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Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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ihn noch nie jemand genannt. Er reichte dem anderen die Hand, sagte: »Sie sind der mit der Platte!«, und kam sich gleich unglaublich blöd vor.
    »Er hat mich gesiezt!«, sagte Moses.
    »Er wird es noch lernen«, sagte Wolff.
    Moses hatte seinen Kastenwagen in der Kurzparkzone direkt vor dem Ausgang stehen.
    »Kinder sitzen hinten«, sagte Wolff.
    Mike machte es sich auf einem Notsitz zwischen leeren Obstkisten bequem und blickte während der Fahrt durch das verdreckte Fenster in der hinteren Tür nach draußen.
    »Das Meer«, sagte er irgendwann.
    »Immer wieder schön, nicht wahr?«, sagte Moses.
    Mike kniete sich hinter Fahrer- und Beifahrersitz, um das Meer noch besser sehen zu können. Und die Palmen und den makellos blauen Himmel. Sie fuhren durch eine Stadt und bogen irgendwann ab, schlängelten sich über Serpentinen einen Berg hinauf. Zunächst war die Straße noch asphaltiert, aber nachdem sie ein weiteres Mal abgebogen waren, fuhren sie auf einer besseren Schotterpiste.
    Als es langsam dämmerte, hielten sie vor einer Finca, die auf der Kuppe eines Hügels stand. Es war, als wäre der Hügel nur für dieses Haus aufgeschüttet worden. Mike stieg aus und blickte zur einen Seite über eine karge Hügellandschaft, in der man da und dort Häuser erkannte, in denen Licht brannte. Als er sich umdrehte, hätte ihn der Anblick des Meeres beinahe umgeworfen. Zum zweiten Mal begegnete er heute der Schönheit in ihrer reinsten Form.
    »Und?«, fragte sein Vater.
    Mike konnte nur nicken.
    Auf der Terrasse vor dem Haus standen ein Tisch und sechs Stühle. Auf dem Tisch mehrere Teller, einfache Wassergläser und Körbe mit Brot. Als sie auf das Haus zugingen, trat eine Frau aus der Tür, in jeder Hand eine Karaffe mit Wein. Sie war sicher über fünfzig, vielleicht sogar über sechzig. Hatte noch immer langes blondes, an den Ansätzen aber dunkles Haar, trug eine getönte Brille, einen Body, Hosen, darüber ein wallendes, durchsichtiges Etwas und fingerlose Handschuhe, alles in Schwarz.
    »Wo ist das Wasser?«, rief sie ihnen auf Englisch entgegen. Ihre Stimme klang nach Rauch.
    »Das Wasser ist in der Kammer«, antwortete Moses.
    »Ich habe keine Lust auf dieses verseuchte spanische Leitungswasser. Du siehst gut aus, Wolff!« Sie sprach seinen Namen aus wie das englische Wort für Wolf.
    »Nicht halb so gut wie du, Stevie.«
    Mike registrierte, wie anders die Stimme seines Vaters klang, wenn er amerikanisches Englisch sprach. Er schien sich darin viel wohler zu fühlen als in seiner Muttersprache.
    Wolff und Stevie umarmten sich und hielten sich sehr lange umschlungen. Sie flüsterte Wolff etwas ins Ohr, das Mike nicht verstand. Er sah die beiden fragend an.
    » I can’t tell you «, sagte Stevie. » It would get lost in translation .« Sie fügte hinzu, Moses solle Mike und Wolff doch ihre Zimmer zeigen, danach sollten sie alle wieder nach unten kommen, um zu essen.
    Moses führte sie ins Haus, das innen sehr viel größer war, als es von außen wirkte. Sie kamen direkt in einen großen Raum, dessen Boden aus groben Holzbohlen bestand, über die geknüpfte Teppiche gelegt waren. An den Wänden standen Bücherregale, die aus dem gleichen dunklen Holz waren wie der Boden. An der Stirnseite des Raumes war ein gemauerter Kamin.
    Moses führte sie durch den Raum hindurch in ein schmales Treppenhaus. Sie folgten ihm in den ersten Stock, wo er ihnen je ein Zimmer zuwies. Die Zimmer waren einfach und schlicht wie Mönchszellen. Mike stellte seine Tasche auf dem Bett ab und sah aus dem Fenster über die verbrannten Hügel und Hänge. Er ging hinüber zu Wolff. Auch in diesem Zimmer gab es eine Fensteröffnung, aber keinen Rahmen und keine Scheiben. Man sah das Meer und den Himmel in unterschiedlichen Tönen von Blau. Im Zimmer war es dunkler als draußen, das Fenster wirkte wie ein erleuchtetes Gemälde.
    »Er hat an alles gedacht«, sagte Mike und meinte das Fenster.
    »Ein wunderbarer Ort zum Sterben, nicht wahr?«
    »Das kann man nicht bestreiten.«
    Auf dem Bett sitzend blickte Wolff nach draußen. Im Zwielicht der hereinbrechenden Nacht wirkte er älter.
    »Einmal«, sagte er, »habe ich dich schlafen sehen.«
    Mike wusste nicht, was er meinte.
    »Du kennst Slip slidin’ away …«
    Mike nickte.
    »Die Strophe über einen Vater, der einen Sohn hatte. Der Vater kommt einen weiten Weg, um ihm die Gründe für all das zu sagen, was er getan hat. Er küsst seinen Sohn, während der schläft, dreht sich um und fährt

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