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Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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Mädchen mit mir gemacht hätten. Und zwar völlig zu Recht!«
    »Bisschen Vertrauen in deine Tochter wäre nicht schlecht.«
    »Kontrolle ist besser. Wusste schon Lenin.«
    »Klar, der Kommunismus ist ja auch eine echte Erfolgsstory!«
    »Ich kann nicht aufhören, daran zu denken!«
    »Du kannst nicht aufhören, daran zu denken, wie deine Tochter Geschlechtsverkehr hat? DAS ist wirklich ein Problem. Hör mal, ich bin gleich bei dir in der Nähe. Soll ich auf einen Sprung vorbeikommen?«
    »Ich muss einkaufen.«
    »Den ganzen Vormittag?«
    »Gegen halb elf müsste ich zurück sein.«
    »Das kann ich einrichten. Bis später.«
    Sie legten auf. Riedel ließ sich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Nach ein paar Minuten stand er wieder auf, trug die schmutzige Wäsche in den Keller, sortierte sie nach hell und dunkel und nach Temperaturen und setzte eine Maschine Dunkles, dreißig Grad in Gang.
    Oben schrieb er am Küchentisch eine detaillierte Einkaufsliste. Listen schreiben, dachte er, immer eine gute Sache! Das bringt Ordnung ins Leben.
    Er holte zwei Einkaufstaschen aus der Speisekammer, zog seine warmen Schuhe an und ging nach draußen, um zum Supermarkt zu fahren. Er fand, sein Teil des Gehsteigs wirkte wie das Werk eines verantwortungsbewussten Mannes. Und der Teil von Ferg, dem Ferkel, wie das eines skrupellosen Karrieristen, der vielleicht nicht über Leichen, wohl aber über entzündete Hundepfoten ging.
    Der Supermarkt war so reichhaltig bestückt und so aufgeräumt, wie Riedel sein Leben gerne gehabt hätte.
    An der Kasse belud die Frau vor ihm das Band mit ihren Waren und baute dahinter einen dieser Trenner auf, die Riedel immer ein wenig uncharmant fand. Klar, damit war alles ganz sauber geregelt: meine Ware, deine Ware. Aber es hatte auch etwas Abgrenzendes, etwas von Ich will nichts mit dir zu tun haben . Riedel fand das deprimierend. Man wurde um manches nette Gespräch gebracht.
    Kassiererin: Gehört der Radicchio noch dazu?
    Schöne Kundin: Ich weiß gar nicht, was das ist!
    Kassiererin: Der Radicchio ist also von dem Herrn.
    Riedel: Ja, das ist mein Radicchio. Darf ich den heute Abend für Sie im Rahmen eines Abendessens zubereiten?
    Kassiererin: Ich sitze hier bis halb sieben.
    Riedel: Ich meinte eigentlich die Dame, die nicht weiß, was Radicchio ist.
    Schöne Kundin: Natürlich weiß ich, was Radicchio ist. Das war ein Scherz!
    Riedel: Dann möchte ich ihn erst recht heute Abend für Sie zubereiten!
    Kassiererin: Und für mich gibt’s wieder Tiefkühlpizza!
    »Ey, Träumer, andere haben ihre Zeit nicht geklaut!«
    Riedel drehte sich zu dem Mann um, der ihn zur Eile drängte und erwiderte: »Sie würden sich mit meinem Nachbarn gut verstehen. Sie streuen bestimmt auch Salz!«
    »Ich streu dir gleich Salz in deinen Hintern!«
    In diese ganze Nachdenkerei war Riedel nur durch den albernen Warentrenner gerutscht. Die Dinger wurden mittlerweile als Werbefläche genutzt. Auf dem hier wurde für medizinische Tastuntersuchungen bei Frauen geworben, und zwar mit dem Slogan: »Ihre Brust in guten Händen!« Das war was für Ulrike.
    Wieder zu Hause nahm er den neuen Spiegel aus dem Briefkasten und verstaute die Einkäufe. Er machte sich einen Kaffee, setzte sich aufs Sofa und fing an zu lesen. Früher hatte er den Spiegel praktisch auswendig gelernt. Zur Regionalzeitung hatte er immer noch zwei überregionale zusätzlich im Abo gehabt. Heute saß er da und fragte sich bei dem Wort Regierungserklärung , was er mittags zu essen machen sollte und dachte daran, dass er noch die Mutter des Mädchens, bei dem Lukas in zwei Tagen zum Geburtstag eingeladen war, fragen musste, ob der Junge bei ihr mitfahren konnte, da Riedel gleichzeitig Philipp zum Bastelnachmittag und Laura zur Orchesterprobe bringen musste. Das Geburtstagsmädchen wohnte praktisch um die Ecke, aber natürlich wurde nicht zu Hause gefeiert, sondern in einem Kletterzentrum in der Nachbarstadt. Da hingen die Kinder in den Seilen und freuten sich, dass sie so originell aufwuchsen. Dazu sollte mal jemand eine Regierungserklärung abgeben.
    Riedel öffnete die Terrassentür in der Küche, stellte sich nach draußen und atmete ein paar Mal tief ein. Abgesehen vom Schnee war der Winter schon in Ordnung. So ein Durchatmen konnte der Sommer einem nicht bieten.
    Er las auch deshalb kaum noch Zeitung, weil ihn die schlechten Nachrichten deprimierten. Mal abgesehen von den Kriegen und dem Hunger und der Kinderarbeit und den Arbeitslosen las man

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