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RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts

Titel: RAMSES 1 - Der Sohn des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Aufgabe übertrage, die du an meiner Stelle bewältigen mußt.«
    Diese Ankündigung erfreute Ramses ganz und gar nicht.
Für lange Zeit hätte er seinem Vater noch weiter zuhören mögen.
    »Ein kleines nubisches Dorf begehrt auf gegen die
Verwaltung des Vizekönigs. Die mir zugegangenen Berichte sind wirr. Begib dich
vor Ort und fälle eine Entscheidung im Namen des Pharaos.«
    Nubien war wieder so betörend, daß Ramses beinahe
vergessen hätte, daß er diese Reise nicht zur Erquickung unternahm. Nichts
lastete auf seinen Schultern, die laue Luft, das Rascheln des Windes in den
Dumpalmen, der Ocker der Wüste und das Rot der Felsen stimmten seine Seele
heiter. Fast war er versucht, die Soldaten nach Ägypten zurückzuschicken und
allein einzutauchen in diese herrliche Landschaft.
    Doch der Vizekönig von Nubien verneigte sich vor ihm,
wortreich und beflissen.
    »Haben meine Berichte euch Klarheit verschafft?«
    »Sethos befand sie als verworren.«
    »Die Lage ist aber doch klar! Dieses Dorf hat sich
aufgelehnt. Es muß ausgerottet werden.«
    »Hattest du Verluste zu beklagen?«
    »Nein, dank meiner Vorsicht. Ich wartete auf dein
Kommen.«
    »Warum bist du nicht sofort eingeschritten?«
    Der Vizekönig geriet ins Stammeln.
    »Was weiß man denn? Wenn sie sehr zahlreich sind,
dann…«
    »Bring mich hin!«
    »Ich habe eine Erfrischung vorbereitet und…«
    »Gehen wir.«
    »Bei dieser Hitze? Ich dachte, zu späterer Stunde sei
es vielleicht angenehmer.«
    Ramses’ Wagen fuhr bereits los.
    Das kleine nubische Dorf schlummerte im Schatten eines
Palmenhains am Ufer des Nils. Die Männer melkten die Kühe, die Frauen
bereiteten das Essen zu, und Kinder badeten nackt im Fluß. Magere Hunde
schliefen vor den Hütten.
    Die ägyptischen Soldaten waren auf die umhegenden
Hügel ausgeschwärmt. Ihre zahlenmäßige Überlegenheit war gewaltig.
    »Wo stecken die Aufrührer?« fragte Ramses den
Vizekönig.
    »Das sind diese da. Sie geben sich jetzt nur
friedlich, trau ihnen nicht!«
    Der Aufklärungstrupp meldete, daß weit und breit kein
nubischer Krieger auszumachen sei.
    »Der Dorfälteste verweigert mir den Gehorsam«,
beteuerte der Vizekönig, »das muß streng geahndet werden, sonst weitet sich der
Aufruhr auf andere Stämme aus. Wir müssen einen Überraschungsangriff
durchführen und sie niedermetzeln, um ein sichtbares Zeichen zu setzen für alle
Nubier.«
    Eine Frau bemerkte als erste die ägyptischen Soldaten.
Sie schrie auf, die Kinder kamen aus dem Wasser und flüchteten sich in die
Hütten, unter den Schutz der Mütter. Die Männer bewaffneten sich mit Bogen,
Pfeilen und Speeren und sammelten sich in der Dorfmitte.
    »Sieh nur!« rief der Vizekönig. »Habe ich nicht wahr
gesprochen?«
    Der Dorfälteste trat vor. Zwei lange Straußenfedern
steckten in seinem Kraushaar, und auf der Brust trug er ein Wehrgehänge. Er sah
beeindruckend aus. In der Rechten hielt er einen vier Ellen langen Speer, der
mit Bändern verziert war.
    »Er wird das Zeichen zum Angriff geben«, warnte der
Vizekönig. »Unsere Bogenschützen müßten ihn an den Boden nageln!«
    »Ich erteile die Befehle«, erinnerte ihn Ramses,
»keiner von euch macht eine bedrohliche Bewegung, verstanden!?«
    »Aber was gedenkst du zu tun?«
    Ramses nahm Helm, Harnisch und Beinschienen ab, legte
Schwert und Dolch nieder und schritt den felsigen Abhang hinab.
    »Majestät!« schrie der Vizekönig. »Kehr um, er wird
dich töten!«
    Den Blick auf den Nubier gerichtet, setzte der Regent
gleichmäßig Fuß vor Fuß. Der etwa sechzig Jahre alte Mann war hager, fast
knochig.
    Als er seinen Speer emporhob, glaubte auch Ramses, daß
er unüberlegt sich einer Gefahr ausgesetzt hatte. Aber war ein nubischer
Stammeshäuptling gefährlicher als ein wilder Stier?
    »Wer bist du?«
    »Ramses, Sohn Sethos’ und Regent Ägyptens.«
    Der Nubier senkte seine Waffe.
    »Ich bin der Oberste meines Stammes.«
    »Das wirst du bleiben, solange du das Gesetz der Maat
achtest.«
    »Der Vizekönig, unser Beschützer, hat es gebrochen.«
    »Das ist eine schwere Anschuldigung.«
    »Ich habe meine Verpflichtungen eingehalten, der
Vizekönig hat nicht Wort gehalten.«
    »Bring deine Klagen vor.«
    »Er hatte uns Korn versprochen im Austausch für unsere
Abgaben. Wo ist es?«
    »Wo sind die Abgaben?«
    »Komm mit.«
    Indem er dem Häuptling folgte, mußte Ramses mitten
durch die Schar der Krieger. Der Vizekönig, der überzeugt war, daß sie ihn
töten oder als Geisel nehmen würden,

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