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Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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gekommen wie Gitarrensoli? Von seinen Lesungen kannte er einleitende Vorträge von Buchhändlern, die bisweilen aus Gründen der Nervosität oder wegen übergroßen Mitteilungsdrangs ausuferten. Aber angesagt zu werden, war schon ganz schön. Es fokussierte das Publikum. Vielleicht wollte sich Riedel aber insgeheim auch nur gerne mal für ein paar Sekunden wie ein Rockstar fühlen.
    Auf dem Bildschirm passierte erst mal nichts. Riedel erinnerte sich, dass Albrecht Metzger oder Alan Bangs damals die lange Umbaupause damit gerechtfertigt hatten, dass Grateful Dead großen Wert auf einen »glasklaren Sound« legten. Als sie endlich zu spielen begannen, konnte man aber zunächst keinen Gesang hören. Das änderte sich nach ein paar Sekunden.
    Etwa fünf Minuten lang sahen und hörten Kobusch, Garretsen und Riedel zu. Dann sagte Garretsen: »Ich fand die nie besonders toll.«
    Und Riedel: »Ich hatte das auch besser in Erinnerung.«
    »Ist irgendwie komisch«, sagte Kobusch, »heute klappt man einfach den Laptop auf, und da ist es. Damals haben wir wochenlang darauf hingefiebert.«
    »Ich hatte nie auch nur eine Platte von Grateful Dead.«
    »Passt schon irgendwie, dass der Patz dazu gekotzt hat«, meinte Garretsen. »Man soll auch nicht immer im Gestern leben und den ganzen alten Schrott hören. Hast du nicht was Moderneres?«
    Kobusch nahm den Rechner, tippte etwas ein und drehte den Bildschirm wieder so, dass alle drei sehen konnten.
    »Das ist nicht schlecht«, sagte Riedel nach etwa einer Minute.
    »Fu Manchu«, sagte Kobusch.
    »Also wenn du keine Musik von gestern hörst«, sagte Garretsen, »hörst du Musik von heute, die sich anhört wie die von gestern, gemacht von Typen, die aussehen , als wären die Söhne der Typen von gestern. Und das ist auch schon fünfzehn Jahre alt!«
    »Wieso betonst du so komisch?«, fragte Kobusch zurück.
    » Tue ich das?«
    »Es berührt einen eben nichts so sehr wie die Musik, die man als Heranwachsender gehört hat«, stellte Riedel fest.
    »Still!«, sagte Garretsen und hob die Hand. »Der Eskapist redet!«
    »Schön, dass du mit meinem Werk vertraut bist.«
    »Worum geht es?«, fragte Kobusch und blickte zwischen ihnen hin und her.
    »Der Kollege«, sagte Garretsen und machte eine Kopfbewegung in Richtung Riedel, »hat einen Artikel in der ZEIT gehabt: Eskapist? Allerdings! Spielt auf Arno Schmidt an.«
    »Klugscheißer!«, sagte Riedel.
    »Wenn hier einer klugscheißt, dann doch wohl du.«
    »Was hat er denn da geschrieben?«, wollte Kobusch wissen.
    »Dass man sich einen Scheißdreck um seine Mitmenschen kümmern und lieber mit dem Arsch zu Hause bleiben soll.«
    »Na ja, nicht ganz.«
    »Aber darauf läuft es hinaus.«
    Riedel sagte: »Es ging um die Elendsfixierung mancher Menschen und dass man wegen der ausufernden Medialisierung jede Katastrophe viel stärker empfindet als früher, wo man es einmal in der Tagesschau sah und am nächsten Morgen in der Zeitung las, wohingegen es einem heute dutzendfach um die Ohren gehauen wird. Das hält man doch auf Dauer nicht aus, vor allem, wenn auch noch private Krisen und Tragödien dazukommen. Wo soll der Mensch denn damit hin? Manchmal gehört der Kopf einfach in den Sand, damit man weiterleben kann.«
    Ein paar Sekunden schwiegen sie.
    »Ist ein schiefes Bild«, sagte Riedel schließlich.
    »Ich finde, es ist Zeit für einen Whisky.« Kobusch stand auf und sah die beiden anderen fragend an. Riedel schüttelte den Kopf, Garretsen nickte.
    Auf dem Weg in die Küche blieb Kobusch am Fernseher stehen und schaltete ihn ein.
    Garretsen war nicht begeistert: »Was ist? Müssen wir jetzt heute journal gucken oder was?«
    Kobusch legte eine CD in den DVD -Player unter dem Fernseher, schaltete auf das Programm für eine externe Quelle und ging aus dem Zimmer. Ta-ha-hime won’t save our souls , kam es aus den Boxen.
    »Was will er uns damit sagen?«, fragte Garretsen und sah Riedel an, der nur mit den Schultern zuckte. »Black Rebel Motorcycle Club«, stöhnte Garretsen. »Die sind doch auch schon Asbach Uralt!«
    Kobusch ließ auf sich warten. Riedel hörte, wie eine Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde.
    »Mal sehen, was die da drüben macht«, sagte Garretsen, stand auf und trat ans Fenster. »Wobei man bei der Milchsuppe da draußen kaum noch was sehen kann.« Er griff nach dem Fernglas auf dem Boden.
    Riedel stellte sich neben ihn und sagte: »Lass das doch!«
    »Mach mal das Licht aus«, antwortete Garretsen.
    Nach kurzem

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