Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
erwiderte. »Deshalb bist du auf diese Expedition mitgekommen, nicht wahr? Um so etwas zu entdecken!«
»Es ist ein Anfang«, gab der Jäger zurück. »Und nach dieser Entdeckung glaube ich wieder eher daran, dass wir Kelsingra finden können.« Er sah zum Himmel hinauf, der allmählich dunkler wurde, und Alise folgte seinem Blick.
Immer mehr Sterne wurden sichtbar. Vom heißen Wasser stieg der schwere Geruch nach Vegetation auf, und das unheimliche blaue Schimmern erhellte die Drachenleiber vor der aufsteigenden Dämmerung und verfälschte ihre Farben. Mit gesenkten Köpfen und geschlossenen Augen wirkten sie eher wie Statuen und nicht wie lebende Wesen. »Ob die sich hier wohl die ganze Nacht schmoren lassen?«, fragte sich Alise laut.
»O ja«, antwortete Sedric. »So warm hatte es Relpda noch nie, glaube ich. Mir ist vorher nie aufgefallen, wie durchgefroren sie eigentlich die ganze Zeit war.« Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: »Es könnte schwer werden, sie morgen zum Weitergehen zu bringen.«
»Vielleicht könnten wir hier einen Tag Pause einlegen«, schlug Alise vor. »Um alles aufzuzeichnen, was wir hier gefunden haben, und um uns noch ein wenig umzusehen.«
Alle erschraken, als Mercor die Augen aufschlug und den Kopf hob: »Nein. Wir sind ohnehin schon zu oft aufgehalten worden und zu langsam vorangekommen. Morgen ziehen wir weiter. Der Sommer ist vorbei. Wenn der Herbstregen einsetzt, steigt der Fluss an. Wir müssen Kelsingra vor dem Regen erreichen.«
Thymara atmete tief durch und fing Tats Hand ab. »Nein«, sagte sie. Die Zurückweisung klang entschiedener, als Thymara es tatsächlich war. Sie seufzte unwillig, während sie von ihm abrückte. Er gab einen weitaus frustrierteren Laut von sich.
Es war sehr spät. Sie standen am Heck, und da es Nacht und das Deck verlassen war, waren sie mehr oder weniger für sich. Die anderen Hüter schliefen, einige auf dem Deckshaus, andere in der Küche und ein paar auf dem Vordeck. Sie hatte sich darauf eingelassen, ihn zu treffen, um »miteinander zu reden«, obwohl sie wusste, dass es ihm wie ihr in Wahrheit um etwas anderes ging. Sie schalt sich selbst, dass sie sich und ihm die Folter dieser kurzen Berührungen auferlegte, konnte es allerdings auch nicht ernsthaft bereuen. Dafür war ihr Blut noch zu sehr in Wallung von den Küssen und Zärtlichkeiten. Sich selbst zu zügeln war schwerer, als ihm Einhalt zu gebieten. Ihre Begegnungen liefen immer gleich ab. Sie sprachen miteinander, und einer von beiden gab irgendwann einmal dem Drang nach. Dann küssten sie sich, und dann berührten sie sich, und jedes Mal endete es gleich.
»Warum?«, fragte er barsch. »Warum lässt du mich dich erst anfassen und verbietest es mir dann wieder? Glaubst du, das ist lustig?«
»Nein. Ich bin nur …« Die Wut und die Gekränktheit in seiner Stimme verwirrten sie. Sie holte Luft und setzte auf Ehrlichkeit. »Ich mag, wie es sich anfühlt. Ich weiß, dass ich es dir von vornherein verbieten sollte, aber …«
»Dir gefällt es?«
»Natürlich gefällt es mir. Aber …«
»Dann lass mich mit dir zusammen sein. Thymara, bitte. Ich will dich so sehr. Und ich weiß, dass du mich willst.«
»Es tut mir leid …«
»Ich bin auch ganz sanft, ich versprech’s dir. Du kannst mir vertrauen.«
»Lass mich aussprechen und unterbrich mich nicht immer!«
Ohne sie loszulassen, rückte er von ihr ab. »Gut. Dann sprich.« Obwohl seine Worte schroff klangen, entließ er sie nicht aus der Umarmung. Er presste noch immer seinen Unterleib gegen ihre Hüfte, und sie spürte das drängende Pulsieren. Deshalb war es an ihr, sich vollends von ihm zu lösen und einen Schritt zurückzutreten.
»Ich habe keine Angst vor dir, Tats, und auch nicht davor, mich mit dir zu vereinigen. Ich habe Angst davor, schwanger zu werden. Schau dir Jerd an und wie schlecht es ihr geht. Wie sie jeden Morgen kotzt. Ständig ist sie weinerlich oder wütend oder beides zusammen. Ihren Pflichten kommt sie kaum noch nach. Ich habe gehört, wie sich ihre Drachin darüber beklagt hat. Kürzlich hat Sylve für sie das Putzen übernommen. So will ich nicht werden.«
»Du willst keine Kinder?«, fragte er beinahe vorwurfsvoll.
Ungläubig fauchte sie ihn an: »Was? Jetzt? Natürlich nicht! Du etwa?«
Er hob eine Schulter. »So schlecht wäre das gar nicht.«
»Für dich vielleicht nicht! Aber selbst wenn meine Schwangerschaft ein Leichtes wäre, könnte ich mir nicht vorstellen, ein Kind zu haben, solange wir
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