Rätsel des Nordens (Thenasia) (German Edition)
Zeit,
heute einen Beschluss zu fassen. Jede Sekunde drängt und unsere alten Feinde
schlafen nicht. Auch sind sie nicht verschwunden, wie es einige unter uns
dachten.“ Thormirs silbernes Haar leuchtete im gleisenden Sonnenlicht, das
durch die Fenster auf die Tafel fiel. „Die Orks sammeln sich unter ihrem
Häuptling im Norden. Seit fünf Jahren ziehen sie ihre einstmals versprengten
Truppen wieder zusammen. Sie planen einen Angriff auf unsere Stadt, auf unsere
Häuser und auf unsere Frauen und Kinder, um Rache für die Schlacht der vier
Schwerter zu nehmen. Dabei stehen die Grünhäute nicht allein gegen uns
Menschen.“ Thormir hielt ein und warf einen feinen Blick der Tafel entlang in
jedes Gesicht. Kein Edelmann rührte sich. Alle waren sie vom Klang seiner
Stimme gebannt, begierig auf Informationen über die neue alte Bedrohung.
„Trolle sind in die nördlichen Lande gekommen, kräftige, bis zu zwölf Fuß große
Ungetümer, über die wir bis jetzt nur sehr wenig wissen. Zumindest aber können
wir die Gefahr abschätzen, die von diesen Monstern für uns ausgeht, und diese
ist keineswegs zu unterschätzen. Leutnant Ergon. Berichtet bitte über Eure
Erfahrungen im Umgang mit dieser Art Leben.“
Damit gab Thormir das Wort an den
völlig verdutzt dreinblickenden Ergon weiter. Noch nie hatte er in seinem Leben
eine Rede gehalten. Ja es war gerade das zweite Mal, dass er an einem Tribunal
teilnahm. In früherer Zeit bekleidete sein Vater Thergon diese Aufgabe,
allerdings wollte er wegen seines hohen Alters nicht länger Entscheidungen von
höchster Tragweite fällen müssen. Also erhob sich der Leutnant unsicher und
begann zunächst mit spröden Worten über die Expedition zu berichten. Doch was
mit schnödem Zahlenmaterial begann, entwickelte sich rasch zu einem
anschaulichen und wortreichen Abriss der Lage: Nach wenigen Minuten war Ergon
selbstsicher genug, um lebhaft das Erlebte zu schildern. Nachdem er die
wichtigsten Punkte abgearbeitet hatte, gab er das Wort an den Kanzler zurück
und nahm erneut Platz.
„Ich danke Euch, Leutnant!“,
sagte Thormir. „Ich kann dem Tribunal aber noch weitere Informationen aus
eigener Hand geben. Das Orkheer, das sich in diesem Moment in seiner Festung
befindet, ist mindestens eintausendneunhundert Kopf stark und schwer gerüstet.
Die Grünlinge haben unter den Hügeln im Norden ein gewaltiges Tunnelsystem mit
unterirdischen Schmieden und Waffenkammern angelegt, dessen Ausmaße mir jedoch
gänzlich unbekannt sind. Des Weiteren werden die Orks von einigen Trollen
unterstützt. Und noch etwas … “ Thormir hielt inne. Für etwa eine Minute war
kein Geräusch mehr zu vernehmen, außer jenes, das von außen nach innen drang.
Vögel zwitscherten und sangen munter drein, unbekümmert von den Sorgen und
Nöten der Menschen. „Außerdem“, fuhrt der Kanzler fort. „verfügt der Großork
über eine mächtige Waffe, eine Bedrohung, über die wir auch nichts wissen. Ich
kann nicht einmal sagen, welcher Form die Waffe ist, geschweige denn, woher sie
stammt.“
„Woher wisst Ihr dies, Meister
Thormir?“, rief ihm ein Mann mittleren Alters zu.
Der Kanzler sah kurz zu Regnir
auf, atmete tief durch und stand sogleich Rede und Antwort. Es gäbe einen
gefangenen Ork im Verlies, der dies nach längerem Verhör ausgesagt habe.
Außerdem hätte Ergon die Trolle zuvor mit eigenen Augen erblickt. Die Verluste
der Expedition seien zum Teil auf diese Ungetümer zurückzuführen gewesen. Nun
wollte ein kleines Grüppchen Edelmänner am anderen Ende der Tafel wissen, ob
sie, Kanzler und Leutnant, auch unter Eid ihre Aussagen tätigen würden. Thormir
erklärte sich ohne große Worte zu verlieren dazu bereit und auch Ergon willigte
ohne Umschweife ein. Der König fragte nun das gesamte Tribunal, ob es auf einer
Vereidigung bestehen würde und tatsächlich sprach sich eine breite Mehrheit
dafür aus. Daher nahm Regnir den beiden Männern den Eid ab, der besagte, dass
im Fall der Lüge sie verbannt werden konnten. Nachdem dies getan war, meldete
sich der Heerführer zu Wort:
„Meister Thormir. Gestattet mir
die Frage, woher Ihr die Zahl unserer Feinde kennt, da selbst ich von ihr
wusste bis zum heutigen Tage nichts.“
„Sehr gern, Meister Bhelm“,
sprach der Kanzler. „Ich hatte vor etwa einem ganzen Vollmond mehrere Jünger
des königlichen Ordens in den Norden entsendet, um zusätzliche Auskünfte
einzuholen. Die oberste Kommandantin, Kampfmagierin Erthrarca, übergab mir
vorgestern
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