Rain Song
flattern, als sie unter der glatten Haut seine raschen Herzschläge spürte.
Joey nahm Grace an der Hand. »Komm«, sagte er, »ich weiß eine Stelle am Waldrand, wo das Gras weich ist.«
Er hatte recht. Ein kleiner Fleck weichen Grases wartete auf sie. Gerade groß genug für zwei Liebende. Wann hatte er diese Stelle entdeckt? Gerade eben oder schon vor einer Weile?
Auf einmal wurde Grace mulmig zumute.
»Ich liebe dich«, sagte Joey und küsste sie wieder. Seine Hände glitten unter ihr T-Shirt und berührten ihre Brüste, ganz sanft. Grace atmete hörbar ein und ihr Körper versteifte sich. Die Warnungen ihrer Großmutter kamen ihr wieder in den Sinn. »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte er in seiner gewohnt ernsten Art. »Ich kann warten.«
»Nein«, sagte Grace hastig. »Ich will es auch.« Hunderte Male hatte sie es sich vorgestellt und nun würde sie nicht kneifen. Sie zog ihre Shorts und ihr T-Shirt aus und setzte sich ins Gras.
Joey starrte sie an und für einen Augenblick schien er unsicher, was er als Nächstes tun sollte. Hatte er etwa auch Angst? Schließlich setzte er sich neben sie.
Von Joey sanft in die warmen Grasbüschel gedrückt, entspannte sich Grace. Sie vertraute ihm und sie hatte sich lange überlegt, ob das, was sie tun wollten, auch richtig war. Mit ihrer Mutter hatte sie nie über diese Dinge reden können und ihre Urgroßmutter hatte ihr bloß Angst gemacht. Sie hatte ihre Entscheidung allein getroffen.
Mit leicht geöffneten Lippen wartete Grace, während Joeys Hände sich sanft über ihre Brüste bewegten. Ihre Glieder wurden schwer und wehrlos und in ihrem Schoß breitete sich ein wohliges Gefühl aus.
Auf einmal schien Joey es eilig zu haben. Nervös nestelte er an seiner Jeans und streifte sie hastig ab. Bevor er sich anschickte, seine Unterhosen auszuziehen, glitt sein Blick noch einmal versichernd durch das Laub des Dickichts, das sie umgab. Grace lauschte versonnen dem Säuseln des Windes in den Bäumen über ihnen.
Plötzlich erstarrte Joey und seine Augen wurden immer größer. Er sprang auf und stieß einen ungläubigen Laut aus. Etwas entfernte sich lautlos. Grace bedeckte erschrocken ihre bloßen Brüste mit den Armen und sah ihn fragend an.
»Da war jemand«, flüsterte Joey kläglich.
Hastig schlüpften sie in ihre verstreut herumliegenden Kleider. »Wer soll das gewesen sein?«, fragte Grace.
»Ich weiß nicht«, erwiderte er, »aber was es auch war, ich habe ihm direkt in die Augen gesehen.«
Grace stieß ein unsicheres Lachen aus. »Das meinst du doch nicht ernst?«
Gekränkt blickte Joey sie an. »Du glaubst mir nicht, oder?«
»Doch.« Grace gab ihm einen Kuss, um ihn zu besänftigen.
»Aufgeschoben ist nicht aufgehoben«, sagte er und mühte sich um ein Lächeln.
Als Greg gefahren war, machte Hanna sich etwas zu essen und brach danach zu einem Strandspaziergang auf. Der Strand gehörte ihr alleine. Das Meer war weit zurückgewichen und die dunklen Felsnadeln vor der Küste ragten hoch auf. Möwen kreisten über dem flachen Wasser und stießen urplötzlich herab, um sich kleine Fische oder Krabben zu holen, die sie dann auf den Klippen verspeisten. Mit einem Stock malte Hanna Silben in den Sand. Der Wind strich über sie hinweg und formte Worte in einer fremden Sprache daraus.
Hanna dachte an jenen Tag zurück, als Jim sich das erste Mal vor ihr ausgezogen hatte. Wie sehr sie ihn begehrt hatte. Seine starken Hände hatten sie berührt, als wäre sie ein Stück Holz, das zum Leben erweckt werden müsse. Eine Kunst, die er perfekt beherrschte. Sie sprachen kein Wort, als sie sich liebten. Daran änderte sich auch später nie etwas. Als ob das Schweigen die einzige Sprache war, in der Jim sich offenbaren konnte. Und was er ihr jenseits der Worte zeigte, würde niemand ihr nehmen können, egal, wie diese Geschichte ausging.
Sie hatte gehofft, ihn glücklich zu machen, allein durch ihre Anwesenheit und ihre Liebe. Aber Jim war oft depressiv gewesen, traurig und abwesend. Als Hanna begriff, dass er vor Heimweh krank gewesen war, hatte sie beschlossen, mit ihm zu gehen, wenn seine Arbeit am Pfahl beendet war. Es hatte ein paar Tage gedauert, bis er ihr seine Freude darüber zeigen konnte. Irgendetwas hatte ihn immer noch bedrückt.
Hanna fröstelte, und als sie einen Blick in den Himmel warf, sah sie, dass sich dunkle Wolken vor die Sonne geschoben hatten. Dumpfes Grollen am Horizont kündigte ein Gewitter an. Sie machte sich auf den Weg zurück zum
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