Rätsel um 3: ... den unterirdischen Gang
Sie muß jetzt schon sehr alt sein.«
»Sie wohnt im Glockenburger Wald«, sagte Robert.
»Ja«, sagte Fräulein Pfeffer langsam, »wohl in dem Häuschen, von dem ich mir immer vorstellte, Rotkäppchen müßte darin wohnen.«
»Naomi trägt eine rote Kapuze«, rief Dina, »vielleicht hat sie schon eine getragen, als sie noch jünger war. Und Sie sind ihr damals begegnet, Fräulein Pfeffer. Und das hat Sie sicher an Rotkäppchen erinnert.«
Robert wandte sich an Fräulein Hanna. »Wissen Sie etwas über die alte Mutter Barlow, die vor langer Zeit in demselben Häuschen wohnte?«
Sie schüttelte den Kopf und sah ihn verwundert an. »Nicht viel, wie kommst du denn darauf?«
»Wir haben uns heute vormittag mit dem alten Großvater unterhalten, wissen Sie, Frau Holles Großvater.«
»Frau Holle?« sagte Fräulein Hanna verständnislos. »Wer ist denn das?«
»Es wird nicht ihr richtiger Name sein«, lachte Robert, »wir nennen sie nur so, weil sie im ›Haus Holle‹ wohnt. Sie hat einen Großvater, der behauptet, er wäre mehr als hundert Jahre alt. Aussehen tut er übrigens wie zweihundert.«
»Aber Robert!« tadelte Fräulein Pfeffer.
Doch Fräulein Hanna nickte. »Ich weiß, wen du meinst. Seinen richtigen Namen kenne ich nicht, alle sagen Großvater zu ihm.«
»Er heißt Hugh Dourley«, verkündete Stubs. »Und er ist mit den Dourleys aus Schloß Glockenburg verwandt, und er hat uns von Mutter Barlow erzählt. Er hat gesagt, sie wüßte alles über den geheimen Gang, der unter dem Schloß entlangführt.«
Das arme Fräulein Pfeffer verstand nun gar nichts mehr. Sie zwinkerte heftig und überlegte, ob die Kinder sie wieder einmal auf den Arm nehmen wollten. Aber ihre Kusine lachte:
»Ihr habt ja eine Menge herausgefunden in den paar Tagen. Ja, ja, ich erinnere mich, von Mutter Barlow gehört zu haben. Sie lebte ungefähr vor achtzig oder neunzig Jahren, als der Großva ter noch ein Junge war.«
»Dann hat er sie also wirklich gekannt!« rief Dina. »Wie schade, daß sie nicht mehr da ist! Sie hätte uns bestimmt verraten können, wohin der Gang führt. Vielleicht hat sie auch gewußt, wer die Glocken läutete, wenn Gefahr war.«
»Ach, das sind uralte Geschichten, eher schon Legenden«, meinte Fräulein Hanna. »Solange ich lebe, haben sie niemals geläutet, und wenn sie es früher taten, dann bestimmt nicht von selbst. Leute wie die alte Mutter Barlow haben solche Geschichten in Umlauf gebracht. Übrigens sagte man, sie wäre eine Art Hexe.«
»War sie wirklich eine?« fragte Dina. »Oh, Fräulein Hanna, dann ist es auch kein Wunder, daß Naomi ganz grüne Augen hat, giftgrüne, genau wie eine Hexe.«
»Aber Dina! Welche Unvernunft!« Fräulein Pfeffer schüttelte mißbilligend den Kopf. »Das sind selbstverständlich Märchen.
Mutter Barlow war sicher eine nette Frau, die vielleicht etwas von Heilkunde verstand, und das genügte, in einem kleinen Ort wie diesem böse Menschen zu veranlassen, sie in den Ruf einer Hexe zu bringen.«
Dina wurde rot und lachte verlegen. »Ja, ja, ich weiß. Ich könnte nur stundenlang zuhören, wenn man mir so etwas erzählt.«
Robert grinste. »Da warst du ja bei dem Alten gerade an der richtigen Adresse. Stellen Sie sich vor, Fräulein Hanna, sein Großvater hat es noch erlebt, daß die Wölfe im Winter bis zum Schloß kamen.«
»Das ist schon möglich«, nickte sie, »draußen vor der Stadt gibt es eine Schlucht, die Wolfsschlucht heißt, und es wird gesagt, daß die Wölfe sich dort versammelten.«
Dina seufzte. »Ich wünsche, ich könnte eines Morgens aufwachen, und es wäre alles wie damals, und ich könnte …«
»… als Schloßfräulein im Wald Spazierengehen«, ergänzte Stubs genießerisch, »und wenn die Wölfe kämen und du wegrennen wolltest, würdest du dich in deiner ellenlangen Schleppe verheddern und …«
»Ach, sei still«, sagte Dina und fügte träumerisch hinzu, »und dann käme Mutter Barlow vielleicht hier an diesem Fenster vorbei und …«
»… und vielleicht zwei kleine Jungen, der eine mit einer Knopfnase«, grinste Robert.
»Na, wer ist denn das? Na, wer ist denn das?« schrie Stubs.
»Das erratet ihr natürlich nie, es ist … es ist der Großvater mit seinem Bruder Jim. Könnt ihr euch den alten Knaben als kleinen Jungen vorstellen? Ich nicht!«
Alle lachten.
»Und eines Nachts«, flüsterte Stubs mit wildem Blick, »eines Nachts würden die Glocken von alleine läuten, und die Wölfe würden kommen und sich das schöne
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