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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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in das er sie gesteckt hatte. Sa sei Dank für die Elderlingsartefakte. Er beugte sich über die Reling, und sobald er sie fassen konnte, griff er behutsam nach ihrem Handgelenk und half ihr, die Strickleiter hinaufzusteigen.
    Und nachdem er ihr über die Reling und vollends an Bord geholfen hatte, ließ er sie nicht mehr los. Er schloss sie in die Arme und drückte sie zärtlich an sich. Dabei war ihm bewusst, dass ihre Haut empfindlich war, doch eines war ihm mindestens ebenso klar: »Ich werde Euch nie wieder aus meinen Augen lassen, Alise. Sa sei gelobt, dass Ihr hier seid und in Sicherheit. Ich werde Euch nicht mehr fortlassen. Mir ist gleich, was man darüber sagt.«
    »Kapitän Leftrin«, sagte sie leise und legte ihre Stirn seitlich an sein Kinn. War es ein Versehen, oder bildete er sich nur ein, dass ihre Lippen flüchtig seinen Hals berührten? Ein Beben, eine Hitzewelle durchlief ihn, und er blieb regungslos stehen, als hätte sich ein seltener Vogel auf seiner Schulter niedergelassen. Sie rückte ein kleines Stück von ihm ab und sah ihm in die Augen. »Es ist gut, wieder bei Euch und in Sicherheit zu sein«, sagte sie. »Ich wusste, dass Ihr uns retten würdet. Ich wusste es.«
    Hätte sie ihm etwas Ergreifenderes sagen können? Er freute sich so sehr über ihre Worte, dass er sich zugleich töricht und unheimlich männlich fühlte. Er grinste ausgelassen und drückte sie noch einmal an sich. Doch löste er die Umarmung wieder, bevor sie noch darum bitten konnte. Er wollte nicht, dass sie sich von ihm eingeengt fühlte – nichts lag ihm ferner.
    Ihre nächsten Worte brachten ihn wieder ganz auf den Boden zurück. »Wissen wir, was aus Sedric geworden ist? Wurde er von der Welle über Bord gespült?«
    »Es tut mir leid, Alise. Ich weiß es nicht. Ich dachte, er wäre in seiner Kabine gewesen. Ich war an Land gegangen, um … mich um etwas zu kümmern. Dort war ich auch, als die Flut uns traf.« Er musste rasch nachdenken. Niemand ahnte, dass er an Land gegangen war, um Jess zu treffen. Niemand stellte eine Verbindung zwischen ihm und dem Jäger her. Tief im Innern wusste er, dass er ihn getötet hatte. Er hatte ihm so übel zugesetzt, dass er die Woge eigentlich nicht mehr hatte überstehen können. Damit hatte er ihn getötet, was ihm keine Gewissensbisse verursachte. Das bedeutete allerdings nicht, dass er jemandem von seiner Tat erzählen würde. Es war ein Geheimnis, das er mit sich ins Grab nehmen würde. »Es war pures Glück, dass Teermann mich im Dunkeln gefunden und an Bord gebracht hat.« Eine weitere Lüge. War er ihr nicht die Wahrheit schuldig? Doch er preschte mit seiner Erzählung voran. »Vielleicht war Sedric an Deck und wurde von der Welle über Bord geschleudert. Womöglich war er auch an Land. Ich weiß nur, dass er nicht da war, als ich nach ihm gesehen habe. Und Ihr wart es auch nicht.«
    »Und das ist alles meine Schuld, weil ich ihn mitgeschleppt habe.« Das sagte sie leise, aber bestimmt, als wäre es ein Geständnis.
    »Das sehe ich nicht so«, tröstete er sie.
    »Ich schon.«
    Ihre Stimme war so sehr von Schuldgefühlen erfüllt, dass es ihn aus der Fassung brachte. »Aber, aber, Alise, ich glaube nicht, dass es einen Zweck hat, solchen Gedanken nachzuhängen. Wir haben nach ihm gesucht, und wir werden weiterhin nach ihm suchen. Wir geben nicht auf. Sobald wir wissen, was wir mit den Drachen machen, besprechen wir die weitere Suche. Euch haben wir doch auch gefunden, oder etwa nicht? Dann werden wir auch Sedric finden.«
    »Kapitän?«, meldete sich Davvie.
    »Was gibt’s, Junge?«
    »Die Leute, die an Bord kommen, sind sehr hungrig und durstig. Wie viel Essen und Wasser soll ich ihnen denn geben?«
    Die hässliche Wirklichkeit, die ihm in dieser Frage entgegenschlug, erinnerte ihn daran, dass er nicht nur ein Mann, sondern auch der Kapitän war. Mit einem entschuldigenden Blick nahm er von Alise Abschied, wandte sich um und sagte: »Ich muss mich um die Überlebenden kümmern. Aber wir werden weiterhin nach Sedric suchen, das verspreche ich.«
    Ihr fiel auf, dass er nicht versprach, Sedric zu finden. Denn das konnte er nicht. Innerhalb eines Herzschlags war ihre Erleichterung darüber, dass er sie gefunden hatte, zerronnen – mitsamt ihrer Freude, ihn wiederzusehen und zu wissen, dass er wohlbehalten war. Solange sie sich fragte, wo Sedric war und in welchem Zustand er sich befand, erschien ihr jegliche Erleichterung und Freude selbstsüchtig. War er tot? Klammerte er sich

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