Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
»Heeby. Und Rapskal. Sie sind nicht hier, und niemand hat eine Spur von ihnen gesehen, nachdem die Welle uns getroffen hat.«
    »Aber ich habe ihn bei dir zurückgelassen!«, schimpfte sie, als wäre Tats daran schuld. Er zuckte zusammen, und ihr war klar, dass er es genauso empfand.
    »Ich weiß. Eben standen wir zusammen und haben gestritten, und im nächsten Moment hat uns das Wasser umgerissen. Ich habe ihn nie wieder gesehen.«
    Thymara ging auf dem Ast in die Hocke und wartete auf den Schmerz und die Tränen. Aber sie kamen nicht. Stattdessen breitete sich von ihrem Bauch aus eine eigenartige Benommenheit aus. Sie hatte ihn getötet. Sie hatte ihn getötet, weil sie so wütend auf ihn geworden war, dass sie aufgehört hatte, ihn zu mögen. »Ich war so wütend auf ihn«, gestand sie Tats. »Was er mir erzählte, hat mein Bild von ihm zerstört, und ich dachte, ich müsste sofort aufhören, ihn zu kennen, und dürfte ihn nicht mehr in meine Nähe lassen. Und jetzt ist er verschwunden.«
    »Er hat dein Bild von ihm zerstört?«, fragte Tats behutsam.
    »Ich habe einfach nicht geglaubt, dass er so etwas tun würde. Ich dachte, er wäre zu gut dafür«, sagte sie verlegen.
    Zu spät erkannte sie, dass Tats ihr Urteil auch auf sich bezog. »Vielleicht ist niemand von uns das, was der andere von ihm denkt«, bemerkte er knapp und stand auf. Er ging zurück zum Stamm, und ihr fielen keine Worte ein, um ihn zurückzurufen.
    Allerdings rief Alise ihm nach. »Es steht nicht fest, dass Rapskal und Heeby tot sind. Er könnte es zu Teermann geschafft haben. Vielleicht wird ihn Kapitän Leftrin zu uns zurückbringen.«
    Tats warf einen Blick zu ihnen zurück. Mit flacher Stimme sagte er: »Ich sage Jerd, dass ihr Veras gesehen habt. Das tröstet sie vielleicht ein bisschen. Greft hat versucht, ihr Mut zuzusprechen, aber sie wollte nicht auf ihn hören.«
    »Das ist eine gute Idee«, pflichtete ihm Alise bei. »Sag ihr, dass ihre Drachin kräftig geschwommen ist, als wir sie zuletzt gesehen haben.«
    Thymara ließ ihn gehen. Sollte er Jerd trösten. Es war ihr gleich. Sie hatte ihn aufgegeben, als sie Rapskal aufgegeben hatte. Keinen der beiden hatte sie wirklich gekannt. Es war besser, wenn sie ihr Herz nicht so leicht herschenkte. Zugleich fragte sie sich, ob es töricht war, sich so an den Schmerz und die Wut zu klammern. Konnte sie nicht einfach loslassen, ihm vergeben und ihn als Freund zurückgewinnen? Kurz kam es ihr so vor, als wäre es einzig ihre Entscheidung. Sie konnte aus dem, was er getan hatte, eine große Sache machen, oder sie konnte es als Teil der Vergangenheit abhaken. Solange sie nicht losließ, bereitete es ihnen beiden Kummer. Bevor sie erfahren hatte, was er mit Jerd getan hatte, war er ihr Freund gewesen. Das Einzige, was sich seither geändert hatte, war, dass sie es nun wusste.
    »Aber ich kann mich nicht dazu bringen, es nicht zu wissen«, flüsterte sie vor sich hin. »Und zu wissen, dass er dazu imstande ist, zeigt mir, dass er nicht der ist, für den ich ihn gehalten habe.«
    »Fehlt dir etwas?«, fragte Alise. »Hast du eben etwas gesagt?«
    »Nein, ich habe nur mit mir selbst geredet.« Thymara hob die Hand und hielt sie vor die Augen. Sie war in Sicherheit, und ihre Kleider trockneten allmählich. Zwar war sie hungrig, aber vor allem war sie verletzt und erschöpft. Um den Hunger konnte sie sich später kümmern. »Ich glaube, ich suche mir einen Platz, um eine Weile zu schlafen.«
    »Oh.« Alise klang enttäuscht. »Ich hatte gehofft, wir würden zu den anderen gehen und uns mit ihnen unterhalten. Um herauszufinden, was sie gesehen haben und was mit ihnen passiert ist.«
    »Geht ruhig voraus. Es macht mir nichts aus, allein zu sein.«
    »Aber …«, begann Alise, und da erkannte Thymara, worin ihr Problem bestand. Wahrscheinlich hatte die Frau noch nie zuvor einen Baum erklommen, geschweige denn sich in einem Geflecht aus Bäumen bewegt. Alise benötigte ihre Hilfe, getraute sich aber nicht, darum zu bitten. Plötzlich sehnte sich Thymara nach Schlaf und Alleinsein. Ihr Kopf begann zu pochen, und sie wünschte sich einen Ort, wo sie ungestört war und weinen konnte, bis sie einschlief. Rapskal huschte mit seinem unbekümmerten Grinsen und seiner fröhlichen Art durch ihre Gedanken. Verschwunden. In einer einzigen Nacht war er ihr zum zweiten Mal genommen worden. Und dieses Mal wahrscheinlich für immer.
    Plötzlich bebte ihr Kinn, und sie hätte vor Alise beinahe die Fassung verloren, wenn

Weitere Kostenlose Bücher