Räuberbier
und einem Nadelstreifenanzug, der wahrscheinlich preislich in der Liga von KPDs Anzügen lag. Ich schöpfte Hoffnung, denn er lächelte.
»Sie sind also Herr Palzki«, begrüßte er mich mit festem Handschlag. »Mein Name ist Jürgens, ich bin Geschäftsführer der Eichbaum-Brauerei. Herr Jäger hat mir viel von Ihnen erzählt.«
Hoffentlich nicht zu viel, dachte ich.
Jürgens sprach weiter. »Nur durch Ihren und Herrn Jägers Einsatz ist es gelungen, diesen Hort des Ungeheuerlichen innerhalb des Unternehmens auszuheben. Niemals hätte ich vermutet, dass meine eigenen Mitarbeiter solch eine Verbrechensnatur an den Tag legen. In wenigen Minuten werden wir der Sache ein Ende bereiten und Sie, Herr Palzki, dürfen uns zur Belohnung begleiten.«
Ich sah, wie Bennos Mundwinkel Bodenkontakt suchten und auch sein ewiger Assistent hörte auf, mit dem Kopf zu wackeln.
»Prima«, sagte ich. »Wer ist denn jetzt der Mörder von Fritzl Klein?«
Der Geschäftsführer Jürgens gaffte mich an. »Welcher Mörder?« Er drehte sich zu Benno Ohnenachname. »Haben wir es gar mit Mördern zu tun?«
Fastpensionist Benno beschwichtigte sofort. »Hören Sie nicht weiter hin. Das ist eine Marotte der Pfälzer Polizisten. Bei jeder Kleinigkeit wittern sie immer gleich einen Mord.«
Der Kommissar blickte mich böse an. Am liebsten hätte er mich wohl sofort umgelegt, was durch die vielen anwesenden Zeugen nicht zielführend gewesen wäre, zumindest aber pensionsschädlich. »Klein hat Selbstmord begangen. Das habe ich so in den Akten zementiert. Ich lasse mir doch durch Sie nicht die Statistik verhageln! Und dann noch so kurz vor meiner Pension!«
Na prima. In Ludwigshafen hatten wir keinen Mordfall und in Mannheim gab’s auch keinen. Warum war ich überhaupt in den letzten Tagen im Dienst gewesen?
»Gehen wir«, schlug Jürgens vor. »Sonst machen die Feierabend.«
Zusammen mit Ferdi, dem Geschäftsführer, Benno und ein paar weiteren uniformierten Beamten gingen wir in Richtung Labor, was mich nicht überraschte.
Überrascht waren allerdings die Mitarbeiter. Einem Mann mit einem grauen Afrolook und einem Gorbatschow-Leberfleck auf der Stirn sah man den Schrecken am deutlichsten an. Er drehte sich blitzschnell zu zwei weiteren Kollegen um, die versuchten, in den zweiten Laborraum zu flüchten. Die Beamten der baden-württembergischen Polizei konnten den Plan jedoch vereiteln.
»Guten Tag, Herr Bauer«, begrüßte der Geschäftsführer Jürgens den weiß bekittelten Mann. »Warum sind Sie so nervös? Das kenne ich von Ihnen ja gar nicht.«
»Das ist ja eine Überraschung, Herr Jürgens. Normalerweise melden Sie sich immer an.«
»Oh, tatsächlich. Entschuldigen Sie bitte, das habe ich in der Hektik ganz vergessen.« Für uns fügte er erklärend hinzu: »Herr Bauer ist seit über 20 Jahren unser Laborleiter.«
Ich schaute mich um. Bei Tageslicht, auch wenn es inzwischen in Richtung Dämmerung ging, sah das Labor wesentlich nüchterner aus. Mit den zahlreichen Gerätschaften konnte ich aber nach wie vor nichts anfangen.
Man merkte deutlich, dass Bauer unter ungeheurer Anspannung stand. Er versuchte es durch Lächeln zu kompensieren, was ihn noch schräger wirken ließ.
»Womit kann ich Ihnen helfen, Herr Jürgens? Wenn Sie Fragen haben, komme ich gerne zu Ihnen rüber ins Verwaltungsgebäude.«
Es war zu offensichtlich, dass er uns aus dem Labor rauslocken wollte.
»Ach wissen Sie, Herr Bauer«, meinte Jürgens. »Ich mache gerade einen Rundgang durch die Brauerei. Da dachte ich, dass wir uns auch kurz das Labor anschauen könnten. Würden Sie für uns eine kleine Führung improvisieren?«
Bauers Fingerknöchel waren weiß, so fest drückte er seine Fäuste. Bei ihm ging es um’s Ganze. »Da muss ich Sie leider enttäuschen, lieber Herr Jürgens. Wir sind gerade in einer wichtigen Umstellung, die sehr zeitkritisch ist. Wenn wir das heute nicht schaffen, kann die Tagesproduktion nicht freigegeben werden. Und das ist sicherlich nicht in Ihrem Interesse.«
»Ach kommen Sie, Herr Bauer. Nur fünf Minuten.« Er zeigte auf einen besonders voll gestellten Tisch. »Fangen wir doch da drüben an. Das sieht mir interessant aus.«
Bauer atmete auf. Während wir zu dem Tisch gingen, versuchten die beiden Mitarbeiter von Bauer ein zweites Mal, in den angrenzenden Laborraum zu gelangen.
Jürgens hatte es ebenfalls bemerkt. Sofort wandte er sich von dem Tisch ab. »Gehen wir doch gleich nach hinten«, meinte er. »Dann können wir
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