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Rain Song

Rain Song

Titel: Rain Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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den Schlüssel gefunden?«
    Greg nickte. »Bill Lighthouse, unser Sheriff, hat ihn aus dem Wasser geholt. Ihre Tasche steht vor dem Badezimmer.«
    Er gab ihr den Schlüssel und sie bedankte sich. Dann verschwand sie im Bad, um sich umzuziehen. Greg stand noch einen Moment unschlüssig vor dem Kamin. Schließlich gab er sich einen Ruck und ging hinauf in die Küche.
    Ich muss wissen, was du hier willst.
    Als Hanna in dunkelbrauner Jeans und einem beigen Baumwollpullover in die Küche trat, sah Greg kurz von seiner Arbeit auf. Er hantierte mit einem scharfen Messer, umgeben von einem Geruch nach Meeresfrüchten und Knoblauch. Er war sich der wachsamen Augen, die ihn beobachteten, sehr bewusst.
    »Essen Sie Muscheln?«, fragte er und sah Hanna so offen wie möglich ins Gesicht. Sein Blick blieb an ihrem schweren Haar haften, das ihr jetzt – nachdem es trocken und gekämmt war – in großen Locken auf die Schultern fiel und in einem erstaunlichen Kupferton schimmerte. Eine solche Haarfarbe hatte Greg noch nie gesehen. Sie verstärkte das Farbenspiel von Hannas Augen. Die Iris war kristallklar und hatte jetzt die Farbe von trockenem Moos. Einem Grün, dem er nicht traute.
    »Ja, sehr gerne«, erwiderte sie verlegen. »Sie sind sehr gastfreundlich.«
    Greg kniff die Lippen zusammen. Er bemerkte, dass es ihr unangenehm war, so angestarrt zu werden. Aber das sollte es auch.
    »Kann ich vielleicht helfen?«, fragte Hanna und nahm ihr Haar im Nacken mit einem Gummiband zusammen.
    Greg nickte. »Die Kartoffeln müssen geschält werden und der Zwiebellauch klein gehackt. Um alles andere kümmere ich mich selbst.«
    Während Hanna Kartoffeln schälte, spürte sie ihren Magen rumoren. Hin und wieder warf sie Greg einen verstohlenen Blick zu. Inzwischen war unverkennbar, dass sich sein Verhalten ihr gegenüber verändert hatte. Sie konnte nicht genau benennen, was es war und wann es angefangen hatte. Greg schien befangen zu sein, oder schlimmer: verärgert.
    Es lag nicht so sehr an dem, was er zu ihr sagte, doch seine Bewegungen drückten Unmut aus und in seinen dunklen Augen war etwas, das sie nicht auf Anhieb verstand.
    Trotz seiner Einladung zum Essen beschlich Hanna das ungute Gefühl, in Gregs Haus nicht mehr willkommen zu sein.
    »Hab ich was falsch gemacht?«, fragte sie und hielt einen Moment inne.
    Brüsk nahm er ihr die geschälte Kartoffel aus der Hand. »Nein.«
    Mit dem Handrücken schob sich Hanna eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn. »Ich rede nicht von den Kartoffeln. Sie sind verändert, Greg, seit Sie wieder zurück sind. Was ist dort am Kap passiert?«
    Greg trocknete seine nassen Hände an seiner Jeans ab und sah sie an. Seine Gefühle abgeschirmt hinter einem Blick, der keine Deutungen zuließ. »Weshalb sind Sie nach Neah Bay gekommen, Hanna? Was suchen Sie hier?«
    Hanna stockte der Atem. Die Frage war falsch gestellt. Es ging nicht darum, was sie hier suchte, sondern wen.
    Greg war misstrauisch geworden. Sie kannte ihn überhaupt nicht und wusste nicht, ob sie ihm vertrauen konnte. Unbehagen machte sich in ihr breit.
    Sag irgendetwas, dachte sie.
    »Ich war vor ein paar Jahren schon einmal hier in Neah Bay«, begann sie zögernd. »Die Gegend gefiel mir. Ich bin wiedergekommen, weil ich sehen wollte, ob sich etwas verändert hat.« Sie nahm sich eine neue Kartoffel und begann zu schälen, um seinem bohrenden Blick auszuweichen.
    »Und?«, fragte Greg. »Hat sich etwas verändert?«
    Hanna hob die Schultern. »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich bin ja erst heute Morgen angekommen und hatte noch keine Gelegenheit, es herauszufinden. Ich weiß nur eins: dass Cape Flattery jetzt über einen soliden Steg zu erreichen ist und ein Geländer hat, gegen das man sich lieber nicht lehnen sollte.«
    Greg erwiderte nichts. Die Linien auf seiner Stirn verhärteten sich. Stumm wandte er sich seinen Muscheln zu und warf sie in die Pfanne mit zerlassener Knoblauchbutter. Das Fett spritzte.
    Hanna ließ nicht locker. »Warum sind Sie wütend auf mich, Greg? Ich verstehe das nicht.«
    Er drehte sich um. Seine Rechte war zur Faust geballt, als er sie langsam auf den Tisch legte. Die Geste hatte etwas Bedrohliches an sich und seine Augen funkelten ärgerlich, als er sagte: »Sie verschweigen mir etwas.«
    Das Blut schoss Hanna ins Gesicht und sie wandte sich ab. Greg schien ein feines Gespür für Dinge zu haben, die jenseits des Offensichtlichen lagen. Er nahm ihr nicht ab, dass sie in Neah Bay einfach nur

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