Rainer und die Puppenmutter
Oma, riß die Küchentür auf und rannte auf den Flur. Dort horchte er. Sein Herz klopfte so laut wie ein Hämmerchen. „Bum—bum—bum!“
Lutz stürzte zur Wohnungstür und brüllte in den Treppenflur: „Der Geist! Mami! Oma! Der Geist!“
Aber aus dem Flur klang nur das Echo zurück: „Der Geist, der Geist!“
In der Küche wollte der Geist durch die Decke und polterte böse: „Bum—rum—penk—bum!“
Lutz schwitzte vor Angst. Was das Zeug hielt, plärrte er auf der Treppe weiter: „Der Geist! Der Geist! Mami! Oma!“
Dicke Tränen kollerten ihm über die Wangen, und seine Knie zitterten so, daß er sich auf eine Treppenstufe setzen mußte. Dort schluchzte er ganz jämmerlich und kreischte zwischendurch immer wieder: „Der Geist! Der Geist!“
Frau Niggelmann greift ein
Während Lutz noch schrie, beugte sich über das Geländer des Treppenpodestes über ihm ein Junge mit einem braunen Haarschopf. Er legte beide Hände wie einen Trichter um den Mund und brüllte: „Buuh—buuh—buh!“
Lutz quiekte erbärmlich und hielt sich die Ohren zu.
Da flog die Tür der Hauswartswohnung auf. Zuerst schoß laut kläffend ein weißer Spitz in den Hausflur. Ihm folgte Frau Niggelmann.
„Was ist denn schon wieder los?“ rief die Hauswartsfrau.
Der braune Lockenkopf verschwand wie weggezaubert.
Frau Niggelmann war klein und flink. So flink, daß man ihr die sechzig Jahre nicht anmerkte. Ihr rotes Gesicht sah immer aus, als hätte sie es gerade frisch mit Schmierseife gewaschen.
Die Spitzhündin Leni sprang bellend durch die offene Tür auf
den Hof. Ihr folgten drei kleine weiße Spitze, die sich überkugelten. Das waren die Kinder der Leni.
Während sich Frau Niggelmann zu dem kleinen Lutz niederbeugte, huschte auch noch die Katze Lieschen mit ihren beiden Jungen aus der Wohnung. Die drei schwarz und weiß gefleckten Tiere hopsten aufgeregt um Lutz und die Hauswartsfrau herum. Stockend erzählte Lutz, was in der Wohnung geschehen war.
„Bist ja dumm“, erklärte Frau Niggelmann lachend.
„Nein, nein!“ klagte Lutz. „Der Geist!“
„Na, komm!“ Die Hauswartsfrau nahm Lutz bei der Hand und zog ihn hoch. „Wir werden nachsehen.“
Die Katzen hüpften die Treppe hinauf und hinunter. Auf dem Hof bellte Leni.
Von oben kamen flinke Schritte.
„Iiih! Geh mir aus dem Weg!“ zeterte eine Mädchenstimme.
„Gib nicht so an, Bällchen“, entgegnete ein Junge.
„Was ist denn da schon wieder los?“ rief Frau Niggelmann ins Treppenhaus empor.
„Der Rainer will mich nicht vorbeilassen!“ schrie das Mädchen zurück.
„Ich komm’ dir gleich rauf, du Lausejunge!“ verkündete Frau Niggelmann. Der Junge lachte. Dann kam Bällchen die Treppe herunter.
„Bloß Blödsinn hat er im Kopf“, sagte sie, aber sie kicherte dabei. Bällchen kicherte eigentlich immer. Und wenn sie lachte, mußte man mitlachen. Sie hatte ein rundes Gesicht und eine Stupsnase und wuschelige, braune Haare.
Bällchen war so alt wie Dita. Sie gingen in eine Klasse.
„Was ist denn passiert?“ fragte Bällchen neugierig.
„Der Lutz hat einen Geist in der Wohnung. Komm, wir wollen uns das Ungeheuer ansehen“, sagte Frau Niggelmann und zerrte den widerstrebenden Lutz hinter sich her.
Frau Niggelmann, Bällchen und Lutz betraten die Wohnung der Familie Mulke. Bällchen gruselte es ein bißchen, aber sie ließ es sich nicht anmerken.
Im Korridor blieb Lutz plötzlich stehen und umklammerte angstvoll Frau Niggelmanns Arm.
Nun hörte es die Hauswartsfrau ganz deutlich: „Bum—rum— penk—bum!“ lärmte es von unten.
Frau Niggelmann begriff gleich, was los war. Sie schmunzelte, und um ihre Augen hüpften kleine Fältchen.
„Komm her, dummer Junge!“ forderte sie Lutz auf, aber es dauerte eine geraume Weile, bis er sich an die Küchentür wagte.
„Das kommt aus dem Keller, du Angsthase“, erklärte nun die Hauswartsfrau. „Unter eurer Wohnung ist doch der Keller von Holbergs.“
Bällchen lachte laut heraus. Doch plötzlich schlug sie sich auf den Mund und fragte verwundert: „Aber warum klopfen sie denn an die Decke?“
„Bum—rum—bum!“
„Ja — warum klopfen sie an die Decke?“ fragte auch Frau Niggelmann. „Wir werden eben nachsehen.“
Die drei verließen die Wohnung wieder und traten auf den Hof. Dort bellte Leni ein Kellerfenster an. Sie guckten durchs Fenster, konnten aber nichts sehen, weil die Scheiben lange nicht geputzt worden waren.
Zu zweit stiegen sie in den Keller. Lutz blieb
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