Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
Ärmel ihres Hemds trocken, doch das blutige Wasser war bereits ein wenig ins Holz eingedrungen. Das war gar nicht gut. »Wir müssen dich auf eine Pritsche legen, glaube ich. Jerd, warum bist du denn zu mir gekommen? Warum hast du nicht mit Bellin gesprochen?«
»Sie ist gemein. Und sie mag mich nicht.«
»Sie ist nicht gemein. Sie versucht nur schon seit Jahren, ein Kind zu kriegen, und dann kommst du und wirst schwanger, ohne es zu wollen und kaum, dass du mit jemandem geschlafen hast. Natürlich ist sie da ein bisschen missgünstig. Komm. Geh schon.«
Jerd stützte sich schwer bei ihr auf. Zwar flüsterte sie und tat heimlich, dennoch hatte Thymara den Eindruck, dass sie die Aufmerksamkeit genoss, die sie auf sich zogen, als sie langsam ins Deckshaus gingen. In der Küche saßen Davvie und Lecter. »Geht ihr bitte mal Bellin holen?«, sagte Thymara, und ihr Tonfall hatte etwas Dringliches, sodass die beiden sogleich davonhasteten, um ihrem Wunsch nachzukommen.
»Und Sylve«, rief Jerd ihnen hinterher. »Ich brauche Frauen, die mir helfen.«
Thymara wollte etwas Hartherziges darauf erwidern, schloss aber mit klackenden Zähnen den Mund. Noch genoss Jerd das Drama, aber Thymara hatte das Gefühl, dass etwas Schlimmes passieren würde. Sie half Jerd, sich auf eine der niederen Pritschen zu setzen.
Bellin erschien nicht nur mit Sylve, sondern auch mit Skelly. Die Stimme der Frau war kalt, aber nicht ohne Mitgefühl. »Ich habe Blut auf Teermanns Deck gespürt. Dann verlierst du also dein Kind?«
»Was?« Jerd war fassungslos.
Thymara sah Sylve ungläubig an, doch keines der Mädchen sagte etwas. Auch Skelly stand nur verblüfft daneben.
Bellin erklärte mit fester Stimme: »Wenn du blutest und Krämpfe hast, dann hast du eine Fehlgeburt. Wahrscheinlich ist das Kind in deinem Bauch schon tot, und dein Körper will es loswerden. Oder das arme kleine Ding kommt viel zu früh auf die Welt und stirbt dann. Am schlimmsten ist es, wenn die Schmerzen nach kurzer Zeit wieder aufhören. Denn ich kann dir aus Erfahrung sagen, dass es irgendwann wieder losgehen wird, nach einem Tag, einer Woche oder gar erst nach einem Monat, wenn du überzeugt bist, dass alles wieder gut ist, auch wenn du in der Zwischenzeit nicht mehr gespürt hast, dass sich das Kind rührt.«
»Nein!«, kreischte Jerd, heulte und war in Tränen aufgelöst. Bellin kehrte ihr den Rücken zu. Erst empfand Thymara ihre Haltung als herzlos. Bis sie die Spur einer Träne sah, die sich über Bellins Wange zog.
Plötzlich erschien Alise in der Tür zum Schlafraum. »Was ist los?«, fragte sie beunruhigt.
»Jerd verliert ihr Kind«, erwiderte Bellin. Auf einmal begriff Thymara, dass die Frau mit ihrer ungerührten Stimme lediglich versuchte, ihre Gefühle im Zaum zu halten. »Macht bitte die Tür zu. Skelly, bring ein paar saubere Tücher. Wir haben noch ein bisschen Holz übrig. Nimm es, um Wasser warmzumachen. Danach wird sie baden wollen.«
Skelly eilte davon, um die Befehle auszuführen, während Sylve Thymara mit einem kleinen Schubs zum Gehen aufforderte. Sie hatten die Tür fast erreicht, als Bellin vor sie hintrat. »Nein«, sagte sie streng. »Ich will, dass ihr Mädchen dableibt. Es ist Zeit, dass ihr mal mitkriegt, was dabei herauskommt – bei dem was ihr treibt.«
»Ich mache doch gar nichts!«, platzte es aus Thymara heraus, bevor ihr klar wurde, wie verräterisch ihre Worte waren. Alle starrten sie an.
Bellin sagte matt: »Womöglich hast du nichts getan, Mädchen. Aber du wirst es tun. Dieses Mädchen hat es getan, wann immer und mit wem sie wollte. Und das ist ihre Sache, wie sie mir einmal ziemlich zornig erklärt hat. Ihr habt es sicher auch gehört. Nun aber stehen wir hier, und an wem bleibt die ganze Arbeit hängen? Seht ihr in diesem Zimmer irgendwelche Jungs oder Männer? Seht ihr draußen einen Kerl auf-und abmarschieren und zu Sa beten, dass er das Leben dieser kleinen Kreatur schonen soll? Ich nicht. Und das ist die Botschaft, Mädchen. Solange ihr keinen Partner habt, der bereit ist, alles für euch zu geben bis zum letzten Tropfen Blut, den er im Leib hat, nun, solange seid ihr töricht, wenn ihr eure Beine breitmacht. So sieht es aus, deutlicher kann ich es nicht sagen.«
Thymara hatte nie zuvor derart grobe und unverblümte Worte gehört. Sylve und sie blieben wie erstarrt auf der Stelle stehen.
»Das ist … nicht fair«, keuchte Jerd, bevor sie einen kurzen Schrei ausstieß. Sie krümmte sich und schnappte japsend
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