Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
noch auf der Suche nach Kelsingra sind. Hast du dir überhaupt Gedanken über das gemacht, was du da eben gesagt hast? Darüber, wie man ein Kind stillt und wo man Windeln und eine Decke herbekommt? Wo soll Jerd schlafen, wenn das Kind auf der Welt ist? Greft gibt sich zwar noch immer als ihr Partner aus, aber verbringt immer weniger Zeit mit ihr, seit sie ihn nicht mehr in ihr Bett lässt. Oh, schau mich nicht so an. Das ist kein Geheimnis! Sie schläft schlecht und kann das Essen kaum bei sich behalten. Wie sollte sie unter solchen Umständen mit ihm schlafen wollen?«
Tats hatte sich halb von ihr abgewandt. »Mit uns wäre es anders. Du bist mir wichtig. Wenn du von mir schwanger wärst, würde ich dich nicht im Stich lassen.«
Sie sprach mit überraschender Überzeugung: »Das sagst du nur, weil du weißt, wie unwahrscheinlich es bei mir ist, dass ich schwanger werde. Deshalb bist du bereit, das Risiko einzugehen.«
»Nun, alle waren völlig überrascht, als Jerd plötzlich ein Kind im Bauch hatte. Überall habe ich immer nur gehört, wie erstaunlich das sei.«
»Tja, hättest du mit den Mädchen darüber gesprochen, hättest du gehört, wie besorgniserregend es ist.« Thymara schüttelte den Kopf und traf eine plötzliche Entscheidung. »Tats, ich werde nicht mit dir schlafen. Nicht, solange wir noch durch die Gegend reisen. Ich …« Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn trotzdem noch gerne küssen und streicheln würde und auch von ihm berührt werden wollte, aber das erschien ihr ungerecht. Bis er den Mund aufmachte.
»Dann sehe ich nicht, wie wir überhaupt noch zusammen sein können.« Er klang verletzt, aber es schwang auch eine Drohung mit. Das machte sie wütend.
»Ah, ich verstehe«, stieß sie abgehackt hervor. »Wenn ich mit dir schlafe und von dir schwanger werde, dann bin ich dir so wichtig, dass du mit mir durch dick und dünn gehst. Aber offenbar bin ich dir nicht wichtig genug, dass du auch zu mir hältst, wenn ich nicht mit dir schlafe! Passt das irgendwie zusammen?«
Einen Moment schwieg er mit sichtlichem Unbehagen. Dann polterte er: »Ja, das tut es. Denn es würde mir zeigen, dass ich dir genauso wichtig bin. Aber das, was wir jetzt immer machen, das ist, als würdest du mich nur foppen. Ich komme mir wie ein Trottel vor, wenn du plötzlich ›Nein‹ sagst, als wäre ich ein Kind, das um Süßigkeiten bettelt. Wenn sich Menschen lieben, sagen sie nicht ›Nein‹ zueinander.«
Seine Unbeirrbarkeit raubte ihr den Atem. »Verheiratete sagen sich ständig gegenseitig Nein!«, behauptete sie und dachte dabei an die häufigen Meinungsverschiedenheiten ihrer Eltern. Dann hielt sie inne und fragte sich, ob es tatsächlich so war. Nur weil ihre Eltern oft gestritten hatten, brauchte das für andere Paare nicht auch zuzutreffen.
»Ich habe es satt, dass du mich zum Narren hältst, Thymara.« Damit wandte Tats sich von ihr ab.
»Ich will dich nicht zum Narren halten«, zischte sie ihm hinterher. »Ich will bloß nicht schwanger werden! Kannst du das denn nicht begreifen?«
»Ich begreife, dass ich dir nicht wichtig genug bin, dass du dafür ein Risiko eingehen würdest. Wir wissen beide, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ich dir ein Kind mache. Aber ich bin dir nicht einmal so viel wert, dass du dieses winzige Risiko eingehen würdest!«
Sie holte Luft, um etwas zu erwidern, wusste aber nicht, was sie sagen sollte. Er hatte recht. Es stimmte. Sie mochte Tats, liebte ihn sogar ein wenig, und bei seiner Berührung schlug ihr das Herz schneller und es wurde ihr warm am ganzen Leib. Doch wenn sie dieses Wohlgefühl gegen die Gefahr abwog, schwanger zu werden, fror ihr das Blut in den Adern, und der Bauch zog sich furchtsam zusammen. So wie jetzt. Sie suchte nach Worten, um ihm zu erklären, wie sie sich fühlte.
Doch in diesem Augenblick zerriss der durchdringende Schrei eines aufgebrachten Drachen die Luft. Thymara spürte, dass das Schiff unter ihr erbebte, und hörte die Stimmen der missmutigen Hüter, die aus dem Schlaf gerissen worden waren.
Dem Drachengebrüll folgte der gellende Schreckensschrei eines Mannes.
Eine Tür wurde zugeschlagen, und dann erklang Leftrins Stimme: »Hennesey! Swarge! Eider! Laternen! Was ist hier passiert?«
Jetzt dröhnte ein weiteres Brüllen, und diesmal erkannte sie die Stimme: Es war Kalo. Ein schriller Schrei durchdrang die Nacht, und danach ganz nah am Schiff das Geräusch von etwas, das laut ins Wasser platschte. Kalos donnernde Worte entsetzten
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