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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Sylve sie nicht davor bewahrt hätte. Das Mädchen kletterte wie ein Eichhörnchen den Stamm hinauf, dicht gefolgt von Harrikin. Dieser kraxelte mit dem Bauch flach an den Stamm gedrückt, eidechsengleich, wie es Thymara auch tat. Als sie den Ast erreicht hatten, krümmte er seinen langen, hageren Leib und lehnte sich gegen den Stamm. Sylve wischte sich an der schmutzigen Hose die Hände ab und teilte ihnen mit: »Sintara schwimmt auf Holzstämmen und ruht sich aus. Harrikin hat mir geholfen, ein paar davon unter ihren Leib zu schieben. Wir haben sie mit den Bäumen verkantet, und die Strömung sollte sie an Ort und Stelle halten. Vorsichtshalber haben wir sie auch mit Kletterranken festgebunden. Das ist nicht komfortabel, aber immerhin geht sie nicht unter. Und das Wasser sinkt bereits wieder. Man erkennt den höchsten Wasserstand an den Baumstämmen.«
    »Danke.« Die Reaktion schien Thymara zwar nicht ausreichend, aber sie hatte nicht mehr zu bieten.
    »Nicht der Rede wert«, gab Sylve zurück. »Harrikin und ich bekommen langsam Übung darin. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal lerne, wie man einen Drachen zum Schwimmen bringt.« Sie lächelte, während sie Thymara mit rot geränderten Augen anschaute. Dann sah sie weg.
    »Mercor und Ranculos?«, fragte Thymara. Rapskal würde sie allerdings nicht erwähnen. Über ihren Schmerz zu sprechen, würde ihr nicht helfen.
    »Mercor ist müde, aber ansonsten geht es ihm gut. Ich habe ihn gefragt, ob er sich daran erinnern kann, dass so etwas schon einmal passiert ist. Da meinte er, dass einer seiner Vorfahren einmal so dumm gewesen sei, um einen Berg zu kreisen, von dem er wusste, dass er explodieren würde. Es war ein mächtiger, mit Schnee und Gletschern bedeckter Berg, und der Drache wollte beobachten, was passieren würde, wenn Feuer auf Eis traf. Als es jedoch geschah, schmolzen Eis und Schnee augenblicklich und strömten zu Tal. Dabei nahm das Wasser Steine und Erde mit sich und verwandelte sich in eine dicke Soße. Er sagt, sie wäre schnell und weit geströmt. Jetzt fragt er sich, ob das nicht irgendwo in weiter Ferne passiert ist und uns die Welle schließlich erreicht hat.«
    Thymara schwieg und versuchte, es sich vorzustellen. Dann schüttelte sie den Kopf. Was Sylve andeutete, ging weit über ihre Vorstellungskraft hinaus. Ein ganzer Berg, der schmolz und aus weiter Ferne herbeifloss? War so etwas möglich?
    »Und dein Drache Ranculos?«, fragte sie Harrikin.
    »Ranculos wurde gleich beim ersten Ansturm von einem Stamm gerammt. Er hat eine schlimme Prellung, aber wenigstens ist die Haut nicht aufgerissen, sodass kein ätzendes Wasser eindringen konnte«, antwortete Sylve für ihn, während Harrikin langsam nickte. Er war sehr schweigsam geworden, und wenn er so ruhig dasaß, erinnerte er Thymara noch mehr an eine Eidechse, nicht zuletzt wegen seiner unbeweglichen steinernen Augen.
    »Du hast ein Boot aufgegabelt und Tats gerettet?«
    »Das war reiner Zufall. Ich hatte meinen Teller im Boot gelassen. Der Fisch war fast gar, und da bin ich noch einmal zurückgegangen, um ihn zu holen. Ich stieg hinein und kramte in meinen Sachen, als mich die Welle traf. Ich habe mich am Boot festgehalten, und schließlich tauchte es wieder auf. Ich musste es nur lenzen. Allerdings wurde all meine Ausrüstung hinausgespült. Ich habe nichts mehr außer den Kleidern am Leib.«
    Langsam dämmerte Thymara, dass es ihr genauso ging. Sie hätte nicht gedacht, dass sie noch niedergeschlagener werden konnte.
    »Hat irgendjemand etwas gerettet?«, fragte sie und dachte dabei verzweifelt an ihre Jagdausrüstung, ihre Decke und selbst an ihre trockenen Socken. Alles dahin.
    »Drei Boote haben wir wieder gefunden, aber ich glaube nicht, dass in denen noch etwas drin war. Nicht einmal Ruder. Wir müssen uns neue bauen. Greft hat zwar noch seinen Beutel mit Werkzeug zum Feuermachen, aber das bringt uns im Moment nichts. Wo sollten wir auch ein Feuer machen? Mir graut jetzt schon vor dem Abend, wenn die Moskitos kommen. Solange das Wasser noch so hoch ist, wird es uns ziemlich übel gehen. Und selbst danach werden wir noch herbe Zeiten erleben.«
    Alise meldete sich. »Kapitän Leftrin wird uns holen. Und wenn er erst einmal da ist und das Wasser zurückgeht, ziehen wir weiter.«
    »Weiterziehen?«, sagte Harrikin leise und gedehnt, als traue er seinen Ohren nicht.
    Die Frau aus Bingtown sah sich in dem kleinen Kreis ihrer verblüfften Zuhörer um und ließ ein klägliches Lachen vernehmen.

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