Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter
erinnern sie sich an die Drachen, die sie eigentlich sein sollten. So ungern ich es zugebe, aber Händlerin Polsk hat recht. Dort, wo sie sind, waren und sind sie in einem elenden Zustand. Ich habe mein Bestes getan, sie oft zu besuchen, und ich weiß, welche Steine man jenen in den Weg legte, die unserem Handel mit Tintaglia treu bleiben wollten. Diese Dinge entgehen mir nicht. Ich wünschte mir nur, es wäre zu einem erfreulicheren Ende gekommen. Ich wünschte, ich könnte sie begleiten und dafür sorgen, dass sie sich sicher an einem besseren Ort einleben. Aber ich kann nicht.«
Sie klang so niedergeschlagen, dass sich Alise fragte, ob sie krank war. Doch dann legte die Elderlingsfrau mit jener unverwechselbaren Geste einer schwangeren Frau die Hände auf den Bauch. Anscheinend ging ihr das Wohlergehen ihres Kindes über alles. Für Alise war es, wie wenn der letzte fehlende Mosaikstein an seinen Platz fand. Die Umstände waren genau richtig. Wenn das keine Vorsehung war, dann sah es ihr doch zum Verwechseln ähnlich.
»Ihr könnt nicht, aber ich«, sagte sie laut und deutlich. In einem Atemzug bot sie ihre Hilfe an und ergriff eine Gelegenheit. »Ich bin bereit, mit ihnen zu reisen und mein Wissen über die Drachen einzusetzen, um ihnen auf jede Weise, die mir zur Verfügung steht, zu helfen. Ich möchte sogar nur allzu gerne mitkommen, um alles über sie zu erfahren, was ich erfahren kann, und sie zu beobachten. Und ich muss gestehen, auch in der kühnen Hoffnung, dabei zu sein, falls und wenn Kelsingra wiederentdeckt wird. Lasst mich mitgehen.«
Ihre Worte trafen auf Schweigen, doch es war ein mehrdeutiges Schweigen. Malta sah sie an, als wäre die Erlösung vom Himmel herabgekommen. Händlerin Polsk wirkte fasziniert. Zwei der Konzilsmitglieder betrachteten sie mit erschreckter Miene und offensichtlichem Missbehagen. Ihr Bauchgefühl sagte Alise, dass diese beiden schon zuvor einen Hinweis erhalten hatten, dass Kelsingra wirklich existierte und dass man dort wertvolle Schätze der Elderlinge entdecken konnte. Ohne es zu ahnen, hatte sie den beiden einen Strich durch ihre geheimen Pläne gemacht. Dieser Gedanke feuerte sie an, und sie sagte zu Malta: »Sollte Kelsingra entdeckt werden und nicht völlig zerstört sein, wäre es die wichtigste Quelle, um das Zusammenleben von Drachen und Elderlingen zu erforschen. Die Rätsel, die in Trehaug und Cassarick ans Tageslicht gekommen sind, könnten in Kelsingra gelöst werden.«
»Solche Dinge sollten aber gewiss von den Händlern der Regenwildnis erörtert werden«, warf einer der beiden Männer am Tisch ein.
»Solche Dinge gehen die Drachen und Elderlinge an«, widersprach Malta.
»Der erste Schritt ist es, die Stadt zu finden. Und die Drachen in Sicherheit zu bringen.« Leftrin grinste bis über beide Ohren. Er trat zu ihr ins Licht und stellte sich neben sie. »Wenn die Dame gerne mitkommen möchte, um ihre Studien der Drachen fortzusetzen, dann bin ich ebenso gerne bereit, sie mitzunehmen.« Als die Grauhaarige sich vorbeugte, als wolle sie einen Einwand vorbringen, setzte Leftrin nüchtern hinzu: »Um genau zu sein, möchte ich es zur Bedingung dafür machen, dass ich den Frachtvertrag annehme.« Forsch wandte er sich zu Malta um und deutete eine Verbeugung an. »Vielleicht sollten wir es Malta Khuprus überlassen. Sie schlug vor, dass die Drachen einen Repräsentanten haben sollten. Mir scheint, eine Drachenexpertin an Bord zu haben, ist gar keine dumme Idee.«
Malta lächelte ermattet. Dann wandte sie sich an die Versammlung am Tisch. »In dieser Sache spreche ich für Tintaglia.« Ihr Blick ging zu Alise, und ihr Ausdruck hatte etwas Unwiderstehliches. »Wenn Alise Finbok willens ist, mitzugehen, dann bin ich bereit, sie als unvoreingenommene Sachverständige, die zum Wohl der Drachen handelt, anzuerkennen.« Noch bevor die Worte gesprochen waren, nickte Alise zustimmend.
Vierter Tag des Kornmonds
Vierter Tag des Kornmonds
IM SECHSTEN JAHR DES UNABHÄNGIGEN HÄNDLERBUNDS
Von Detozi an Erek
Dieser hinterlistige, kleine Mistkerl! Der ist so mies, dass seine eigenen Tauben nicht auf ihn scheißen würden! Als wäre die Tinte in den winzigen Ecken der Briefrollen ein zusätzliches Gewicht für die Tauben! Der ist so selbstgerecht und versucht ständig, mich in Verruf zu bringen, weil er weiß, dass sein Bruder wahrscheinlich meine Stelle einnehmen würde, falls ich entlassen werden sollte! Ich flehe Euch an, genau darauf zu achten, welche Vögel Ihr
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