Rätsel um die alte Villa
Oskar einen markerschütternden Heulton von sich
gab, dem ungeduldiges Kläffen folgte.
Augenblicklich hielt Gaby ihm
die Schnauze zu, und seine Kundgebung dämpfte sich zu schnorchelnden Lauten.
Aber daß jemand im Garten war — zumindest ein Hund — hatte er verraten.
„Los!“ befahl Tarzan und rannte
zur Tür.
Dabei blickte er zu dem Fenster
hinauf, hinter dem er den Lichtschein bemerkt hatte.
Dort erschien ein Gesicht.
Zu erkennen war es nicht in der
Dunkelheit. Wie ein milchiger Fleck schwebte es hinter der Scheibe, an der
keine Gardine war.
Tarzan blieb stehen, starrte
hinauf und hob drohend den Knüppel.
Das Gesicht verschwand, wurde
verschluckt von dem finsteren Hintergrund des Zimmers.
Er hätte nicht sagen können, ob
es ein Mann oder eine Frau gewesen war. Aber — obwohl es schon weibliche
Bankräuber gibt — als Einbrecher sind Frauen immer noch hoffnungslos in der
Minderheit. Folglich handelte es sich höchstwahrscheinlich um einen Mann.
Sie erreichten die wuchtige
Eingangstür, die oben bogenförmig verlief und mit Eisen beschlagen war.
Die Aufregung machte Karls
Finger nervös. Er stocherte am Schloß herum, ließ dann den Schlüssel fallen,
fand ihn nicht sofort und mußte mit der Taschenlampe suchen.
Endlich konnte er aufschließen.
Aber — die Klinke ließ sich
nicht um einen Millimeter bewegen.
„Drinnen ist was unter die Klinke
geklemmt“, sagte Tarzan. „Also doch Einbrecher. Und die haben sich abgesichert.
Verdammt, wie kommen wir jetzt rein?“
„Auf der anderen Seite ist der
zweite Eingang“, sagte Karl. „Ich war noch nicht dort, denn...“
„Tempo!“ Tarzan rannte an der
Rückfront des Hauses entlang.
Hier war der Boden mit Steinen
gepflastert. Alte Wäschepfähle hatten Moos angesetzt. Unter einem verwitterten
Holzdach waren Wäscheleinen gespannt.
Tarzan bog um die Hausecke und
stand vor der weit geöffneten Tür des Hintereingangs.
Er verharrte, faßte den Knüppel
fester und starrte in die Dunkelheit des Hauses. Nichts bewegte sich in der
Finsternis. Kein Laut war zu hören.
Würde er auf die Einbrecher
stoßen, wenn er jetzt eintrat? Oder waren die schon abgehauen?
Ein schmaler Pfad wand sich
durch die Büsche zur Straße. Dort hatte Tarzan vorhin eine Pforte gesehen. Sie
machte den Eindruck, als wäre sie schon seit langem nicht mehr benutzt worden.
„Sind sie weg?“ flüsterte Karl.
Er blieb hinter Tarzan stehen
und hielt seinen Knüppel — abwehrbereit — wie einen Spieß.
„Wahrscheinlich.“
„Dann brauche ich niemanden von
den Beinen zu pusten“, meinte Klößchen und entlockte seiner Fahrradpumpe drei
pfeifende Luftstöße.
Tarzan hob lauschend den Kopf.
„Ich glaube, auf der Straße
läuft jemand. Vielleicht erwischen wir ihn noch.“
Sie preschten über den Pfad. Er
war eng zugewachsen. Zweige peitschten ihre Beine und Körper.
Klößchen fluchte, als er sich
von einem Fliederstrauch eine saftige Ohrfeige einhandelte.
Tarzan erreichte die Pforte.
Sie stand offen. Er sprang auf die Straße und sah gerade noch, wie der Wagen
mit den unterschiedlichen Nummernschildern sich in Bewegung setzte.
Wer darin saß, konnten sie
nicht erkennen — dafür war die Entfernung zu groß.
„Scheibenkleister!“ murmelte
Tarzan. „Da war jemand noch schneller als wir.“
„Ich verstehe nicht“, sagte
Karl, „wieso... warum... Was wollen die in einem völlig leeren Haus?“
„Das werden wir gleich sehen.
Aber erst holen wir Gaby.“
Sie liefen zur Garage zurück,
doch Gaby und Oskar standen jetzt bei den Torpfeilern.
„Ich habe sie gesehen“,
sprudelte sie hervor. „Zwei Männer. Sie trugen Werkzeuge. Hammer und
Brechstange, glaube ich. Sind die geflitzt! Daß ihnen das komische Auto gehört,
habt ihr ja mitgekriegt.“
„Gehören ist gut!“ sagte
Tarzan. „Sie benutzen es. Der Eigentümer hat es wahrscheinlich als gestohlen
gemeldet.“
„Und dieses Lumpenpack“, rief
Karl in einem verspäteten Wutausbruch, „hämmert in unserer Villa herum.
Erwürgen könnte ich die!“
Sie liefen zum hinteren
Eingang, Tarzan und Karl voran. Karl leuchtete mit seiner Lampe.
Wie vermutet: Unter die Klinke
der vorderen Eingangstür war eine Latte geklemmt. Die andere Tür wies
Kratzspuren am Schloß auf. Die Einbrecher hatten einen Dietrich benutzt. Die
Luft roch dumpf — wie das oft ist in leerstehenden Häusern, deren Räume längere
Zeit nicht gelüftet wurden.
Sie gingen durch das
Untergeschoß. Alle Zimmer waren frisch tapeziert,
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