Raketenmänner (German Edition)
kurz vor dem Mittagessen?«
»Ja, ja, ausnahmsweise.«
Riedel brach ihm eigenhändig ein großes Stück ab. Der Junge hielt es in der Hand, sah seinen Vater verdutzt an und trottete zurück ins Wohnzimmer.
»Du bist dran, Hirni.«
»Keine Lust.«
Riedel hörte, wie Ulrike die Haustür leise ins Schloss zog, trat auf die Terrasse und atmete durch. Ein paar Minuten später piepte sein Mobiltelefon. Ulrike hatte ihm eine Nachricht geschrieben: Irgendwann wirst du es ihnen sagen müssen. Wir sind zu alt für so was!
Irgendwann, dachte Riedel, ist das Land, in dem die schönsten Dinge passieren.
Es war Zeit, Essen zu machen. Er nahm die Putenbrust aus dem Kühlschrank und schnitt sie in mundgerechte Stücke, setzte Wasser für den Reis auf und erhitzte Öl in der Pfanne. Als das Fleisch angebräunt und der Reis fast fertig war, kippte er eine Flasche Currysauce über das Fleisch und rührte alles gut durch. Zwischendurch eiste er die Jungs von der Xbox los und wies sie an, den Tisch zu decken. Sie maulten, aber sie gehorchten.
Laura war pünktlich. Beim Essen meinte Lukas, er habe in der Schule einen tollen Witz gehört.
»Raus damit«, sagte Riedel.
»Also: Was haben Maulwurf und Adler gemeinsam?«
»Keine Ahnung.«
»Beide leben unter der Erde.«
Alle sahen sich an.
»Außer der Adler!«, schob der Große nach.
Laura ließ vor Lachen die Gabel fallen, während Philipp sagte, er habe in seinem ganzen Leben noch nie einen so bescheuerten Witz gehört.
»Außerdem«, fügte er hinzu, »hat da heute eine Frau in unserer Speisekammer gestanden.«
»Echt?«, fragte Laura.
»Nein«, sagte Lukas. »Der Dummi hat sich das nur eingebildet.«
»Da war wohl eine Frau! Mit roten Haaren und mit ohne Schuhe!«
»Rote Haare?«, hakte Laura nach. »Das wird die Frau sein, mit der Papa was laufen hat.«
Riedel hörte auf zu kauen.
»Was heißt das?«, wollte Philipp wissen.
»Das musst du Papa fragen.«
»Was heißt das?«, fragte Philipp seinen Vater.
»Wie sieht es mit Hausaufgaben aus?«, fragte Riedel zurück.
Maulend schnappten sich die Jungs ihre Tornister und verschwanden in ihren Zimmern. Laura half beim Einräumen der Spülmaschine, was sie sonst höchstens nach mehrfacher Aufforderung tat.
»Seit wann weißt du es?«, fragte Riedel.
»Weiß nicht. Paar Wochen.«
»Ich hätte es euch sowieso bald gesagt.«
»Klar, kein Problem.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass ihr etwas mitkriegt.«
»Ich kriege auch mit, wenn du in meinem Zimmer warst.«
Riedel nahm einen Tab aus der Packung unter der Spüle, legte ihn in das kleine Fach in der Tür der Spülmaschine und schloss die Maschine etwas weniger sanft, als er es geplant hatte.
»Außerdem steht die Kiste, in der mein Tagebuch liegt, manchmal quer im Schrank statt längs.«
Riedel bekam feuchte Hände.
»Hast du es gelesen?«, fragte Laura.
Riedel schüttelte den Kopf.
Laura lehnte sich gegen die Spülmaschine, die gerade Wasser zog, und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich weiß, was du wissen willst«, sagte sie. »Frag mich doch einfach!«
Riedel holte Luft und sagte: »Ich vertraue darauf, dass du das Richtige tust.«
Laura nickte. »Na, dann muss dich die Kiste in meinem Schrank ja auch nicht mehr interessieren.«
Am frühen Abend begann es wieder zu schneien. Die Jungs saßen im Wohnzimmer auf dem Sofa und lasen. Laura war bei einer Freundin und musste bald zurückkommen. Vom Fenster aus sah er, dass Ferg schon angefangen hatte zu streuen. Riedel zog seine Jacke an, um in dem kleinen Lebensmittelladen in der Parallelstraße Brötchen für das Abendessen zu besorgen. Als er nach draußen trat, rief Ferg: »Bisschen unterstreuen, damit das Zeug gar nicht erst liegen bleibt. Alle nehmen Salz, glauben Sie mir!«
»Außer der Adler!«, antwortete Riedel.
Ferg zog die Stirn in ferkelhafte Falten.
Als Riedel vom Brötchenholen kam, war Ferg wieder im Haus verschwunden. Auf dem Gehweg vor seinem Haus lag plackenweise Salz. Riedel legte die Brötchen im Vorraum ab und holte aus dem Keller ein Kehrblech, eine Plastiktüte und den Besen mit den roten Borsten. Es dauerte keine fünf Minuten, da hatte er das ganze Salz zusammengefegt und in der Tüte gesammelt. Beim Wertstoffhof würden sie wissen, was damit zu tun war.
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