Raketenmänner (German Edition)
half ihr, den Tisch abzuräumen. In der makellosen, teuren Küche bewegte er sich, als kenne er sich aus. Er war gestern Abend das erste Mal hier gewesen, aber mit dieser Frau fiel alles leicht, war alles selbstverständlich, das Tun ebenso wie das Lassen.
»Was willst du jetzt machen?«, fragte Gaby, als er ihr ein paar Minuten später auf der Terrasse beim Rauchen zusah.
»Ich habe noch ein Interview«, antwortete Kamerke. »Ich hoffe, ich schlafe nicht mittendrin ein.« Er ließ seinen Blick schweifen und sagte: »Ein schöner Garten.«
»Mein Mann hat immer gesagt, er entspannt sich so gut bei der Gartenarbeit.«
»Ging mir nie so.«
»Ich hasse dieses ganze Grünzeug. Meinetwegen hätten wir das hier asphaltieren und zwei Basketballkörbe aufstellen lassen können.«
»Natur wird überschätzt«, gab Kamerke ihr recht.
»Und nach dem Interview?«
Kamerke stellte sich vor, wie er mit seinem Sohn Basketball spielte. Aber seine Frau war eine Kinderbuchautorin, die keine Kinder bekommen konnte. Das war immer noch nicht witzig, trotzdem musste er lachen.
»Ich denke, ich werde nach Hause fahren. Das ist ja alles kein Zustand.«
Gaby blickte nach oben. »Ich denke, es wird heute noch regnen.«
»Auch der Himmel hat sein Recht.«
Gaby wischte ihm eine kleine Spinne vom Hemd. »Ruf mich an, wenn du gut angekommen bist.«
»Machst du dir Sorgen um mich?«
»Ich habe ab sofort viel Zeit«, sagte Gaby. »Ich gebe mir Mühe.«
Zeit und Mühe, dachte Kamerke, die Kraft der zwei Herzen, denn der nächste Winter kommt bestimmt.
2
Kamerke schreckte hoch.
»Are you okay?«, fragte Randy Newman.
»Sure«, antwortete Kamerke und fügte hinzu, es tue ihm leid, worauf Randy Newman wissen wollte, was genau ihm leidtue. Dass er nicht ganz bei der Sache sei, sagte Kamerke und Randy Newman antwortete, das sei schon okay. Das sei sein siebtes Interview heute, und er erzähle sowieso immer nur denselben Bullshit.
»Wollen Sie ein Glas Wasser?«
»Brauche ich eines?«, fragte Kamerke
»Sie schwitzen.«
»Ja, Wasser, warum nicht.«
Randy Newman stand auf. Er trug ein kariertes Hemd, Jeans und Laufschuhe. Er öffnete die Minibar und fragte, ob Kamerke stilles Wasser oder welches mit Kohlensäure bevorzuge. Kamerke hatte irgendwo gelesen, dass Newman zu den wenigen Amerikanern gehörte, die Wasser mit Kohlensäure bevorzugten und entschied sich also für das stille. Newman schraubte die kleine Plastikflasche auf und reichte sie ihm. Kamerke trank und fühlte sich sofort besser.
»Sie machen sich gar keine Notizen«, sagte Randy Newman. »Sie haben auch keinen Recorder oder so was.«
»Ich habe einen großen Kopf.«
»Da haben Sie recht.«
»Wenn Sie immer nur denselben Bullshit erzählen, heißt das aber auch, Sie bekommen immer nur dieselben Fragen gestellt.«
»Sie beginnen zu verstehen.«
»Ich habe meine Momente.«
»Sie sind alt und haben Übergewicht, das gefällt mir.«
»Ich mache das hier nur, weil ein anderer krank geworden ist.«
»Sie sind alt und brauchen das Geld.«
»Es freut Sie, dass ich alt bin, was?«
»Sie sind jünger als ich, aber alt genug zu wissen, dass es ab einem bestimmten Punkt nur noch um Verdauungsbeschwerden und Mineralwässer geht.«
»Das haben Sie mal in einem anderen Interview gesagt.«
»Sehen Sie: immer derselbe Bullshit.«
»Sie schreiben so schöne Liebeslieder.«
»Schlimm, nicht wahr?«
»Sie sind hässlich und können nicht singen.«
»Aber ich habe Geld und zwei Oscars.«
»Mit welchem Lied bekomme ich meine Frau zurück?«
Randy Newman lachte. »Sie überschätzen mich. Und die Kunst ganz allgemein.«
»Das ist gutes Wasser!«
»Hat Ihre Frau Sie verlassen?«
»Ich bin weggegangen. Nur mit einer Reisetasche. Ich habe sogar meinen Schlüssel vergessen. Wenn ich nach Hause komme, muss ich klingeln, und ich weiß nicht, wer mir aufmacht.«
»Sie haben eine interessante Gürtelschnalle.«
Kamerke sah an sich herunter, hob seinen Bauch an und präsentierte Randy Newman sein Buckle. »Als Kind habe ich Western geliebt«, sagte er. »Der Vater eines Freundes hatte ein Kino.«
»Wie haben Sie Ihre Frau kennengelernt?«
»Ich habe über sie geschrieben. Sie macht Kinderbücher.«
»Sehr schön.«
»Sie fangen an, sich zu langweilen, nicht wahr, Mr. Newman?«
»Und Sie langweilen sich schon Ihr halbes Leben. Jedenfalls machen Sie den Eindruck. Gehen Sie nach Hause und singen Sie Ihrer Frau was vor.«
»Sie hat mich betrogen. Sie ist mit einem jüngeren
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