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Raine der Wagemutige

Titel: Raine der Wagemutige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Brockway
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den Burghof überqueren gesehen. Irgendetwas in ihrem Gang, an ihrer Haltung und der Art, wie sie den Kopf hielt, war ihm vage vertraut vorgekommen. Einen Augenblick lang, von der Seite, hatte sie jemandem aus seiner Vergangenheit geähnelt, doch dann hatte sie sich umgedreht, und das Gefühl der flüchtigen, beinahe vergessenen Vertrautheit war durch eine viel jüngere ersetzt worden. Doch erst als er sie aus der Nähe hatte anschauen können, war ihm aufgegangen, dass das schwarzhaarige Mädchen, das vor einem liebestollen Verfolger floh, in Wahrheit die goldhaarige junge Witwe war, die ihn in Dieppe so vortrefflich hereingelegt hatte.
    Sie hatte ihre Haare gefärbt, sich die strengen Augenbrauen gezupft - was er, seltsam genug, eher bedauerte -und die volle, sinnliche Kurve ihres Mundes unter einer dünnen, aufgemalten Linie verborgen. Sie hatte sogar irgendetwas mit ihren Augen angestellt, so dass die Pupillen sich geweitet hatten und man das schillernde Blau ihrer Iris nicht mehr sehen konnte - seiner Meinung nach ein schwerer Fehler, sollte sie tatsächlich auf der Suche nach einem Ehemann sein.
    Hatte sie wirklich solche Mühen auf sich genommen, bloß um, wie sie behauptete, mehr dem Geschmack englischer Gentleman zu entsprechen? Vielleicht. Sie würde niemals eine klassische Schönheit werden, da ihr schmales Gesicht das ovale Ebenmaß der Züge vermissen ließ, das dafür vonnöten war. Und doch war etwas an ihr, womit sie Aufmerksamkeit erregte, eine gewisse Anmut, irgendeine
    Eigenschaft, die in einem Mann den Wunsch weckte, die Bewegungen ihrer Lippen zu beobachten, wenn sie sprach, die Hand auszustrecken und ihre hohen Wangenknochen zu berühren.
    Raine stieß sich von der Wand ab, drehte sich um und schlenderte in den Raum zurück. Miss Favor sollte in diesem Augenblick ihrem Gott auf Knien dafür danken, dass ihn diese letzten Jahre Zurückhaltung und Selbstbeherrschung gelehrt hatten. Nicht wirklich viel Zurückhaltung, aber genug, dass er sie nach ihrem Namen gefragt hatte, bevor er sie auf jenes wacklige Bett dort geworfen und sich darangemacht hätte, herauszufinden, wie sorgfältig die frommen Schwestern über die Tugend ihres Schützlings gewacht hatten.
    Aye, Favor McClairen durfte sich glücklich schätzen. Ihr Name hatte ihn aufgehalten. Aber in seiner ungestümen Jugend . . . oder sollte er entdecken, dass sie erneut gelogen hatte. . .
    Er seufzte. Unglücklicherweise gab es keinen Zweifel daran, dass sie Favor McClairen war - ob sie und ihr Bruder sich nun Donne nannten oder nicht. Er hatte sie wieder erkannt. Sie war nicht länger ein Kind, doch ihr störrisches Kinn war dasselbe geblieben, ebenso wie die wilde Entschlossenheit in ihren Augen.
    Sein Lächeln verblasste. Er blickte auf den unglücklichen Orville hinab, der sich gerade auf Hände und Knie zu erheben versuchte, und erwog Favors Rat. Sie hatte vermutlich Recht. Das Letzte, was er gebrauchen konnte, war, dass ihre anderen Verehrer sich auf die Suche nach ihm machten.
    Orville hob den Kopf und sah sich mit getrübtem Blick um. Mit einer Grimasse - denn schließlich hatte Orville nichts getan, was er selbst nicht auch in Betracht gezogen hatte - versetzte Raine ihm einen Schlag gegen das Kinn. Sofort verdrehte Orville die Augen und fiel mit einem lauten Plumpsen wieder zurück auf den Boden.
    Raine zog ihn hoch, warf ihn sich mit einem Keuchen über die Schulter und richtete sich auf. Dann ging er den Flur in der entgegengesetzten Richtung hinunter, in der das Mädchen verschwunden war. Er musste nachdenken.
    Vielleicht suchte Favor wirklich das Vermögen ihres Clans wiederherzustellen, indem sie eine reiche Heirat ein-ging. Schließlich wusste er selbst besser als die meisten anderen, wie dringend dieses Vermögen einer Auffrischung bedurfte. Nachdem sein Vater die McClairen an die Krone verraten hatte, war er mit allem Land und sonstigem Vermögen, was der Clan je sein Eigen genannt hatte, belohnt worden. Doch das hatte Carr noch nicht gereicht. Er hatte dafür gesorgt, dass kein McClairen jemals auch nur einen | Penny davon zurückfordern konnte, indem er schlicht und ergreifend alle einfach umgebracht hatte.
    Raine verbannte die Erinnerung daran, welche Rolle er in dem Plan seines Vaters gespielt hatte. Er öffnete eine Tür, die in den bewohnten Teil der Burg führte, steckte seinen Kopf vorsichtig hinaus und ließ, da er in keiner Richtung jemanden erblickte, Orville zu Boden gleiten. Orville stöhnte, und Raine schloss die

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