Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
Vom Netzwerk:
Was willst du denn noch mit der? Die hat dich für deinen Hausarzt sitzen lassen. Ich meine, der Mann kennt dich nackt! Das ist doch peinlich!«
    »Wie läuft es eigentlich bei dir?«, wandte sich Kobusch an Riedel.
    »Ich kann nicht klagen.«
    »Als ich umgezogen bin, habe ich dein erstes Buch noch mal in die Hand bekommen.«
    »Du meinst das Manuskript meines ersten Versuchs. Ich habe es im Regal liegen sehen. Zum Glück ist das nie veröffentlicht worden.«
    »Hab ein bisschen drin rumgelesen. Da sind schon ein paar Stellen drin, die nicht schlecht sind.«
    »Bring ihn bloß nicht auf die Idee, das doch noch rauszubringen! Da sind auch ein paar Stellen drin, die ein bisschen peinlich sind«, sagte Garretsen.
    »Da hat er recht«, gab Riedel zu.
    »Kannst du dich noch an das Motto vorne drin erinnern?«, wollte Kobusch wissen.
    »Es war irgendwas von Tschechow.« Riedel erinnerte sich nur dunkel. Das Ding war fast dreißig Jahre alt.
    » Eine Krise kann jeder Idiot erleben. Was uns auslaugt ist der Alltag. Was meintest du damit?«
    Riedel hatte immer gedacht, dass sich das selbst erklärt. Aber damit wollte er Kobusch jetzt nicht abspeisen.
    »Nun ja, ich denke, eine Krise kann den Vorteil haben, dass die Handlungsoptionen klarer sind.«
    »Und was, wenn es gar keine Optionen gibt?«
    »Der Alltag, also das ewig Gleiche, die Routine, nimmt dir deine Energie, ohne dass du es merkst. Beziehungsweise, du merkst es erst, wenn es zu spät ist.«
    »Aber der Alltag gibt dir auch Halt. Die Routine gibt dir Sicherheit. Das ist nicht alles nur Langeweile.«
    »Als er seine Antwort mit nun ja anfing, war schon klar, dass er gar nicht weiß, was er sagen soll«, sagte Garretsen.
    »Ich gebe zu«, sagte Riedel, »vielleicht hätte ich erst mal eine richtige Krise erleben sollen, bevor ich so was Schlaues vorne in ein Buch schreibe.«
    »Vielleicht hätte Tschechow erst mal eine Krise erleben sollen, bevor er so was vom Stapel lässt«, sagte Garretsen, der die ganze Zeit die Whiskyflasche gehalten hatte, diese aber jetzt an Riedel weitergab.
    »Bei dir liegt alles ganz anders«, sagte Kobusch und meinte Riedel: »Du kannst nicht mal mehr drauf hoffen , dass sie zu dir zurückkommt.«
    Ein paar Sekunden gingen sie schweigend.
    »Verdammt, müssen wir nicht irgendwann mal rechts abbiegen?«, sagte Garretsen. Sie gingen schon länger nicht mehr an der Hauswand entlang.
    »Bist du der Mann geworden, der du werden wolltest?«, fragte Kobusch Garretsen.
    Wie auf Kommando blieben sie stehen.
    »Ich bin ein Mann, der sich mitten in der Stadt im Nebel verirrt. Das jedenfalls wollte ich nie werden.«
    »Wahrscheinlich bist du von uns dreien am nächsten an dem dran, was du dir mal vorgestellt hast.«
    »Wir gehen jetzt da rüber und sagen dem Typ die Meinung«, sagte Garretsen. »Wir tun, was ein Mann tun muss. Wir tun das Richtige.«
    »Whisky bekommt dir nicht«, sagte Kobusch.
    Garretsen suchte wieder die Nähe zur Hauswand. Nach etwa zwanzig Metern kamen sie tatsächlich an eine Ecke und bogen nach rechts ab.
    »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet«, sagte Kobusch.
    Garretsen schwieg ein paar Sekunden, bevor er antwortete. »Ich wollte nie heiraten, und das habe ich auch nicht getan. Ich habe die Handynummer des Bundestrainers und komme in jedes Fußballstadion in Europa, ohne zu bezahlen. Ich würde sagen, ich bin ziemlich genau das geworden, was ich mir gewünscht habe.«
    »Ich glaube dir nicht«, sagte Kobusch.
    Sie gingen weiter.
    »Hier ist wieder eine Ecke«, sagte Garretsen. »Noch mal rechts. Gleich müssten wir da sein. Ich knöpfe mir den Typen vor, und ihr gebt mir hinterher ein Alibi. Zu welcher Hausnummer müssen wir?«
    »Woher soll ich das wissen?«, antwortete Kobusch.
    Sie gingen weiter.
    »Ich glaube, wir sind falsch«, sagte Garretsen irgendwann.
    »Das sind wir schon lange«, sagte Kobusch.
    »Warum hast du nichts gesagt?«, rief Garretsen.
    »Weil das alles ohnehin eine Schnapsidee war.«
    »Und du lässt uns hier wie blöd durch den Nebel tapern? Ich weiß gar nicht mehr, wo ich bin.«
    »Was stört es dich, du hast doch im Leben alles erreicht, was du dir vorgenommen hast!«
    »Willst du mir auf die Nerven gehen?«
    Riedel wollte dazwischengehen, irgendetwas sagen, irgendwie vermitteln, aber ihm fiel nichts ein, er dachte nur auf Sicht, der Nebel breitete sich auch in seinem Kopf aus. Sie gingen einfach immer weiter, ohne abzubiegen, immer geradeaus. Sie umkurvten Baugruben, und wenn sie den Häusern

Weitere Kostenlose Bücher