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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Sintara suchte sich den dritten Karren aus und stieß Ranculos zur Seite, um die Beute für sich zu beanspruchen. Dieser brüllte zwar drohend, entschied sich aber schnell für den vierten Karren. Wie jedes Mal hasteten die Menschen sogleich wieder in den Schutz der Bäume zurück. Erst, wenn jeder Drache seine Mahlzeit beendete hatte, holten sie ihre Karren und schoben sie wieder davon.
    Sintara grub ihre Schnauze in das aufgetürmte Aas. Das Fleisch war trocken und steif. Wahrscheinlich war das Wild bereits vor einem oder zwei Tagen erlegt worden. Es verströmte einen strengen Geruch, der Sintara aber nicht weiter störte. So schnell wie möglich riss sie Stück um Stück heraus und verschlang es. Obwohl jeder Drache seinen eigenen Karren hatte, kam es öfter vor, dass man um die letzten Bissen kämpfen musste, wenn ein anderer seine Portion schon eher aufgegessen hatte.
    In ihrer Hast stieß sie den Karren um, sodass die letzten Fleischstücke herauskullerten. Nun klebte Staub an dem letzten Stück Flusskarpfen, und Sintara musste den Kopf schütteln, um das Kitzeln im Hals zu unterdrücken und es hinunterzuwürgen. Ohne auf die anderen zu achten, ging sie zur Tränke. Das Wasser, das seitlich in das Loch hineinsickerte, war weniger ätzend als das des Flusses. Sie tauchte die Schnauze hinein und nahm einen tiefen Schluck. Dann hob sie den Kopf, reckte die Nüstern in die Luft und schluckte. Noch immer steckte der Fisch in ihrer Kehle. Noch ein ordentlicher Schluck, und schließlich rutschte er hinunter. Erleichtert stieß sie einen Rülpser aus. Erschrocken fuhr sie zusammen, als sie jemand ansprach: »Ist alles in Ordnung mit dir? Es sah so aus, als würdest du ersticken.«
    Langsam ließ Sintara den Blick nach unten gleiten. Neben ihrer Schulter stand ein mageres Regenwildmädchen. Im Sonnenlicht glitzerte der Anflug von Schuppen auf ihrer Wange. Ohne dem Menschenmädchen zu antworten, drehte Sintara den Kopf, um die Uferfläche zu betrachten. Noch immer drängten sich einige der Menschen bei den kleinen Booten, doch einige hatten sich von der Gruppe gelöst, um sich unter die Drachen zu mischen. Sintara richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Mädchen, das sie angesprochen hatte. Es reichte ihr kaum bis zu den Schultern und roch nach Holzfeuer und Angst. Sintara öffnete das Maul und sog tief Luft ein, um die Witterung des Mädchens zu erfassen. Dann atmete sie aus und sah, wie das Mädchen zusammenzuckte, als ihr Odem an ihr vorbeiwehte. »Warum fragst du?«, wollte sie wissen.
    Das Mädchen antwortete nicht. Stattdessen deutete es auf den Wald und sagte: »Als du geschlüpft bist, war ich hier. Oben, auf einem Baum. Ich habe zugesehen.«
    »Ich bin hier nicht ›geschlüpft‹, sondern meiner Hülle entstiegen. Weißt du so wenig über Drachen, dass du den Unterschied nicht kennst?«
    Das Gesicht des Mädchens wechselte Farbe und Temperatur, da ihm das Blut hineinschoss. »Ich weiß sehr wohl etwas. Ich weiß, dass die Drachen ihr Leben als Seeschlange beginnen, die an einem weit entfernten Strand ausgebrütet werden. Dass ich ›schlüpfen‹ gesagt habe, war ja nur eine Redensart.«
    »Ein sorgloser Gebrauch der Worte«, stellte Sintara richtig.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte sich das Mädchen.
    »Es tut mir leid«, beeilte sich Thymara zu sagen. Die Drachin schien sehr reizbar zu sein. Vielleicht war ihre Wahl ein Fehler gewesen. Sie sah zu Tats hinüber, der sich einer kleinen, grünen Drachin näherte. Das Wesen schenkte ihm keine Beachtung; erst als er zu nahe an den Futterkarren kam, fauchte es ihn bedrohlich an. Rapskal hatte den Arm bereits um eine kleine rote Drachin geschlungen. Als er anfing, sie ein Stück unterhalb des Nackenkamms zu kraulen, schmiegte sie sich schnurrend an ihn. Jetzt erst erkannte Thymara, dass er sie in Wirklichkeit von einer ganzen Kolonie Ungeziefer befreite. Während er fleißig ihre Schuppen kratzte, regneten winzige Insekten mit langen Beinen zu Boden.
    Die meisten Drachenhüter drückten sich noch immer bei den Booten herum und sahen bloß zu. Sobald die Boote am Ufer angekommen waren, hatte Greft verkündet: »Der große Schwarze gehört mir. Ihr wartet erst einmal ab und gebt mir Gelegenheit, mit ihm zu reden, bevor ihr zu den anderen geht.«
    Manche ließen sich vielleicht davon beeindrucken, dass Greft sich als der Anführer aufspielte, aber nicht Thymara. Sie hatte die Drachin, für die sie zuständig sein wollte, bereits ausgemacht. Sie war leuchtend

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