Räuberbier
ist eigentlich bei Ihrer Ermittlung rausgekommen?«
»Nichts«, antwortete ich in Richtung KPD und hoffte, möglichst glaubwürdig zu klingen. »Ich schreibe den Bericht, sobald ich zurückkomme.«
»Denken Sie an meine Statistik!«, kommentierte mein Vorgesetzter mit erhobenem Zeigefinger und sah mich scharf an. »Heute ist schon der 30. Dezember. Wenn Sie bis morgen keine Ergebnisse liefern, verbuche ich den Fall Schönhausen unter Selbstmord. Von Ihnen lasse ich mir meine Erfolgsquote nicht kaputtmachen.«
Damit war das Gespräch beendet. Jutta und Gerhard nutzten die Gelegenheit, ebenfalls das Büro zu verlassen.
»Du willst einen Bericht schreiben?«, fragte Jutta, als wir den Flur entlangliefen. »Weißt du überhaupt, wie das geht?«
Gerhard schnappte vor Lachen nach Luft, wedelte mit seinen Armen und riss dabei fast ein Gemälde von der Wand. Unser Chef hatte jüngst die Flure der Inspektion künstlerisch aufgewertet. »Um die Arbeitsfreude zu fördern«, wie er bei der öffentlichen Vernissage sagte.
»Schreiben war vielleicht etwas zu viel gesagt«, gab ich zu. »Ich werde euch alles erzählen, und du schreibst es dann auf, liebe Kollegin. Mit diesem System haben wir bisher jeden Gauner geschnappt.« Ich ging noch auf einen Sprung mit in Juttas Büro. »Könntet ihr Jürgen bitten, den ehemaligen Klinikchef Ottokar Kleinmacher durch den Computer zu jagen? Ich will alles über ihn wissen. Er scheint mir da ein paar schlechte Angewohnheiten zu haben. Außerdem führt er in seinem Keller dubiose Experimente durch.«
»Dubiose Experimente?«, wiederholte Jutta. »Was haben wir darunter zu verstehen?«
»Keine Ahnung, das hat er mir nicht verraten. Außerdem hat er einen Hund, da könnte sich eine chinesische Großfamilie einen Monat lang von ernähren.«
»Aha«, sagte Jutta, während Gerhard erneut lachte, »deswegen sind die Experimente also dubios. Wir werden sehen, was wir machen können, Reiner. War sonst noch etwas?«
»Ich glaube nicht, dass er mit dem Mord an Schönhausen in Verbindung steht. Trotzdem hat er zweifelsfrei Dreck am Stecken. Nur welchen Dreck, das weiß ich noch nicht.«
»Dann gib doch deinem Studentenfreund einen Tipp. Der findet das bestimmt heraus«, meinte Gerhard in nicht ganz ernst gemeintem Ton.
»Hab ich mir längst vorgenommen«, antwortete ich lässig. »Außerdem ist Becker nicht mein Freund. Ich fahre jetzt zu Ferdinand. Kann sein, dass er meine Hilfe braucht. Wir sehen uns morgen früh wieder, okay?«
»Und was machen wir mit Schönhausen?«, fragte Jutta.
»Selbstmord«, antwortete ich. »Hat KPD selbst vorgeschlagen. Jedenfalls, wenn wir bis morgen keine Spur haben.«
In der Tat waren unsere Ermittlungen in einer Sackgasse angelangt. Wir hatten nicht einmal einen richtigen Ansatzpunkt. Je länger wir suchten, desto mehr Nebenkriegsschauplätze taten sich auf, doch keiner schien für ein Motiv zu taugen. Schönhausen hatte mit Medikamenten gehandelt, wahrscheinlich auch mit Hopfenextrakt. Sein alkoholkranker Bruder wäre unter anderen Umständen erster Mordverdächtiger. Und dann gab es noch die Klinik Lebenswert. Auch dort ging einiges nicht mit rechten Dingen zu. Es war überall das Gleiche: Wo man näher hinschaute, entdeckte man die kleinen oder größeren Geheimnisse seiner Zeitgenossen. Wie regte man sich immer auf, wenn in der Zeitung etwas von einem korrupten Politiker stand, der mal wieder irgendwelche Spendengelder zweckentfremdete oder in die eigene Tasche transferierte. Und schon einen Tag später bescheißt man das Finanzamt mit der eigenen Steuererklärung. Solche Scheinheiligkeiten gab es schon immer, überall und in allen Dimensionen. Wehe, wenn der freie Parkplatz vor dem eigenen Haus durch den Nachbarn belegt war. Ein Nachbarschaftsstreit durch sämtliche Gerichtsinstanzen war die Regel. Doch selbst stellte man seinen Wagen, ohne nachzudenken, beim Einkaufen ins absolute Halteverbot. ›Ich wollte doch nur schnell in die Apotheke‹, lautete dann die Rechtfertigung. Tja, Gesetze waren immer nur für die anderen da. Man selbst durfte sie nach Gutdünken auslegen.
»Kann sein, dass ich morgen früh nicht da bin«, unterbrach mich Gerhard in meinen philosophischen Gedankengängen.
»Hast du Urlaub?«, meinte ich spaßeshalber.
»Vergiss es. KPD hat mich in das neue Projekt gesteckt. Rabattkarten, ihr wisst schon.«
»Sag bloß, er will diesen Schwachsinn wirklich einführen? Reicht das nicht, wenn Metzger diesen Mist macht?«
»Die beiden
Weitere Kostenlose Bücher