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Rage Zorn

Rage Zorn

Titel: Rage Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Vergangenheit auch zu vergessen versuchte, ihre Gedanken kehrten immer wieder zurück. Zu jener Nacht.
    Â 
    Achtzehn Stunden, nachdem Mr Dorrie seine drei Kinder zu Waisen gemacht hatte, indem er erst seine Frau und anschließend sich selbst umgebracht hatte, erschien Dean an ihrer Tür.
    Er kam unangekündigt, was ihm sichtlich unangenehm war. »Bitte entschuldige, Paris. Ich hätte nicht unangemeldet hier aufkreuzen dürfen«, sagte er, sobald sie die Tür aufzog.
    Er sah aus, als hätte er sich in den letzten achtzehn Stunden nicht ein einziges Mal hingesetzt und schon gar nicht geschlafen. Seine Augen lagen tief eingesunken in den dunklen Ringen, die sie umgaben. Sein Kinn war mit Stoppeln überzogen.
    Paris hatte ebenfalls kaum Ruhe gefunden. Fast den ganzen Tag hatte sie in der Nachrichtenredaktion zugebracht, wo sie für die abendliche Hauptnachrichtensendung an einer Zusammenfassung der Ereignisse gearbeitet hatte.
    Tragischerweise war es keine wirklich einmalige Story. Ähnliche Vorfälle hatte es schon mehrfach an den verschiedensten Orten gegeben. Sogar in Houston war so etwas schon einmal passiert. Aber noch nie war es ihr passiert. Noch nie hatte sie eine solche Tragödie aus dieser Nähe verfolgt. Am Tatort zu stehen und alles mitzuerleben war etwas anderes, als in der Zeitung darüber zu lesen oder es mit halbem Ohr in den Nachrichten zu hören, während man mit den Gedanken woanders war.
    Selbst ihr sonst so abgebrühter Kameramann hatte mitgenommen gewirkt. Seine lässige Attitüde war in sich zusammengefallen, als sie mit ihrem Ü-Wagen dem Krankenwagen hinterhergebraust waren, der die zwei Leichen ins städtische Leichenschauhaus brachte.

    Aber niemand unter denen, die dabei gewesen waren, nahm sich die Tragödie so zu Herzen wie Dean. Als Paris ihn hereinbat, stand ihm die Verzweiflung tief ins Gesicht gegraben. »Kann ich dir was anbieten? Einen Drink vielleicht?«
    Â»Danke.« Er ließ sich schwer auf ihr Sofa fallen, während sie ihm und sich einen Bourbon einschenkte. Dann reichte sie ihm das Glas und setzte sich neben ihn. »Halte ich dich von irgendwas ab?«, fragte er benommen.
    Â»Nein.« Sie fuhr mit der Hand viel sagend über ihren weißen Frotteebademantel. Ihr Gesicht war abgeschminkt; die Haare hatte sie nach einem langen, heißen Bad an der Luft trocknen lassen. Normalerweise sah er sie nicht so, aber sie machte sich keine Gedanken über ihr Aussehen. Vieles, was ihr vor vierundzwanzig Stunden noch wichtig erschienen war, war zur Bedeutungslosigkeit verblasst.
    Â»Ich weiß nicht, warum ich hergekommen bin«, sagte er. »Ich wollte keinesfalls unter Menschen sein. Aber ich wollte auch nicht allein sein.«
    Â»Ich kann es dir nachfühlen.«
    Sie hatte sich von Jack einen Abend allein erbettelt. Er hatte sich alle Mühe gegeben, sie aufzuheitern und sie vergessen zu lassen, was sie gesehen hatte. Aber sie war noch nicht so weit, sich aufmuntern zu lassen. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken. Außerdem war sie völlig erschöpft. Ins Kino oder auch nur in ein Restaurant zu gehen erschien ihr so abwegig wie ein Flug zum Mond. Selbst das Geplauder mit Jack hätte Kräfte erfordert, die sie einfach nicht aufbrachte.
    Dean schien auch nicht zum Plaudern gekommen zu sein. Nach seinen eröffnenden Sätzen saß er nur noch schweigend da, starrte vor sich hin und nippte in regelmäßigen Abständen an seinem Highball-Glas. Er füllte das Schweigen nicht mit belangloser Konversation. Jeder wusste genau, wie hundeelend sich der andere nach dem grausigen Ende der Geiselnahme fühlte. Sie vermutete, dass er es genau wie sie einfach tröstlich fand, mit jemandem zusammen zu sein, der die Tragödie miterlebt hatte.

    Er brauchte eine halbe Stunde für seinen Bourbon. Schließlich stellte er das leere Glas auf den Tisch, starrte mehrere Sekunden darauf und sagte dann: »Ich sollte jetzt gehen.«
    Aber sie konnte ihn unmöglich gehen lassen, ohne ihm in irgendeiner Weise Trost gespendet zu haben. »Du hast alles versucht, Dean.«
    Â»Das sagen sie alle.«
    Â»Weil es stimmt. Du hast dein Bestes gegeben.«
    Â»Mein Bestes war aber nicht gut genug, oder? Zwei Menschen sind gestorben.«
    Â»Aber drei haben überlebt. Wenn du nicht gewesen wärst, hätte er wahrscheinlich auch seine Kinder umgebracht.«
    Er nickte, aber er wirkte nicht überzeugt. Sie

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