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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Jenseits, um die Gerechten zu
speisen und zu tränken, ihnen Nase und Mund zu öffnen und sie mit jenem
himmlischen Duft zu umhüllen, der den Herrn der Ewigkeit bezauberte?
    Iset pflückte Lotosblüten und steckte sie sich ins
Haar.
    »Möchtest du eine Weintraube?«
    »In zwanzig Jahren wird diese großartige Sykomore
diesen Garten noch reizvoller machen.«
    »In zwanzig Jahren werde ich alt sein.«
    Ramses sah sie prüfend an.
    »Wenn du weiterhin mit Schmink- und Salbtöpfchen so
geschickt umgehst wie bisher, wirst du sogar noch reizvoller sein.«
    »Werde ich dann endlich verheiratet sein mit dem Mann,
den ich liebe?«
    »Ich bin kein Wahrsager.«
    Mit einer Lotosblüte schlug sie ihm gegen die Brust.
    »Man munkelt, in den Steinbrüchen von Assuan wäre es
beinahe zu einem Unfall gekommen.«
    »Unter Sethos’ Schutz bin ich unverletzlich.«
    »Also haben die Angriffe auf dich noch immer nicht
aufgehört.«
    »Sei beruhigt, wir werden den Schuldigen bald entlarvt
haben.«
    Sie nahm ihre Perücke ab, löste ihr langes Haar und
breitete es über Ramses’ Körper. Dann küßte sie ihn leidenschaftlich mit ihren
warmen Lippen.
    »Ist das Glück denn so schwer zu packen?«
    »Wenn du es gefunden hast, dann halt es fest.«
    »Bei dir zu sein ist mein höchstes Glück. Wann wirst
du das begreifen?«
    »Jetzt sofort.«
    Umschlungen ließen sie sich auf die Seite rollen.
Iset, die Schöne, empfing die Lust ihres Geliebten wonnetrunken und beglückt.
    Die Papyrusherstellung war in Ägypten ein Handwerk von
hoher Bedeutung. Der Preis richtete sich nach Güte und Länge der Rollen. Jene,
die Sprüche aus dem Totenbuch, dem »Buch zum Hinaustreten ins Licht«, trugen,
waren für die Gräber bestimmt; andere für Schulen und höhere Lehranstalten; die
meisten aber für die Verwaltung, denn dort wurde auf Papyrus alles
festgehalten, was das Land betraf.
    Sethos hatte dem Regenten aufgetragen, in regelmäßigen
Abständen die Papyrusherstellung und die gerechte Verteilung zu überprüfen.
Immer wieder wurden Klagen laut über unzureichende Mengenzuteilung und die
Habgier des Nachbarn.
    Bei den Schreibern, die für Chenar arbeiteten, hatte
Ramses soeben einen solchen Mißbrauch aufgedeckt und, um ein Ende zu setzen,
seinen Bruder zu sich gebeten.
    Chenar schien bestens gelaunt.
    »Wenn du mich brauchst, Ramses, stehe ich dir
jederzeit zur Verfügung.«
    »Überwachst du das Tun deiner Schreiber?«
    »Nicht in allen Einzelheiten.«
    »Den Ankauf von Papyrus, beispielsweise?«
    »Gibt es da irgendwelche Schwierigkeiten?«
    »In der Tat. Deine Schreiber beschlagnahmen
willkürlich große Mengen von erstklassigem Papyrus.«
    »Ich schreibe gerne auf schönem Papyrus, aber ich gebe
zu, daß ein solches Vorgehen nicht geduldet werden darf. Die Schuldigen werden
streng bestraft werden.«
    Chenars Antwort überraschte Ramses, da er keine
Einwände erhob und seinen Fehler sogar zugab.
    »Dein Vorgehen kann ich nur gutheißen«, fuhr Chenar
fort, »nur Änderung bringt Gesundung. Kein Verstoß gegen die guten Sitten, und
sei er noch so geringfügig, darf geduldet werden. In diesem Bereich kann ich
mich dir wirklich als nützlich erweisen, denn mein Amt gewährt mir Einblick in das
Gebaren bei Hof und macht es mir leicht, Regelwidrigkeiten aufzuspüren. Es
genügt auch nicht, sie aufzudecken, jedes Fehlverhalten muß berichtigt werden.«
    Ramses fragte sich, ob er wirklich seinen Bruder vor
sich hatte. Welcher wohlwollende Gott hatte denn aus dem verschlagenen Höfling
einen Verfechter des Rechts gemacht?
    »Ich nehme dein Angebot gerne an.«
    »Nichts könnte mich mehr beglücken als brüderliche
Zusammenarbeit! Ich werde gleich anfangen, meinen Stall auszumisten, und dann
werden wir uns all die anderen im Reich vornehmen.«
    »Siehst du denn überall Unrat?«
    »Sethos ist ein großer König, sein Name wird in die
Geschichte eingehen, aber er kann sich nicht um alles und jeden kümmern! Als
Würdenträger, Sohn oder Enkel eines solchen nimmt man schlechte Gewohnheiten an
und maßt sich zum Schaden anderer gewisse Vorrechte an. Als Regent hast du die
Möglichkeit, diesem Sittenverfall Einhalt zu gebieten. Ich gestehe, auch ich
habe in der Vergangenheit von Vorrechten Gebrauch gemacht, doch dies ist nun
vorbei. Wir sind Brüder, der Pharao hat jedem seinen rechtmäßigen Platz
zugewiesen. Aus dieser Erkenntnis müssen wir leben und handeln.«
    »Ist das Waffenstillstand oder Friede?«
    »Friede, endgültig und unwiderruflich«,

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