Räuberbier
waren lange zusammengesessen«, sagte Gerhard. »Es würde mich nicht wundern, wenn er in der nächsten Zeit mit diesem Notarzt eine Kooperation eingeht.«
»Finde ich gut. Das hätte präventiven Charakter. Keine Sau würde mehr zu schnell oder unter Alkoholeinfluss fahren, wenn er weiß, dass Doktor Metzger einen Exklusivvertrag für die Erstversorgung nach einem Unfall hat.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher, Reiner«, antwortete Jutta. »Metzgers Geschäfte gehen gut. Die Leute wollen Geld sparen, koste es, was es wolle.«
»So weit ist es ja noch nicht«, mischte sich Gerhard ein. »Es geht bei dem Rabattkartenprojekt erstmal um eine Testphase. KPD will Bürger mit viel Freizeit, also Rentner und so, als freiwillige und ehrenamtliche Verkehrsüberwacher einstellen. Die sollen sich dann an strategisch günstigen Punkten positionieren und alle Autofahrer fotografieren, die nicht angeschnallt sind, beim Fahren telefonieren oder ohne zu blinken aus dem Kreisel fahren.«
Ich glotzte meinen Kollegen an. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
»Meinst du, KPD macht Späße? Für jeden erwischten Verkehrsteilnehmer bekommt der Freiwillige zehn Prozent der Buß- oder Verwarnungsgelder. Ab einem gewissen Umsatz steigt der prozentuale Anteil. Um Missbrauch zu vermeiden, wird das Geld aber nicht direkt ausgezahlt. Die Teilnehmer bekommen Rabattcoupons, die sie bei eigenen Verkehrsverstößen einlösen können. Wenn der Versuch klappt, will KPD die Sache weiter ausbauen. Die Freiwilligen sollen dann zum Beispiel überprüfen, ob alle Autofahrer an den Zebrastreifen halten. Aus Sicherheitsgründen soll das aber nur von Rentnern gemacht werden.«
Ich schluckte. Unser Chef plante, das Verkehrsrecht zu revolutionieren. Mir konnte da freilich nichts passieren, da ich mich immer, na ja, fast immer, an die geltenden Verkehrsregeln hielt. Meistens jedenfalls.
Ich verabschiedete mich von meinen Kollegen und fuhr nach Mannheim. Vorher musste ich noch eine kleine Zeugenbefragung im Schifferstadter Imbiss Caravella durchführen. Das Ergebnis meiner Befragung lautete, dass der Imbiss genügend Pommes mit Mayo vorrätig hielt. Gewissenhaft wie ich war, bestellte ich aus Beweissicherungsgründen zwei extragroße Portionen und überprüfte diese auf geschmackliche Eigenschaften. Ich war mit dem Resultat meiner Erhebung zufrieden, mein Magen hatte das Knurren vorläufig eingestellt. Die Literflasche Cola-light hatte ich bis zur Ankunft in der Eichbaum-Brauerei getrunken, wodurch ich mit einem fürstlichen Sodbrennen belohnt wurde. Als Experte ersten Ranges bezüglich Sodbrennenarzneimittel konnte mich das keineswegs schocken.
Ich benutzte dieses Mal nicht die Lkw-Einfahrt, sondern nahm den offiziellen Besuchereingang am Verwaltungsgebäude. Die mir bisher fremde Dame am Empfangsschalter wusste nicht so recht, was sie mit mir anfangen sollte.
»Tut mir leid, ich kann Sie nicht zu Herrn Jäger lassen, er ist in einer wichtigen Besprechung.«
Mit Empfangsdamen hatte ich meine Erfahrungen. Man musste eine starke emotionale Bindung eingehen, um das Gewünschte zu bekommen, sonst würde die mit Sicherheit geschulte Dame auf stur schalten. Mit meinem imposanten psychologischen Einfühlungsvermögen hatte ich bisher auch diese schwierigen Hürden stets gemeistert. Ich hielt ihr meinen Dienstausweis unter die Nase und hoffte, dass sie das Bundesland nicht wahrnahm. Oder gleichzeitig eitel und weitsichtig war. Sie trug nämlich keine Brille.
»Polizei?«, fragte sie und die trennende Wand zwischen uns beiden stürzte ein. »Gehören Sie zu den anderen?«
»Ja, selbstverständlich. Ich habe mich etwas verspätet. Wo finde ich die anderen?«
Die Dame war zufrieden, ich war zufrieden. Hoffentlich waren die anderen die anderen, die ich vermutete. Wenn es andere andere waren, müsste ich eben improvisieren.
Ich hatte Glück. Die Empfangsdame führte mich in ein Besprechungszimmer. Ich erkannte Ferdinand und nickte ihm zu. Wie vermutet, saß auch dieser Benno Sonst-wie in dem Raum. Er stand polternd auf, dabei fiel krachend sein Stuhl um.
»Schon wieder Sie!«, schrie er und seine Gesichtsfarbe steigerte sich ins Schweinchenrosa. »Habe ich niemals vor Ihnen Ruhe? Welches Märchen wollen Sie mir heute erzählen? Wieder irgendwelche Werbeaktionen? Ihr Freund hat uns alles gebeichtet.« Er zeigte auf Ferdinand Jäger, der stumm dasaß.
Ein zweiter Mann stand auf. Er war ein typischer Managertyp mit kurzen, gestylten Haaren, glatt rasiertem Kinn
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