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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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widmen könne.
    Am zwanzigsten Tag des dritten Monats im neunten
Regierungsjahr Sethos’ zogen vierhundert Soldaten unter Führung des Pharaos und
seines Regenten durch die ausgedörrte Wüste nördlich von Edfu, etwa zehn
Schoinos südlich des Weges, der zu den Steinbrüchen von Wadi Hammamat führte.
Wadi Mia, von wo aus die letzte Nachricht nach Memphis gelangt war, war bald
erreicht.
    Die Botschaft hatte nichts Beunruhigendes enthalten.
Die Goldgräber schienen bestens gelaunt und sämtliche Reisende in bester
gesundheitlicher Verfassung. Der Schreiber erwähnte keinerlei Zwischenfall.
    Sethos verlangte ständige Wachsamkeit, bei Tag und bei
Nacht. Obwohl der Oberste der Wüstenwachmannschaften, der mit seinen besten
Männern dabei war, es für ausgeschlossen hielt, fürchtete Sethos einen
Überraschungsangriff von Beduinen aus der Sinaihalbinsel. Plünderei und Mord
waren bei ihnen an der Tagesordnung. Ihre Anführer hatten sich in ihrem Rausch
schon der grausamsten Taten schuldig gemacht.
    »Was empfindest du, Ramses?«
    »Die Wüste ist überwältigend, aber ich bin besorgt.«
    »Was siehst du jenseits dieser Dünen?«
    Der Regent sammelte sich. Sethos hatte wieder diesen
merkwürdigen, fast übernatürlichen Blick, mit dem er in Assuan eine neue
Gesteinsader entdeckt hatte.
    »Meine Sicht ist versperrt, jenseits dieser Höhen ist
Leere.«
    »Ja, Leere. Die Leere eines grauenvollen Todes.«
    Ramses erbebte.
    »Beduinen?«
    »Nein, ein noch viel hinterhältigerer und noch
unbarmherzigerer Feind.«
    »Müssen wir uns auf den Kampf vorbereiten?«
    »Das ist nun nicht mehr nötig.«
    Ramses bezwang seine Angst, obwohl sie ihm die Kehle
zuschnürte. Welchem Feind waren die Goldgräber zum Opfer gefallen? Wenn es die
bösen Geister der Wüste gewesen waren, was die meisten Soldaten vermuteten, so
wäre jedes Heer dem Untergang geweiht. Diese geflügelten Raubtiere mit ihren
riesigen Klauen zerfetzten ihre Beute und ließen ihr keine Zeit, sich zu
verteidigen.
    Bevor es die Düne hinaufging, löschten Pferde, Esel
und Menschen noch einmal ihren Durst. Die Gluthitze zwang zu wiederholtem
Anhalten, und bald schon würden die Wasservorräte erschöpft sein. Doch es war
nicht mehr weit bis zu einem der großen Brunnen, wo sie die Wasserschläuche
wieder füllen konnten.
    Drei Stunden vor Sonnenuntergang setzten sie sich
wieder in Bewegung und überwanden die Düne ohne größere Schwierigkeiten. Bald
schon konnten sie den Brunnen sehen. Er war aus Quadern gemauert und lag am
Hang eines Berges, der Gold in sich barg.
    Verschwunden waren sie nicht, die Goldgräber und die
Soldaten, die sie schützen sollten. Sie lagen da, rund um den Brunnen, im
glühenden Sand, das Gesicht der Erde oder der Sonne zugewandt.
    Kein einziger hatte überlebt.
    Wäre der Pharao nicht hier gewesen, hätten die meisten
Soldaten vor Entsetzen die Flucht ergriffen. Aber Sethos befahl, die Zelte
aufzuschlagen und Wachen aufzustellen, als drohe dem Lager jeden Augenblick ein
Überfall. Dann ließ er Gräben ausheben, um die Toten zu bestatten. Ihre
Schlafmatte würde als Leichentuch dienen, und der König würde die Worte des
Übergangs und der Wiedergeburt persönlich sprechen.
    Die Totenfeier im Frieden der über der Wüste
untergehenden Sonne beruhigte die Gemüter. Der Feldscher trat zu Sethos.
    »Was ist die Todesursache?« fragte der König.
    »Die Männer sind verdurstet, Majestät.«
    Unverzüglich begab Sethos sich zu dem Brunnen, bei dem
Männer seiner Leibwache Stellung bezogen hatten. Im ganzen Lager sehnte man
sich nach frischem, belebendem Wasser.
    Doch bis zum Rand war der große Brunnen mit Steinen
gefüllt.
    »Wir müssen ihn leeren«, schlug Ramses vor.
    Sethos gab seine Zustimmung.
    Mit Eifer machte die Leibwache des Pharaos sich an die
Arbeit.
    Die Truppe dagegen versetzte man besser nicht in
Aufregung. Die Männer bildeten eine Kette, und so ging die Arbeit schnell von
der Hand. Ramses bestimmte den Rhythmus und feuerte sie an, sobald ihre
Begeisterung erlahmte.
    Als der Vollmond in den Brunnenschacht
hineinleuchtete, sahen die erschöpften Männer, wie Ramses mit Hilfe eines Seils
einen mächtigen Tonkrug hinabließ. Trotz seiner Ungeduld tat er es betont langsam,
um den Krug nicht zu zerbrechen.
    Der mit Wasser gefüllte Krug kam wieder nach oben.
Ramses hielt ihn dem König hin. Sethos roch daran, trank aber nicht.
    »Einer der Männer soll in den Brunnen hinabsteigen.«
    Ramses zog sich das Seil unter den Achseln

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