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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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von ihm nur noch ein Blutfleck auf dem feuchten Sand und ein Völlegefühl in den Mägen seiner Artgenossen geblieben. Zu diesem Zeitpunkt keuchten jedoch bereits zwei weitere Drachen, und Schleim troff ihnen aus Maul und Nüstern.
    Trockeneres Wetter brachte das Ende der Seuche. Keiner war ganz davon verschont geblieben. Sintara vermutete, dass die Feuchtigkeit des morastigen Ufergeländes, auf dem sie eingepfercht waren, und die Tatsache, dass sie so dicht aufeinanderhausten, der Grund des Übels war. Hätte einer der Drachen fliegen können, wäre er einfach geflohen und der Ansteckung vermutlich entgangen.
    Ein Drache war sogar gegangen. Gresok war der größte der Rotdrachen, ein Männchen, das körperlich zu den stärksten, geistig aber zu den schwerfälligsten gehörte. Eines Nachmittags hatte er den anderen verkündet, dass er gehen und sich einen besseren Ort suchen wolle, und zwar eine Stadt, die er im Traum gesehen hatte. Dann trottete er in den Wald und schlug sich durchs Dickicht, bis nichts mehr von ihm zu hören war. Sie hatten ihn ziehen lassen. Wieso auch nicht? Er schien zu wissen, was er wollte, und sein Abschied bedeutete, dass den anderen ein wenig mehr von der Beute blieb, von der sich die menschlichen Jäger ohnehin bereits die besten Stücke genommen hatten.
    Kaum war ein halber Tag vergangen, da spürten sie, dass er starb. Er rief, nicht nach ihnen, sondern er schrie einfach nur seine Wut hinaus. Menschen hatten ihn angegriffen, so viel stand fest. Und als sie gespürt hatten, dass er tot war, waren Kalo und Ranculos losgestürmt, um seiner Spur zu folgen. Nicht, um ihm zu helfen oder ihn zu rächen, sondern um sich über den Leichnam herzumachen. In der Nacht darauf waren die beiden ans Flussufer zurückgekehrt. Keiner von beiden hatte erzählt, was passiert war, aber Sintara hatte so ihre Vermutungen. Denn beide Drachen hatten nicht nur nach Gresoks Blut gerochen, sondern auch nach Menschenblut. Sie nahm an, dass sie auf Menschen gestoßen waren, die den gefallenen Gresok ausgeweidet hatten. Diese hatten sie ihrem Mahl kurzerhand einverleibt. Darin konnte sie nichts Schlechtes erkennen. Ein Mensch, der einen Drachen angriff, hatte den Tod verdient. Und wenn er einmal tot war, nutzte er niemandem mehr, es sei denn, man fraß ihn. Ihr leuchtete nicht ein, was daran besser sein sollte, wenn man einen Leichnam den Würmern überließ.
    Den Drachen war jedoch bewusst, dass es besser war, die Spuren eines solchen Zwischenfalls zu beseitigen. Menschen waren nicht gut darin, ihre Gedanken zu verbergen, sodass die Drachen die Wut und den Groll sehr wohl spürten, den manche Menschen ihnen gegenüber hegten. So unlogisch es war, so war es ihnen anscheinend doch lieber, dass ihre Toten von Fischen gefressen wurden, als dass man das Fleisch einem Drachen gönnte. Erst ein paar Tage zuvor hatten einige Menschen den Leichnam eines ihrer Gefährten in den Fluss geworfen. Danach war Sintara in den Strom gewatet, dorthin, wo die Strömung und die Gewichte den verschnürten Leib hingetrieben hatten. Sie hatte ihn vom Grund aufgehoben und an Land gezerrt, wo keine Menschenaugen sie beobachteten. Dort hatte sie ihn mitsamt dem Leinentuch, in das er gewickelt war, verschlungen. Als sie wieder zurück war und feststellte, wie bekümmert die Menschen waren, hatte sie aus Rücksicht auf deren Gefühle ihre Tat geleugnet. Geglaubt hatten sie ihr allerdings nicht.
    Die Reaktion der Menschen ergab in ihren Augen keinerlei Sinn. Wäre der Leichnam am Grund des Flusses liegen geblieben, hätten Fische und Würmer ihn angefressen, bis er sich aufgelöst hätte. Indem Sintara aber den Menschen gefressen hatte, war der winzige Erfahrungsschatz der Frau in ihr Gedächtnis übergegangen. Gewiss ergaben die meisten dieser Erinnerungen für sie keinen Sinn, und die Lebensspanne der Frau war auch nicht mehr als ein Hauch, kaum fünfzig Jahreszeitenwechsel. Dennoch würde ein Teil der Frau nun weiterleben. Glaubten die Menschen tatsächlich, es wäre besser, wenn der Leichnam nur dazu diente, eine Generation Saugkarpfen zu ernähren? Menschen waren so dumm.
    In ihrem Drachengedächtnis fanden sich einige verstreute Erinnerungen an die Elderlinge, und sie wünschte sich, sie wären klarer. Doch die Erinnerungen huschten und schlüpften durch Sintaras Geist wie Fische im trüben Wasser. Diesen Erinnerungen haftete ein Duft an, der sie mit Milde, ja sogar Zuneigung zu diesen Geschöpfen erfüllte. Sie waren nützliche und

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