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Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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ein. Dass sie aber drei Flaschen Bier brauchte, dessen war sie sich sicher.
    Mit der vollen Tasche konnte Sabolewski die Frau erst recht nicht sich selbst überlassen. Wahrscheinlich würde sie den Rückweg gar nicht finden. Er brachte sie nach Hause, schloss ihre dunkle, muffig riechende Wohnung auf und half ihr, die Einkäufe zu verstauen. Alles in der Wohnung war ein bisschen schmutzig. Er stellte das Bier kalt. Im Kühlschrank fanden sich ein paar verdorbene Speisen, die Sabolewski in den Müll beförderte, den er auch gleich mit rausnahm.
    In dem Haus, in dem er seit Kurzem wohnte, wartete er wieder ewig auf den Aufzug. Oben angekommen, stellte er sich auf den Balkon und trank einen Kaffee. Er konnte stundenlang hier stehen. Es machte ihm nichts, dass man in dieser Richtung kaum Bäume sah. Häuser waren viel spannender. Was konnten Bäume einem schon erzählen!
    Nach einiger Zeit ging er wieder nach drinnen, holte den alten Recorder heraus und legte eine neue C90-Kassette ein. Er drückte den Rückstellknopf, und die drei mechanischen Ziffern des Bandzählwerks sprangen auf 000. Er begann mit der Aufnahme und erzählte von dem Gespräch mit dem Bengel und von Janine und der alten Frau. Nach der Aufnahme schrieb er die laufende Nummer und das Datum auf Kassette und Cover, legte sie zu den anderen in den Einbauschrank in der Diele und stellte den Recorder daneben.
    Er räumte auf, führte den Staubsauger heute auch in die Ecken und wischte das Bad. Das Bett war gemacht, die schmutzige Wäsche in der Maschine im Keller und die saubere im Schrank. Er erkannte seine Wohnung kaum wieder.
    Sie kam pünktlich, also fünf Minuten nach der verabredeten Zeit. Sie trug ein Kleid, schöne Schuhe, dezentes Make-up, einen Hauch Parfüm und war offensichtlich beim Friseur gewesen. Das war ein gutes Zeichen. Sie nahmen den Aperitif auf dem Balkon.
    »Sherry«, sagte sie, offensichtlich etwas verwundert.
    »Nicht in Ordnung?«
    »Nein, nein, es ist nur …«
    »Ja?«
    »Also, das ist ein wenig ungewöhnlich …«
    »Sherry ist als Aperitif ein Klassiker.«
    »Meistens bekommt man heute einen Hugo oder einen Aperol Spritz.«
    »Nie gehört«, sagte Sabolewski.
    Sie schwiegen ein paar Sekunden. Meistens bekommt man , hatte sie gesagt. Er fragte sich, wie viele Verabredungen sie diese Woche schon gehabt hatte. Mit Sabolewski war es die dritte in drei Wochen. Beim ersten Mal war es ein Café gewesen, beim zweiten Mal eine Cocktailbar, in der er sich nicht richtig wohlgefühlt hatte. Normalerweise mache sie das nicht, hatte sie gesagt, und er hatte gefragt, was sie meine, und sie hatte gesagt, normalerweise antworte sie nicht auf Anzeigen, jedenfalls nicht auf solche in Printmedien . Sabolewski hatte geantwortet, es sei auch das erste Mal gewesen, dass er so eine Anzeige aufgegeben habe. Ihm war klar gewesen, dass er die Wahrheit sagte und sie nicht.
    »Aber der Sherry ist sehr gut«, sagte sie, nachdem sie daran genippt hatte. »Ein wunderbarer Ausblick«, fügte sie hinzu. »Man sieht nur so wenig Grün.«
    Sie gingen nach drinnen. Mit der Suppe, die Sabolewski auftischte, war sie einverstanden. Auch für den Wein fand sie lobende Worte. Da sie im Geldgeschäft tätig war, erklärte sie Sabolewski die Euro-Krise und was man dagegen tun könne. Er fand, das hörte sich sehr plausibel an. Darüber freute sie sich. Die Freude und der Wein machten ihre Wangen rot.
    Als Hauptgericht reichte er Tagliatelle mit Rucola in Tomatensauce. Sie lobte die Pasta in den höchsten Tönen und sagte, sie habe immer Männer gemocht, die kochen können. Sabolewski sagte, er sei lange Selbstversorger gewesen, da habe er notgedrungen kochen lernen müssen. Sie machte ein übertrieben trauriges Gesicht und fragte ihn nach seinen Beziehungen . Damit hatte sie erst mal ein Thema gefunden. Sie fragte ihn erst nach der Frau, mit der er zuletzt zusammengelebt habe und dann nach seiner ersten großen Liebe als Teenager, was für sie nur die Überleitung zur Geschichte ihrer verpfuschten Ehe war. Ihr Mann, ihr Exmann, habe nie das gehalten, was sie sich versprochen hatte, als sie sich mit vierzehn in den drei Jahre älteren Jungen verliebt habe.
    Die Erdbeeren und den Champagner nahmen sie auf dem Sofa, der Kühler stand auf dem Glastisch. Sabolewski legte leise Musik auf. Sie schlug die Beine übereinander, sodass sie selbst ein wenig das Polster hinunter- und ihr Kleid ein Stück hoch rutschte. Sabolewski war der Meinung, das sei genau der Moment, sie zu

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