Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
beiden kann es ja egal sein, dass er mich im Stich lässt. Und das, obwohl ich sein Kind im Leib trage.«
Vielleicht wäre es Greft weniger egal gewesen, wenn er sich hätte sicher sein können, dass das Kind tatsächlich von ihm war, dachte Thymara, sprach es aber nicht aus. Sie entfernte sich von den Hütern, um belauschen zu können, was Leftrin mit Hennesey beredete. »Wenn es nur um das Schiff und die Ausrüstung ginge, würde ich sagen, es ist eine Angelegenheit der Hüter. Auch wenn sich der Verlust der Jagd-und Angelausrüstung schmerzhaft auf alle auswirken wird. Seit Jess tot ist, fällt es Carson schwer, uns mit Fleisch zu versorgen. Die Drachen finden inzwischen ihre eigene Nahrung, sonst wäre die Lage noch um vieles schlimmer. Aber er hat Schiffszwieback gestohlen. Und damit wird es zu einer Angelegenheit des Schiffs, und der Kapitän muss entscheiden.«
»So sehe ich das auch. Jemand muss ihm folgen und ihn zurückbringen. Das hat uns zwar im Augenblick gerade noch gefehlt, aber wenn wir nichts tun, öffnen wir Tür und Tor für den nächsten Hüter, dem es in den Sinn kommt, vom Schiff zu fliehen und dabei alles Mögliche mitzunehmen.«
»Man darf das nicht durchgehen lassen«, pflichtete ihm Hennesey bei. »Aber wen schicken wir hinterher?«
»Carson.« Diese Entscheidung stand für Leftrin fest. »Er gehört zu meinen Leuten und nicht zu den Hütern, auch wenn dieser Drache ihn für sich beansprucht. Ich werde Greft keinen aus der Mannschaft nachsenden. Ich will heute weiterfahren und hier nicht rumsitzen und abwarten.«
»Carson also. Allein?«
»Wenn er einen Gefährten möchte, soll er sich einen aussuchen. Was für ein verdammter Ärger!«
»Warum ich?«, fragte Sedric leise.
Carson sah ihn mit erstauntem Lächeln an. »Ich dachte, inzwischen hättest du mitbekommen, dass ich gerne Zeit mit dir verbringe.«
Trotz seiner Bedenken erwiderte Sedric das Lächeln. Das reichte dem Jäger offenbar als Antwort. Er wandte sich wieder nach vorn und tauchte das Ruder ins Wasser. Sedric tat es ihm nach und bemühte sich, mit ihm Schritt zu halten. Es erstaunte ihn, wie kräftig er geworden war, seit er oft mit dem Jäger zusammen war. Und Carson hatte ihn mehrmals wegen seiner wachsenden Arm-und Schultermuskeln gelobt.
Mit mulmigem Gefühl sah Sedric zurück zum Kahn, der hinter ihnen kleiner wurde. Das Schiff war zum einzigen Ort der Sicherheit in seinem Leben geworden. Sich von diesem kleinen Gefährt zu entfernen, wenn auch mit Carson, fühlte sich gar nicht gut an. Er sah ein silbernes Glitzern. »Ich glaube, dein Drache folgt uns.«
Carson hob kurz den Kopf. Ohne sich umzuwenden, nickte er kurz darauf. »Ja, das ist er.«
»Warum?«
»Wer weiß schon, weshalb ein Drache irgendetwas macht?«, murmelte er, nicht ohne einen amüsierten Unterton. Fauch war ein schwieriger Drache, zuweilen zänkisch, und begriffsstutzig bis zur Verblödung. Warum der Jäger sich freiwillig auf die Plage eingelassen hatte, war Sedric noch immer schleierhaft. Er und Carson hatten sich gegenseitig keine Versprechungen gemacht. Carson hatte dies wohl nicht für nötig gehalten. Dennoch zeigte er keinerlei Zögern. Nur einmal hatte er darüber gesprochen, dass Sedric eines Tages über ihn »hinauswachsen« oder ihn »überleben« könnte, doch Sedric hatte dies als Bettgeflüster abgetan. Als sich dem Jäger jedoch die Möglichkeit geboten hatte, Sedric zu folgen und sich ebenfalls auf unkontrollierbare Weise zu verwandeln, hatte er nicht gezögert. Um mit Sedric zusammen sein zu können, hatte er sich bedenkenlos darauf eingelassen, dass sein Leben ein völlig anderes wurde. Nie hätte Sedric gedacht, dass jemand seinetwegen einen solchen Schritt gehen würde. Es erinnerte ihn daran, wie schändlich schnell er sein altes Leben verworfen und die Beziehung zu seiner Familie zerstört hatte, nur um mit Hest zusammen sein zu können. Carson war sich vermutlich weit mehr bewusst darüber, was er für den Liebhaber aufgegeben hatte, als es Sedric damals gewusst hatte. Allerdings hatte Carson es kein einziges Mal als Opfer bezeichnet. Wenn dieser Mann gab, dann gab er von ganzem Herzen. Sedric betrachtete den rudernden Jäger vor sich und bewunderte das Muskelspiel. Wie würde er wohl in einem Jahr oder in einem Jahrzehnt aussehen?
Noch hatte Fauch dem Jäger kein Blut angeboten, aber Sedric bezweifelte nicht, dass er es tun würde. Carson pflegte den unberechenbaren kleinen Drachen nicht nur mit Hingabe, sondern auch
Weitere Kostenlose Bücher