auf den Kanzler. „Hört!“,
sprach er mit lauter, klarer Stimme. „Hört! Wir haben lediglich wenig
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