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Raine der Wagemutige

Titel: Raine der Wagemutige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Brockway
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Wanton's Blush ein für alle Mal den Rücken kehre.
    Er durchquerte den Raum und schritt zu einer verhutzelten, ungepflegten Gestalt, die sich über einen Tisch beugte, der mit seltsamen Gegenständen bedeckt war. Er fragte sich, ob die alte Hexe wusste, warum die Vorhänge der auf das Meer hinausgehenden Fenster zugezogen waren. Vermutlich. Sie schien alles zu wissen. Nicht dass es ihn sonderlich kümmerte. Was konnte eine alte Zigeunerin jemandem wie ihm schon tun? Außer von Nutzen sein.
    „Nun, was siehst du, Pala?“ fragte Carr, in die Betrachtung seiner Fingernägel versunken.
    Die Frau verlagerte beunruhigt ihr Gewicht, und die vielen geflickten Röcke, in die sie sich gehüllt hatte, schwangen ein wenig und legten sich dann wieder um ihre Füße. Unheimliche Augen in einem runzeligen Gesicht mit lederartiger Haut spähten unter einem Vorhang aus strähnigem grauem Haar zu ihm.
    „Und?“ hakte er nach.
    Sie deutete mit dem Finger auf den kleinen Haufen elfenbeinfarbener Stöckchen, die überall auf dem Mahagonitischchen verstreut lagen. „Sie hat Euch geliebt. Kein Mann besaß je so viel Liebe wie Ihr von ihr.“
    Ein kleiner Schauer, umso aufregender, da so überaus selten geworden, rann seinen Rücken hinab. Pala sprach von Janet, seiner ersten Frau, der einzigen Frau, die er wirklich geliebt hatte. Eine Sekunde lang erschien Janets Gesicht vor ihm: eine blasse Haut, dunkelbernsteinfarbene Augen. Sie lächelte ihm zu, ein unsicheres, leicht schiefes Lächeln, unglaublich bezaubernd. In ihren Augen stand unglückliche Zuneigung, unglücklich, weil ihn zu lieben Janet nie glücklich gemacht hatte.
    „Ja“, sagte er halblaut zu sich. „Das hat sie.“
    „Sie liebt Euch immer noch.“
    Die Stimme der Zigeunerin vertrieb seine rührselige Stimmung augenblicklich.
    „Sie liebt Euch sogar noch aus dem Grab.“ Die Worte der Alten hingen in der Luft, abwartend, schmeichelnd.
    Nach einem Moment schlenderte Carr gelassen zu ihr und schaute auf den Tisch, auf dem Pala ihre Wahrsagewerkzeuge ausgebreitet hatte.
    „Oh, ja. Ich bin mir sicher, sie tut es.“ Seine Lippen kräuselten sich zu dem schwachen Abbild eines Lächelns. „Ist das der Grund dafür, dass sie mich verfolgt? Sie und ihr dreifach verfluchter Clan? Weil sie mich so sehr liebt!“
    Er schlug mit seiner Faust so fest auf den Tisch, dass das komplizierte Muster der Stäbchen zerbarst und die elfenbeinernen Knöchel über den Tisch tanzten, zu Boden fielen.
    Pala durchbohrte ihn förmlich mit einem bösen Blick und ließ sich auf die Knie nieder. Sie hob die Knöchel auf und barg sie schützend an ihrer eingesunkenen Brust, während sie leise vor sich hin unverständlichen Schwachsinn säuselte. „Ihr habt einen zerbrochen! “ bemerkte sie schließlich in anklagendem Ton.
    „Ach ja?“ Er hob in milder Verärgerung die Brauen. Seine Fassung war zurückgewonnen. „Was ist damit? Du könntest dir die Hände von einem Dutzend Skelette kaufen mit dem Geld, das ich dir bereits gegeben habe.“
    „Pala verlangt niemals Geld.“
    Carr lächelte. Von Zeit zu Zeit konnte die alte Zigeunerin wirklich ganz unterhaltsam sein. „Natürlich nicht. Ich vergaß deine genauen Worte, aber die Quintessenz davon war, dass ein solches Vorgehen die Reinheit deiner Verbindung mit den Geistern gefährden könnte. Trotzdem hast du nie meine ,Geschenke' zurückgewiesen. Verbessere mich, falls ich mich irre.“
    Pala kauerte sich zusammen. Ihr Mund war verdrießlich verzogen.
    „Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, wie viel mich meine ,Geschenke' an dich gekostet haben, seit ich dich vor zwei Jahren beim Herumlungern in meinen Ställen gefunden habe?“
    „Ich lungere nicht herum“, widersprach sie kraftlos. „Ich . . . ich folge den Geistern. Sie sagen mir, Ihr seid in Gefahr. Ich komme, um Euch zu warnen. Habe ich Euch nicht vor dem verrückten Hund gewarnt?“
    Carr musterte sie unter gesenkten Augenlidern.
    „Ihr wisst, dass es stimmt!“ beharrte Pala, ihren Kopf heftig auf und ab bewegend. „Für Euch lese ich die Zeichen, lausche ich auf das Gewisper der Geister; ich sehe, was gewesen ist, und was kommen wird. Ist Pala Euer Gnaden nicht schon viele, viele Male von Nutzen gewesen?“
    „Ein paar Mal“, räumte Carr ein, zog einen Stuhl unter dem Tisch vor und ließ sich ein wenig schwerfällig darauf nieder. Pala hatte ihn vor dem tollwütigen Hund gewarnt. Genauso wie sie unweit von McClairen's Isle das Sinken des Schmugglerschiffes und dessen

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