Räuberbier
sehen, was Ihre Mitarbeiter so Wichtiges zu tun haben.«
Bauer war gebrochen. Er schlurfte zur Tür, ein Entkommen war auszuschließen. Schicksalsergeben betrat er den zweiten Raum. Stumm zeigte er auf ein paar Rollwagen, die in der Ecke standen.
Mein Freund Ferdinand Jäger wurde aktiv. »Da haben wir es ja. Das ist das Corpus Delicti.«
Bauer und seine Mitarbeiter standen in einer Gruppe zusammen. Vielleicht überlegten sie im Moment, unabhängig voneinander, aus dem Fenster zu springen.
Jürgens und Kommissar Benno starrten auf die Apparate. Ferdi erklärte: »Diese Herren haben hier die idealen Voraussetzungen für eine Schwarzbrennerei geschaffen. Damit haben Sie Whisky hergestellt.« Er zeigte auf die Rollwagen.
Benno sah ihn an. »Ich habe das immer noch nicht kapiert. Warum ausgerechnet in einer Brauerei? Das ist doch, vom Alkohol abgesehen, was völlig Unterschiedliches.«
»Nur auf den ersten Blick«, konterte mein Freund. »Whisky wird aus Wasser, gemälzter Gerste und Hefe hergestellt. Kommt Ihnen das bekannt vor? Es sind die gleichen Zutaten wie beim Bier, wenn man den Hopfen mal außen vor lässt.«
In Bennos Kopf klickte es. »Okay. Aber warum gerade an solch einem halböffentlichen Ort? Das macht man doch besser daheim im stillen Kämmerlein.«
Ferdinand war in seinem Element. »Guten Whisky herzustellen ist sehr schwierig. Das Wasser muss eine hervorragende Qualität haben, so wie hier in der Brauerei. Und nur die besten 20 Prozent einer Gerstenernte eignen sich für einen Whiskey. Sie sehen, auch hier ist unsere Brauerei mit den qualitätsgesicherten Einkaufsrichtlinien klar im Vorteil. Von der Hefe ganz zu schweigen. Es gibt etwa tausend Hefearten. Nur die wenigsten eignen sich zur Whiskyherstellung. Am häufigsten wird eine Kreuzung zwischen Brauhefe und Zuchthefe genommen.«
Auch ich zählte zu den Überraschten. Eine Schwarzbrennerei hätte ich nicht erwartet. Meine Vermutung ging bisher eher in die Richtung, dass Laborleiter Bauer und seine Mitarbeiter mit dem Professor aus Kleinkarlbach gemeinsam verrückte Experimente durchführten. Ich wusste, dass es bis auf diesen verdammten Hopfenextrakt in Schönhausens Wohnung keine direkte Verbindung zur Brauerei gab. Und dennoch war ich mir inzwischen sicher, dass es eine Verbindung geben musste.
Ich versuchte einen Bluff und wandte mich an Bauer. »Was haben Sie mit dem vielen Hopfenextrakt gemacht, den Sie abgezweigt haben?«
Alle Anwesenden schauten ungläubig.
Jürgens hakte nach. »Haben Sie auch mit Hopfen gehandelt?«, fragte er seinen Laborleiter.
Bauer schüttelte den Kopf. »Nein, das haben wir nicht. Wir haben nur ab und zu kleinere Mengen davon abgezweigt, um Schnaps zu brennen, für die Geschmacksbereicherung. Aber nur für den Eigenbedarf, das müssen Sie uns glauben. Verkauft haben wir den Schnaps nicht.«
»Ich glaube Ihnen alles«, konterte ich sarkastisch. »Sie sind bestimmt nur zufällig in die Sache hineingestolpert.«
»Herr Bauer hat recht«, unterbrach Ferdi. »Auch mein Verdacht ging anfangs in Richtung Hopfen. Ich habe das inzwischen überprüft, ich kenne da eine nette Kollegin in der Einkaufsabteilung. In den letzten Jahren wurde der komplette Hopfenextrakt registriert und stimmt mit dem Verbrauch und dem Lagerbestand überein. Es gibt keinen Hinweis auf Fehlmengen. Kleinste Mengen natürlich ausgenommen.«
»Und wenn der Braumeister einfach weniger von dem Zeug nimmt und mehr in die Listen einträgt, als er verbraucht hat?«
»Was soll ich gemacht haben?« Von uns unbemerkt war Michael Panscher ins Labor gekommen, er sah irgendwie gehetzt aus.
»Jemand hat mir gesagt, dass Polizei im Hause ist.« Er nickte Herrn Jürgens zur Begrüßung zu. »Habe ich richtig gehört? Ich soll Hopfen beiseite geschafft haben?«
»Nein, nein«, wiegelte Ferdinand ab. »Das war nur ein dummer Gedanke von Herrn Palzki. Deine Listen sind in Ordnung, ich habe sie kontrolliert.«
»Du hast was?« Panscher reagierte wütend. »Wieso hast du mich kontrolliert? Dafür haben wir eigenes Personal! Selbstverständlich habe ich nur den Hopfen aufgeschrieben, den ich zum Brauen benötigt habe.«
Der Braumeister war außer sich. Um sich abzureagieren, schaute er sich im Labor um. »Was ist das?«, rief er plötzlich. »Das gibt’s doch gar nicht!«
Herr Jürgens mischte sich ein. »Sie haben etwas entdeckt, Herr Panscher?«
»Aber ja doch. Schauen Sie mal auf diese Tische. Das ist eine Geheimbrennerei. Wer ist dafür
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