Rätsel um 1: ... das verlassene Haus
der Sohn das Gut übernommen hatte«, erklärte Fräulein Pfeffer. »Sicher haben die Enkelkinder ihre Großmutter gern in diesem hübschen Haus besucht.«
Fräulein Pfeffer und die Kinder saßen in dem gemütlichen Eßzimmer und tranken Tee.
»Es ist wohl schon sehr, sehr alt, nicht wahr?« fragte Dina und betrachtete bewundernd die dicke Eichentäfelung an den Wänden.
»Bestimmt«, sagte Robert, »hast du dir das riesige Treppenhaus angeguckt und die Stiege, die zur Küche führt?«
»Wunderbar zum Versteckspielen!« rief Dina.
»Das Schönste ist mein Schlafzimmer«, schwärmte Robert,
»es ist so gemütlich mit den schrägen Wänden und dem Efeu vor den Fenstern. Stellen Sie sich vor, Fräulein Pfeffer, sie waren so zugewachsen, daß ich eine ganze Menge Ranken abschneiden mußte.«
»Und mir machen die vielen Treppchen und Stufen den meisten Spaß«, rief Dina.
Fräulein Pfeffer lächelte, obwohl gerade ihr die vielen Stufen und Treppchen, die es überall auf den Fluren gab, Kummer machten. Sie war ja so kurzsichtig, und noch nie in ihrem Leben war sie so viel gestolpert wie in diesem Haus. Aber sie würde sich schon noch daran gewöhnen, und die Hauptsache war, daß es den Kindern gefiel.
»Der Tee ist sehr gut«, lobte Robert mit Kennermiene.
»Und der Kuchen erst!« rief Dina. »Haben Sie den gebacken, Fräulein Pfeffer?«
»Aber nein«, sagte Fräulein Pfeffer, »ich bin eine schlechte Köchin. Er ist Frau Runds Werk. Sie wohnt im Dorf und kommt jeden Tag zu uns, um zu kochen und sauberzumachen.«
»Frau Rund?« Dina mußte lachen. »Das ist ein komischer Name.
Ist sie denn auch rund?«
»Nun ja«, lächelte Fräulein Pfeffer, »sie ist nicht gerade dünn.
Ich glaube, der Name paßt ganz gut zu ihr.«
»Versorgen tut sie uns jedenfalls gut«, sagte Dina befriedigt.
»Wenn ich mir die herrlichen Dinge ansehe, die hier auf dem Tisch stehen, weiß ich gar nicht, was ich zuerst essen soll.«
»Am besten alles«, murmelte Robert, »iß doch alles, du Vielfraß.«
»Sagtest du Vielfraß?« Dina war empört. »Bin ich ein Vielfraß, Fräulein Pfeffer?«
»Manchmal ein bißchen, aber Kinder müssen tüchtig essen.«
Fräulein Pfeffers Augen zwinkerten freundlich hinter den Brillengläsern, und Robert mußte über Dinas beleidigtes Gesicht lachen. »Hast du schon den Honig und die selbstgemachte Marmelade probiert?« fragte Fräulein Pfeffer. »Oder nimmst du lieber ein Stück Kirschtorte? Die ist ganz besonders gut.«
»Da ist Dina bestimmt Ihrer Meinung«, grinste Robert, »drei Stück hat sie schon davon gegessen.«
»Hab’ ich auch«, sagte Dina, »das ist endlich einmal eine Kirschtorte, bei der man die Kirschen nicht mit der Lupe zu suchen braucht.«
Robert konnte es nicht lassen, Dina noch ein bißchen zu ärgern.
»Stellen Sie sich vor, Fräulein Pfeffer, mein zartes Schwesterchen kann eine ganze Dose Kondensmilch allein austrinken.«
»Aua!« Dina hatte Robert kräftig auf den Fuß getreten.
»Das konnte ich früher auch«, sagte Fräulein Pfeffer. Die Kinder sahen sie ungläubig an. Sie konnten sich gar nicht vorstellen, daß die alte Erzieherin so etwas jemals fertiggebracht hatte. »Aber nun beeilt euch, ich muß eure Sachen auspacken.«
Dina und Robert liefen hinaus, um sich in der Gegend ein bißchen umzusehen, und Fräulein Pfeffer stand unterdessen fassungslos vor Dinas Koffer. Unter all den Kleidern gab es keines, das nicht Flecke und Risse hatte. Man konnte meinen, Dina würde den ganzen Tag nur auf hohen Bäumen herumklettern. Und als die arme Erzieherin daran dachte, daß sie morgen auch noch Stubs’ Koffer auspacken sollte, graute ihr. Diese Jugend!
»In dem alten Herrenhaus wohnt wohl niemand mehr?« fragte Robert an diesem Abend. »Wir haben es von weitem gesehen, aus den Schornsteinen stieg gar kein Rauch, und es sah alles so tot und verlassen aus.«
»Ich glaube, es ist unbewohnt«, sagte Fräulein Pfeffer, »wo sind denn deine Socken, Robert? Hier auf der Liste steht, daß du acht Paar mitgehabt hast. Ich habe aber nur ein Paar gefunden, und das ist obendrein auch noch zerlöchert und schmutzig.«
»Ich habe auch noch welche an«, sagte Robert eifrig, »das sind dann zusammen schon zwei Paar.«
»Fräulein Pfeffer, dürfen wir uns das Herrenhaus einmal ansehen, da doch niemand darin wohnt?« fragte Dina.
»Im Augenblick nicht«, sagte Fräulein Pfeffer, »Dina, hier auf der Liste steht, daß du vier Blusen mithattest …«
Als Dina das hörte, verschwand
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